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23
01
2020

Im Mai 1981 belegte Günter Mielke mit 38 Jahren bei der Premiere des Hoechst-Marathons in Frankfurt den zweiten Platz in persönlicher Bestzeit von 2:13:58

Erinnerung an Günter Mielke

By GRR 0

Am 19. Januar vor 10 Jahren hat uns Günter Mielke viel zu früh verlassen. Er wurde 67 Jahre alt. Der gebürtige Berliner war zu seiner hochaktiven Zeit einer der besten deutschen Langstreckenläufer, zweifacher Olympiateilnehmer (1972/10.000m+1976/Marathon), zweimal (1977/78) Deutscher Marathonmeister (DLV) und später einer der besten Altersklassen-Marathonläufer weltweit (2:16).

Seine Bestzeit von 2:13:58 stellte er im Alter von 38 Jahren als Zweiter beim 1. Frankfurt-Marathon im Mai 1981 auf.

 

Ich habe Günter im Sommer 1979 kennengelernt. Unser Verhältnis war zunächst geschäftlich und bald zunehmend freundschaftlicher, als er ab 1982 beim Hoechst-Marathon Frankfurt die Koordination des Elitefelds übernahm und ich ihm dabei assistierte.

(lks.) Titel der Wochenzeitschrift „Leichtathletik“. Günter Mielke (rechts) und Hans Gulyas (Karlsruhe) beim 25-km-Lauf von Griesheim 1977, den Günter vor Hans gewann.

 

Ich hatte ihn zuvor schon beim Helsinki City Marathon im August 1981 begleitet, den er gegen internationale Konkurrenz gewann. Im Februar 1984 waren wir zusammen beim vorolympischen Marathon in Los Angeles, wo Günter in einem Topfeld den zehnten Platz belegte; in Erinnerung ist mir vor allem die Party danach.

Beitrag in Spiridon vom Helsinki-Marathon im August 1981, wo Günter Mielke siegte. – Foto: Thomas Steffens

Im Herbst desselben Jahres waren wir zusammen beim NYC Marathon. Ich war seit 1977 neben dem Studium als Free Lancer für das Spiridon Laufmagazin tätig, damals das nahezu einzige deutsche Laufmagazin.

Günter hat mir die Tür geöffnet zur (west)deutschen Topläuferszene, zunächst Michael Spöttel, später Falko Will, Lutz Philipp, Peter Spahn und Till Lufft , die meisten in Darmstadt ansässig, wo ich bald darauf beim ASC Darmstadt eine Zeit lang als Geschäftsführer tätig war.

 

 

Start zu einem  Promo-Lauf des Hoechst-Marathons im April 1982, wenige Wochen vor dem Marathon. Der Lauf führte über rund 20 km von Höchst auf den Frankfurter Römerberg, wo einige Medien warteten. Mit dabei war neben Charlotte Teske und Hugh Jones auch die Marathonläuferin Doris Schlosser und Günter Mielke. Kurz darauf gewann Hugh Jones den London Marathon in 2:09:24 – Foto: Thomas Steffens

Ich wohnte später zeitweise in seiner Nähe an der Bergstraße und wir verabredeten uns regelmäßig zum Laufen auf seiner Trainingsstrecke am Melibokus, dem „Comoder Weg“. Günters Fahrten zu Wettkämpfen waren legendär.

Februar 2005, Insel Moorea/Tahiti, ein letztes Bier. Thomas Steffens, der Autor dieses Beitrags (lks.). – Foto: Urs Weber

Mit seinem gut motorisierten Passat pflegte er kurzfristig anzureisen und fuhr meist unmittelbar danach, bei Abendläufen oft in der Nacht, wieder zurück. Ich erinnere mich an etliche Fahrten, z.B. nach Essen, Paderborn, Lippstadt, Hannover oder Borgholzhausen.

Wir blieben über all die Jahre in engem Kontakt, telefonierten und fachsimpelten übers Laufen, die Laufszene und alles Mögliche. Unsere letzte Begegnung fand einige Jahre vor seinem Tod statt.

Im Februar 2005 war ich, wie damals seit einigen Jahren üblich, um diese Zeit im Rahmen einer RUNNER’s WORLD Leserreise auf Moorea (franz. Polynesien) zum dortigen Marathon, als plötzlich Günter in der Hotel-Lobby stand.

Nach seiner Pensionierung verbrachte er den Winter regelmäßig in Neuseeland, und so hatte er sich spontan in den Flieger gesetzt und war die zehn Stunden in den Südpazifik geflogen. Er blieb 3 Tage, lief den Halbmarathon mit und reiste am 12. Februar wieder zurück nach Auckland.

Er bleibt unvergessen.

Thomas Steffens

Starke Besetzung beim Marathon von Paris/Essonne im Frühjahr 1980, der als Olympia-Qualifikation gelten sollte, und doch durfte kein Westdeutscher nach Moskau, weil sich die damalige Regierung dem fatalen Boykott des US-Präsidenten anschloss. Günter Mielke (11) im Spitzenfeld zusammen mit u.a. Cor Vriend (Nr 6), Hans Gulyas (links mit Halstuch), Werner Dörrenbächer (19), der als Zweiter im Ziel mit 2:12:22 Bestzeit für den Bereich des DLV lief, auf gleicher Höhe weiter links Reinhard Leibold und Jeff Häfele, leicht dahinter Ralf Salzmann, Günter Zahn, Edmundo Warnke, in der Reihe dahinter Udo Engelbrecht und ganz hinten Michael Spöttel, Rainer Müller und hinten rechts Falko Will. Die Ergebnisse konnten sich sehen lassen: Neben Dörrenbächer war Leibold 4.(2:13:24, Häfele 6./2:15:03, Warnke 9./2:17:06, Günter 10./2:17:24, Engelbrecht 11./2:17:31, Krippner 13./2:18:19, Salzmann 15./2:18:53, Zahn 16./2:19:11 und Spöttel 18./2:19:40. Vergleicht man die derzeitige Top-Ten der deutschen Marathonläufer mit diesen Zeiten, wird schnell klar, welches Niveau damals herrschte! Vor diesem Lauf in Essonne war Günter Mielke der drittschnellste Marathonläufer des DLV mit seiner 2:14:13, aufgestellt in Karl-Marx-Stadt, wo er sich für den Olympiamarathon in Montreal qualifiziert hatte. Dort wurde er mit Fußproblemen in 2:35:45 nur auf Rang 54.

Günter Mielke … er hatte nur eine Blase… Los Angeles Marathon Februar 1984, 10. Platz.

Günter Mielke (v.lks.) -Paul  Angenvoorth und Lutz Philipp

Günter Mielke 1973 im Berliner Olympiastadion – Foto: Thomas Steffens

 

Beitrag im SPIRIDON Laufmagazin: 1977 wurde Günter Mielke im Berliner Grunewald zum 2. Mal Deutscher Marathonmeister (1975 in Dülmen zum 1. Mal). Der Beitrag von Manfred Steffny beschreibt wunderbar, wie wir Günter kannten: Er war ehrgeizig, wie es sich für einen Hochleistungssportler gehört und er konnte sich in Themen regelrecht „verbeißen“. – Foto: Thomas Steffens

author: GRR