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2020

Die Dorfkirche in Berlin-Lichtenrade - Foto: Horst Milde

Die Läufer-/innen-Weihnachtspredigt 2020 von Peter Burkowski* (PB) und Dr. Lars Charbonnier* (LC)

By GRR 0

Weihnachten: die Welt kommt in Bewegung

LC: Kannst Du in einem Satz sagen, was für Dich Weihnachten ist?

PB: Fürchtet Euch nicht! Habt keine Angst! … und wie heißt Dein Satz?

LC: Die Welt kommt in Bewegung.

PB: Wie meinst Du das genau?

LC: Also, wenn Gott Mensch wird, dann kommt was in Bewegung. Wenn die Welt sich nicht fürchten muss, weil ihr Heiland geboren ist, dann kommt was in Bewegung. Wenn nichts bleibt, wie es ist, weil die Zukunft längst Gegenwart ist, dann ist was in Bewegung. Die ganze Weihnachtsgeschichte ist voller Bewegung.

PB: Ja, das stimmt. Alle machen sich auf den Weg. Es bleibt nichts, wie es ist.

LC: Maria und Josef müssen sich aufmachen, um gezählt zu werden und bewegen sich von Nazareth nach Bethlehem, in prekärer Situation, hoch schwanger, ohne vorher zu wissen, wo sie schlafen werden. Und dann kommt der Mutterleib in Bewegung, die Geburt setzt ein, und schließlich zuckt neues Leben zwischen ihren Schenkeln und bewegt die Herzen, die Seelen, hebt die religiöse Welt aus den Angeln.

PB: Die Engel bewegen sich und ihre Lippen und verkündigen große Freude, die „Habt keine Angst!“ als ihren Inhalt trägt.

LC: Die Hirten bewegen sich fort von denen, die auf ihren Schutz angewiesen sind, weil zumindest für diesen Moment alle Gefahr vergessen werden darf, weil die Zeit stillsteht – Zeitenwende.

PB: Ja! Selbst Könige aus Morgenlanden machen sich auf, setzen sich in Bewegung, um der Bewegung der Sterne zu folgen.

LC: So dreht sich eins um das andere und alle um den Einen, kommt das Wort in Bewegung, wird Wirklichkeit, „und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns und wir sahen seine Herrlichkeit“, so im Johannesevangelium. Weihnachten ist ein Fest der Bewegung, die froh macht, die zuversichtlich macht, die Mut macht.

PB: Das ist auch nötig in diesem Jahr, in dem wir alle unsere Routinen und Gewohnheiten verloren haben. Viele Menschen haben Angst vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus; Unsicherheit, Traurigkeit und Mutlosigkeit nehmen spürbar zu. Ich bin in diesem Jahr vielen Menschen begegnet, die offen und deutlich von ihrer Überforderung sprachen. Alles ist zu viel geworden.

LC: Und am stärksten ist die Angst vor dem Tod in uns Menschen vorhanden. Obwohl wir alle wissen, dass Krankheit und Leiden, Sterben und Tod zum Leben gehören und jeden Tag geschehen, halten wir sie oft fern von uns.

PB: Ja, wann hat es mal so viele Bilder von Intensivstationen und Leichenwagen mit Särgen gegeben. Bis vor zehn Monaten waren Krankenhäuser Pflegeeinrichtungen und Hospize für viele Menschen eine andere, eine fremde Welt; eine Welt, über die wir nun täglich hören und sprechen. So groß ist die Sehnsucht nach Hoffnung und Trost.

LC: So wie es in dem alten Adventslied heißt: „Wo bist Du Trost der ganzen Welt, darauf sie all ihr Hoffnung stellt?“

PB: Diese alten Lieder haben eine unglaubliche Kraft und eine wunderbare Sprache. Genau wie die Geschichte von Weihnachten sagen sie uns: Geh im Vertrauen! Komm in Bewegung, denn Gott ist in die Welt gekommen. Und jedes Mal sagen Sie: Fürchtet Euch nicht! Ihr braucht keine Angst zu haben; vor nichts und niemanden.

LC: Ich verstehe, warum auch Dir deshalb bei Weihnachten das „Fürchtet Euch nicht!“ besonders wichtig ist. In diesem besonderen Jahr hören und bedenken wir die Weihnachtsbotschaft vielleicht tatsächlich mit besonderer Aufmerksamkeit. Egal, ob wir einen Gottesdienst tatsächlich besuchen können, online verfolgen oder selbst etwas zuhause gestalten – es wird anders sein als in vielen Jahren zuvor. Aber natürlich findet Weihnachten statt.

PB: Du meinst, genau so natürlich wie es einen Tag der Deutschen Einheit gibt, auch wenn es nach wie vor nicht alles so einheitlich ist, oder einen Tag der Kinderrechte, auch wenn noch nicht überall Kinder diese Rechte leben dürfen, oder einen Tag des Tierschutzes, auch wenn in unseren Schlachthöfen und auf unseren Bratwurstmärkten davon die Rede nicht sein kann?

LC: Genau so. Natürlich findet Weihnachten statt. Aber es wird ein anderes Weihnachten sein. Vieles wird fehlen, das sonst für das typische Weihnachtsgefühl gesorgt hat: Die Freude oder der Stress mit der Familie, die Freude oder die Enttäuschung über die Weihnachtsgeschenke – und das wo wir uns ja schon lange nichts mehr schenken bis auf ein paar Kleinigkeiten, das Essen mit den Freunden, der Urlaub mit Sauna, endlich mal Kino, das Weihnachtsoratorium, ….und vieles mehr.

 Altar der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche in Berlin – Foto: Horst Milde

PB: Na gut, dass Drei Haselnüsse für Aschenbrödel, der kleine Lord und Love Actually auch dieses Jahr möglich sind. Da stellt sich natürlich die Frage, ob das, was fehlt, wirklich das Bestimmende ist.

LC: Die einen wissen dabei immer schon, dass es das nicht ist, die anderen erkennen, dass es ja auch anders geht, und manche werden einfach nur traurig und einsam sein… Aber Weihnachten findet statt.

PB: Weihnachten findet statt. Das ist doch klar!

LC: Alles andere wäre auch enttäuschend. Wo so vieles nicht stattgefunden hat in diesem Jahr. Der Berlin-Marathon etwa. Und überhaupt die großen Läufe rund um den Globus. Events, die ich persönlich brauche, damit ich laufe. Es braucht für mich das große Event als Ziel, um die einzelnen Etappen auf dem Weg dahin motiviert oder mindestens pflichtbewusst anzugehen. Und so groß die Enttäuschung war, nicht den Marathon laufen zu können – trainiert habe ich trotzdem.

PB: Für Dich war es schon das zweite Jahr hintereinander, dass Du beim Berlin-Marathon nicht dabei sein konntest.

LC: Ja, das stimmt. 2019 konnte ich nicht dabei sein, weil mich die Grippe pünktlich am Vorabend erwischt hat. Trotz aller Enttäuschung – ich habe trainiert, und darauf kommt es an.

PB: … und Du hast mich bei Kilometer 31 angefeuert und mit neuer Energie versorgt. Auf was warten wir eigentlich, wenn wir auf Weihnachten zugehen? Worauf trainieren wir hin? Und was gibt uns Energie im Lauf unseres Lebens?

LC: Wir haben ja in jedem Jahr eine vierwöchige Trainingszeit vorab; die Adventszeit als Zeit der Erwartung erlaubt uns, dieser Frage nachzugehen. Aber eigentlich gilt es das ganze Jahr sich zu fragen, was es für mich heißt, dass Himmel und Erde eins werden und die wesentliche Botschaft „Fürchte Dich nicht!“ lautet. Wo finde ich meine Unterstützung auf den Kilometern zwischendurch? Was soll für mich in Bewegung kommen, mit dieser Botschaft in Kopf und Herz und Muskeln?

Fürchtet Euch nicht!

Diese Botschaft ruft die Weihnachtsgeschichte in unsere Welt.              

Gott wird Mensch. Gott kommt in die Welt.

Glaube, Hoffnung und Liebe sind möglich!

Das ist eine Lebenskraft – für das, was kommt.

Wir wünschen Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest, Tage der Entspannung und Bewegung sowie ein neues Jahr 2021 mit hoffnungsvollen Perspektiven für ein gelingendes Leben und Zusammenleben.

Bleiben Sie gesund und behütet!

Peter Burkowski und Dr. Lars Charbonnier

*Peter Burkowski, Pfarrer und Leiter der Führungsakademie für Kirche und Diakonie in Berlin, predigt beim Ökumenischen Abendgebet in der Kaiser-Wilhelm- Gedächtnis-Kirche am Vorabend des BERLIN-MARATHON. Peter Burkowski läuft seit mehr als 40 Jahren, in jungen Jahren Mittelstrecken und seit 1999 Marathon.                                       

Peter Burkowski (lks.) und Dr. Lars Charbonnier beim Abendgebet in der Kaiser-
Wilhelm-Gedächtnis-Kirche beim BERLIN-MARATHON – Foto: Horst Milde

*Dr. Lars Charbonnier, Pfarrer und bei der Führungsakademie für Kirche und Diakonie in Berlin tätig, predigt zusammen mit Peter Burkowski beim Ökumenischen Abendgebet in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche am Vorabend des BERLIN-MARATHON. Er ist ebenfalls aktiver Marathonläufer.

Horst Milde

Die Kollekte beim Ökumenischen Abendgebet des BERLIN-MARATHON war immer bestimmt für die Arbeit mit behinderten Kindern im Haus Rheinsberg der Fürst-Donnersmarck-Stiftung, die Kollekte ist 2020 leider ausgefallen.

Wenn Sie trotzdem noch eine Spende überweisen möchten – ist die Freude noch größer  – erbitten wir sie auf unser Postbankkonto: BIC: PBNKDEFF; IBAN: DE48 1001 0010 0012 2761 05
Stichwort: „Marathon-Gottesdienst“.

Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche

Fürst-Donnersmarck-Stiftung

 

 Die Läufer-/innen-Weihnachtspredigt 2019 von Peter Burkowski:

https://germanroadraces.de/?p=142890

 

 

 

 

 

author: GRR