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07
03
2018

Dr. David Martin ©Sportmuseum Berlin – AIMS Marathon-Museum of Running - Gerd Steins

Dr. David Martin (USA), Läufer und Wissenschaftler stirbt im Alter von 78 Jahren

By GRR 0

Die Olympischen Spiele in Athen 2004 waren aus sportlicher Sicht für Dr. David Martin die erfolgreichsten Spiele seiner Karriere als Betreuer der US-Langstreckler. Er leitete die Vorbereitung der Marathonläufer auf die Hitze in Athen von Deena Kastor und Meb Keflezighi. Deena Kastor gewann Bronze und Meb Keflezighi gewann Silber. Ich traf Dave in Athen, so glücklich habe ich ihn selten gesehen.

Dr. David Martin (r.) und Horst Milde im Olympiastadion von Athen 2004 (Foto: Sabine Milde) 

Dr. David Martin wurde 2006 für seine Verdienste um den Langstreckenlauf vom USA Track & Field Verband (USATF) ausgezeichnet.

Dr. David Martin dessen langjährige Forschungen, speziell im Laufbereich die Erkenntnisse vorantrieben, verstarb am 28. Februar 2018 in Atlanta. Ursache für seinen Tod war die Parkinson Krankheit, an der er seit Jahren litt.

Ich lernte Dave Martin als Mitglied des AIMS Board (Association of International Marathons and Distance Races) kennen, dem er jahrelang angehörte und für die er die monatlich ausufernden Statistiken der 10 km, Halbmarathon- und Marathonläufe führte. Der Computer der Universität von Atlanta quoll über von Zahlenkolonnen von Läufen und Läufern aus aller Welt.

Dr. Dave Martin hat als Wissenschaftler, Förderer des (AVON) Frauenlaufs und weltweit führender Historiker des Marathons viele herausragende Beiträge für den Laufsport geleistet, aber erst seine Forschungen über das Laufen von Marathons in extremer Hitze brachten ihm zwei olympische Medaillen ein (siehe Athen 2004).

Es waren aber nicht nur Langstreckenläufer und Läufer aus den USA denen er half, sich besser gegen die Hitze bei großen Wettkämpfen zu wappnen. Für die Spiele in Atlanta 1996 ließ er vorausschauend die deutschen Sprinterinnen Silke Lichtenhagen und Uta Rohländer einfliegen. Er experimentierte mit ihnen und beriet sie, wie sie sich am besten der Hitze anpassen konnten, um so ihre Leistungen normal abzurufen.

In den fünfziger Jahren tourte er durch Europa, auch durch Osteuropa und besuchte auch West- und Ostdeutschland. Man konnte sich mit ihm auch ein wenig auf deutsch unterhalten, selbst da war er witzig und humorvoll. Es gab kein interessantes Thema, daß er ausließ.

Dave war ein angesehener Professor und Gelehrter für Physiologie an der Georgia State University in Atlanta. Er spezialisierte sich auf Lungen-, Herz-Kreislauf- und Bewegungsphysiologie und wandte diese Kenntnisse auf die Laufstudien an. Er war auch herausragend als Statistiker, Historiker, Archivar, Schriftsteller, Renn- und Fernsehsprecher, Trainer, Teamleiter und Visionär – einzigartig in der Anwendung eines breiten Spektrums an hochkarätigem Wissen zum praktischen Nutzen vieler Läufer.

Berühmtheiten  unter sich (v.lks.): Allan Steinfeld, Fred Lebow und David Martin (Bild: David Martin)

Fünf große Bücher hat er geschrieben, die man jeweils auf ihrem Gebiete als wegweisend bezeichnen kann: The High Jump Book (1982), The Marathon Footrace (mit Roger Gynn, 1979), Training for Distance Runners und Better Training for Distance Runners (mit Peter Coe, 1991, 1997) und The Olympic Marathon (mit Gynn, 2000). In „The Olympic Marathon“ beschreibt er jeden olympischen Marathon mit der Strecke in allen Einzelheiten, so daß der Leser das Gefühl hat, er wäre bei jedem diese historischen Läufe dabei. Zudem ist er Verfasser unzähliger Artikel in Trainings-Zeitschriften und Fachzeitungen.

1978 gehörte er mit zu den Pionieren, als in Atlanta der erste Frauen-Marathon ins Leben gerufen. Bis in Jahr 1984 gehörte er zu den Beratern auf den verschiedensten Gebieten dieser Avon -Lauf-Serie. Katherine Switzer war damals bei Avon Directorin und half, daß ich 31. Mai  1984  (am Vatertag!) in Berlin den 1. AVON Berliner  Frauenlauf aus der Taufe heben konnte.

Dr. David Martin (lks.) und Horst Milde. Übergabe der AVON-Frauenlauf-Unterlagen in Bangalore. Foto: Al Boka/AIMS

Es heißt auch, daß seine Forschungen über das Frauenlaufen, insbesondere über die Avon Serie die IAAF und das IOC überzeugten den Frauen-Marathon 1983 bei Weltmeisterschaft und zu den Olympischen Spielen 1984 zuzulassen.

„Dave Martin arbeitete als Undergraduate an der University of Wisconsin, wo er später einen Master-Abschluss in Pädagogik und einen Doktortitel in Physiologie erwarb. Er wurde an die Georgia State University berufen und gründete in einem umgebauten Parkhaus in der Innenstadt von Atlanta das berühmte „Laboratory for Elite Athlete“.

Dr. David Martin (lks.), Andy Galloway (NZL), der erste AIMS Generalsekretär und Horst Milde

Von dort kam ein Großteil der Forschung, die den weltweiten Anstieg der Standards im Distanzlauf untermauert. Dreimal ausgezeichnet mit „Distinguished Professor“ Awards, stieg Martin zum Regents Professor, Fellow of the American College of Sports Medicine, und 2006 erhielt er den USATF Giegengack Award, für seinen „herausragenden Beitrag zum Erfolg von USA Track & Field“. Auf der asiatischen Marathonstrecke war er viele Jahre lang der englischsprachige Fernsehkommentator.

Er war fünfmal der U.S. Teamleader beim Weltcross-Country. Mit 29 absolvierten Marathons, einer PR von 2:57:37 und vielen Podiumsplätzen in kürzeren Rennen kannte er das Laufen von innen.“ (Entnommen Roger Robinson)

Er besuchte uns mehrfach in Berlin und da ich ihm bei vielen langweiligen AIMS-Board Sitzungen vom Sportmuseum erzählte, war es nur folgerichtig, daß wir auch gemeinsam das Sportmuseum Berlin besuchten.

Bei einer AIMS-Boardsitzung in Bangalore/Indien gab es in einer Sitzungspause plötzlich eine offizielle Zeremonie für mich, in der David Martin über 2 riesige Tische Dokumente, Bilder, Poster, Medaillen und Souvenirs der ersten AVON-Frauen-Marathonläufe ausgebreitet hatte, die er dem Sportmuseum in Berlin spendete. Das war soviel, daß ich beim Flug nach Berlin beim Ticket nachzahlen musste.

Was keiner damals ahnen konnte,  das war nur der Anfang von Dr. Dave Martins späterer großer Schenkung an das Sportmuseum Berlin.

Das AIMS-Board mit Dave Martin (2. v. lks.) und Allan Steinfeld (vordere Reihe ganz rechts)

Dr. David Martin entdeckte das Sportmuseum Berlin, durch unsere vielen Gespräche bei den AIMS-Board-Meetings, das seit 1994 als „Marathon Museum of Running“ von der AIMS als ihr Laufsportmuseum anerkannt wurde und jetzt unter dem rechtlich geschützten Namen „Marathoneum“ besonders die Anfänge des Marathons und die Entwicklung des Laufens weltweit in allen seinen Ausformungen erforscht und ausstellt.

Dave brachte bei seinem ersten Besuch im Juli 2008 zwei große Koffer von Lauf-Memorabilien als Geschenk für das Sportmuseum Berlin mit und war nach eingehender Besichtigung und intensiver Gespräche davon überzeugt, dass das Berliner Sportmuseum der richtige Ort für alle seine gesammelten Bücher, Textilien und Souvenirs von vielen weltweiten Laufevents sein würde.

In zwei großen Sendungen sandte er 2011 und 2012 ca. 1,5 Tonnen Bibliotheksgut und Museumsobjekte – auf Kosten von AIMS – nach Berlin. Dankbar muss man vielen ehrenamtlichen Helfern des berühmten Atlanta Track-Club sein, die in mühevoller Kleinarbeit die 80 Umzugskartons packten, jeder Karton hatte sein computergeschriebenes Inhaltsverzeichnis. Ob sie dabei glücklich waren, daß das „Lebenswerk“ ihres berühmten“ Clubkameraden nach Deutschland ging, ist eine andere Frage.

Daraus wurde die „Dr. David-Martin-Collection“ gebildet, in der sich die wichtigen englischen Zeitschriften und Magazine (insgesamt 88 Titel!) über Leichtathletik, Marathon und Sportmedizin befinden und der Forschung uneingeschränkt zur Verfügung stehen.

Die Dr. David-Martin-Collection ist in ihrem Umfang und Zusammensetzung eine einmalige Sammlung, in der Dave Martins enormer lebenslanger Beitrag zum Laufen auf eine wunderbare Art und Weise gewürdigt wird, die in der Museums- und Bibliothekswelt einmalig ist.

Die Mitarbeiter des Sportmuseum Berlin, die Mitglieder des Forum für Sportgeschichte und Gerd Steins, der ihn in Atlanta 2011 besuchen konnte, sind sehr dankbar dafür, David Martin kennen gelernt zu haben und sprechen seiner Schwester Kay ihr tiefes Mitgefühl zum Ableben ihres Bruders aus.

David Martin und seine Schwester Kay Stray

Dave Martins Lebensleistung als Trainer, Wissenschaftler, Statistiker, Mitarbeiter vieler Institutionen des Sports und als Autor der beiden besten Bücher über Marathongeschichte findet im Berliner „Marathoneum“ die besondere Würdigung, die ihm als führender Experte für Bewegungsphysiologie zusteht.

Seine Lebensleistung als Sportler, Wissenschaftler und Mensch wurde in den US-Medien, der Fachwelt, so gewürdigt, wie er es auch verdient hat. Man war gerne mit ihm zusammen, da er immer eine positive Ausstrahlung hatte, die abfärbte. Seine Krankheit, unter der er die letzten zehn Jahre litt, hielten ihn nicht davon ab, sich weiter für die Leichtathletik wie WM oder Olympische Spiele zu interessieren. Allerdings konnte er die beiden letzten Olympischen Spiele, wo er sonst Dauergast war. nicht mehr besuchen, aber am Fernseher war er dabei.

Die Leichtathletikwelt ist um eine große Persönlichkeit ärmer geworden.

Horst Milde

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Teilverzeichnis der Bibliothek der Dr. Dave-Martin-Collection im Marathoneum  (AIMS Marathonmuseum im Sportmuseum Berlin)

Dr. Dave Martin Katalog DMC Gesamt Verzeichnis 2018

author: GRR

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