John Kunkeler (r.) mit Peter C. Gottwald (m) mit ihren Fahrrädern. Foto: Veranstalter
Die Vermessungen am Kaukasus. John Kunkeler als Streckenvermesser in Batumi/Georgien
Vermutlich wäre ich wohl nie dort hingelangt, wenn es nicht den Laufsport gegeben hätte. In der Eigenschaft als offizieller Streckenvermesser der AIMS besuchte ich in den letzten 5 Jahren mehrfach die Länder Armenien und Georgien.
Länder von den man eigentlich nicht allzu viel weiß. Der von den Türken immer geleugnete Völkermord an den Armeniern sowie die immer noch andauernden politischen Unruhen in Georgien sind eher traurige Kapitel. Beide Länder gehörten vor fast 3 Jahrzehnten noch zur Sowjet Union.
Noch immer sind davon Spuren deutlich sichtbar. Die skurrilen Kontraste der Stadtarchitektur sind ein stummes Zeichen der sich rasch ändernden wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse. Vor allem die geopolitische Lage Georgiens wird sicherlich in nächster Zukunft eine immer größere Rolle spielen.
Es wird viel investiert, vor allem in Tourismus. Imponiert hatte mich ein deutscher Reiseveranstalter mit dem Namen Biblische Reisen. Am Fuße des Kaukasus, so vermutet man, wurde die Stelle der Arche Noahs gefunden. Winterskisport sowie Extremsportler haben diese Gegend für sich entdeckt.
John Kunkeler (ganz lks.) mit Helfern und Polizisten – Foto: Veranstalter
Das auch hier der Laufsport sich mittlerweile zu etablieren scheint, ist vornehmlich einem Mann zu verdanken. Peter C. Gottwald, ein nimmermüder Lauftrainer aus München und mittlerweile Race Direktor von Tiflis Halbmarathon und der Batumi Great Night Race . Er hat über alle Hindernisse hinweg vor allem in Georgien 2 Lauf Events zur internationalen Bekanntheit verholfen.
Im nächsten Jahr findet gar der 2-jährig tagende AIMS Kongress in Batumi statt. Dieser Ort am Schwarzen Meer ist die zweitgrößte Stadt Georgiens und ist ein Juwel um einen internationalen Lauf zu veranstalten.
John Kunkeler vor dem AIMS-Tagungshotel 2020 – hier befinden sich Start und Ziel – Foto: Veranstalter
Um in den internationalen Laufkalender der AIMS zu erscheinen und damit Touristen zu locken, benötigt man ein offizielles Vermessungsprotokoll. Nahezu alle Großstadtmarathons in Europa sind offiziell bei der AIMS angemeldet und verfügen über Vermessungsprotokolle. Diese sind bei unveränderter Streckenführung 5 Jahre gültig. Dann muss neu gemessen werden. Wegen Baustellen jedoch sind nahezu jedes Jahr Neuvermessungen notwendig.
Mit Kilometerschild – Foto: Veranstalter
Die gewählte Streckenführung entscheidet mit über den Erfolg einer Veranstaltung. Diese wird mit den Behörden abgesprochen. Sie genehmigen die Strecke und bieten Hilfe bei deren Vermessung. Beispielsweise in Berlin hat es Jahren gedauert bis eine reibungslose Kooperation entstand. In Georgien sowie in Armenien ist man jedoch noch nicht so weit. Da musste dann gelegentlich von höchster Stelle ein Machtwort gesprochen werden um eine reguläre Vermessung sowie einen gesicherten Ablauf der Veranstaltung zu ermöglichen.
Durch die teilweise sehr scharfen Kontrollen an den Flughäfen gibt es immer wieder ein Moment der Angst, ob der Jones Counter, ein Zählgerät mit dem die Vermessung gemacht wird, unbeanstandet bleibt und nicht als gefährliche Waffe angesehen wird. Diesen im Reisegepäck mitzuführen ist ebenso ein Risiko. Zum Beispiel beim Verlust des Koffers. Alles bereits mal passiert.
Für eine Vermessung benötigt man ein Maßband aus Stahl, Gaffa Tape sowie Markierspray. Alles Sachen, die nicht im Handgepäck mitgeführt werden dürfen und möglichst zur Stelle gekauft werden müssen.
Vermessung mit Stahlband auf der Strandpromenade – Foto: Veranstalter
Bei meiner ersten Vermessung in Eriwan sollten diese Utensilien vom Veranstalter besorgt werden sowie ein geeignetes Fahrrad. Das längste Maßband gab es über 10m, anstelle von Gaffa tape gab es Tesa film und als Markierspray gab es schwarzes Lederspray ! Auch das Finden einer geeigneten Kalibrierstrecke sowie eines Fahrrades erwies sich als Tagesaufgabe.
Die polizeiliche Begleitung während der Vermessung bleibt dort wohl noch eine Weile ein gefährliches Abenteuer. Die Fahrgewohnheiten der Einheimischen würden in Deutschland zu massenweisen Fahrerlaubnisentzug führen. Trotz Blaulicht schert man dort sich einen Dreck um Verkehrsregeln oder Anweisungen der Polizei.
Angst habe ich zwar noch nie gehabt, aber jedes Mal bin ich froh wieder heile angekommen zu sein und man realisiert sich einmal mehr wie mehrere Jahrzehnte Laufsport in unseren Gefilden sich gut und sicher etabliert haben.
John ist bisher immer heile durchgekommen – Foto: Veranstalter
Wird in Berlin ein geplantes Laufevent immer mit der Verkehrslenkung abgesprochen und wird dann erst gemessen, kommt es in der Fremde wiederholt vor, dass im Nachhinein doch wieder was geändert werden muss und dies eine Wiederholung der Vermessung erforderlich macht.
Trotzdem macht es enormen Spaß dort sich zu beteiligen und in den vergangenen 4 Jahren merkt man, dass dort etwas entsteht. Die entgegengebrachte Freundschaft ist herzerwärmend und lässt die Reisestrapazen schnell vergessen.
In Armenien gab es eine Pressekonferenz, welche abends im Fernsehen übertragen wurde.
In Tiflis fand eine PK mit Beteiligung des Deutschen Botschafters sowie des Georgischen Minister für Sport statt.
Immer schien mein Engagement beim BERLIN-MARATHON mehr zu zählen als meine Vermessungstätigkeit für AIMS.
John Kunkeler
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