Symbolbild - Doping - Foto: BMI
DOSB und der Anti-Doping-Kampf: Raus aus der Nada – Ein Kommentar von Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
Die Unabhängigkeit der Anti-Doping-Kämpfer ist seit jeher ein großes Thema. Der DOSB zieht sich nun aus dem Aufsichtsrat der Nada zurück. Der Verweis auf die Stärkung der Unabhängigkeit muss nicht falsch sein, allein weil es vom DOSB kommt.
Ein Knallbonbon hat der Sport in seinem Gutachten zum Anti-Doping-Gesetz versteckt, über das am Mittwoch im Sportausschuss des Deutschen Bundestages beraten werden soll. Er stellt das Stakeholder-Modell in der Doping-Bekämpfung in Frage, die Beteiligung aller Teilhaber des Sports.
Diese sorgt durchaus für ein Dilemma. Zwar zahlt das Internationale Olympische Komitee (IOC) aus seinem Milliardenvermögen die Hälfte des jährlichen Budgets der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada), 17 von 34 Millionen Dollar.
Doch der daraus resultierende starke Einfluss der Olympier auf die internationale Doping-Verfolgung unterliegt, ebenso wie ihr Einfluss auf die Sanktionierung oder Nicht-Sanktionierung, stets dem Verdacht des Interessenkonflikts: Wollen die Veranstalter und Vermarkter der Olympischen Spiele wirklich diejenigen ihrer Hauptdarsteller loswerden, die sich mit leistungssteigernden Mitteln stärken? Es könnten schließlich die attraktivsten darunter sein, diejenigen, für deren herausragende Darbietungen das Fernsehen seine hohen Lizenzgebühren zahlt.
Der DOSB spielt auf einer kleineren Klaviatur. Seine Spitzenverbänden bringen, unter hörbarem Ächzen, zusammen mehr als eine Million Euro auf, um die Kosten für Doping-Kontrollen zu stemmen. Der Dachverband steuert lediglich 400.000 Euro zum Etat der Nationalen Anti-Doping-Agentur (Nada) von knapp 10 Millionen Euro bei. Dafür ist er prominent im Aufsichtsrat der Organisation vertreten. Wer deshalb Interessenkonflikte beklagte, dem hielt der Sport stets vor, er wolle sicherstellen, dass sein Geld sinnvoll eingesetzt werde – Finanzierung ohne Kontrolle gehe gar nicht.
Rückzug des DOSB
Nun kommt der DOSB, versteckt am Ende seines Berichts zum Anti-Doping-Gesetz, mit der Forderung heraus, dass die Finanzierung des Anti-Doping-Kampfes überdacht werden solle. Sein damit verbundener Rückzug aus dem Aufsichtsrat der Nada stärke schließlich deren Unabhängigkeit; gern übernehme der DOSB flankierende Maßnahmen. Tatsächlich trägt der Bund mit direkten Zuwendungen von mehr als sechs Millionen Euro ganz überwiegend die Nada, auch weil deren Stiftungsvermögen im Zinstief praktisch nichts abwirft.
Von Sponsoren kommt – nada, nichts.
Auf deren Seite will sich offenbar der DOSB schlagen, der vom Bund im kommenden Jahr mit 245 Millionen Euro bedacht werden soll. Mag sein, dass es ihm vor allem ums Geld geht. Aber das Wort von der Stärkung der Unabhängigkeit muss nicht falsch sein, allein weil es vom DOSB kommt.
Ein Kommentar von Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Dienstag, dem 22. Oktober 2019
Korrespondent für Sport in Berlin.