: Beate und Erdmute am Start,- Foto: Bernd Hübner
Die berühmte Lebensfreude beim Laufen! – Impressionen vom 12. Havel-Funlauf in Berlin-Wannsee am 26. September 2020 – von Dr. Erdmute Nieke
Die Idee wurde im Lauftreff Bernd Hübner schon im April 2020 geboren, ziemlich gleich nach der Absage des BERLIN-MARATHONs. Wir laufen einen Ersatzlauf auf unserer Hausstrecke oder wie Hübi (Bernd Hübner) zu sagen pflegt: In unserem Wohnzimmer!
Denn in elf Jahren davor haben wir einen gemeinsamen Trainingslauf vor dem BERLIN-MARATHON am Wannsee gemacht. Der Name Havel-Funlauf ist daher kein neuer.
Im Corona-Lockdown war lange Zeit viel Fantasie gefragt, wie so ein privat organisierter Lauf aussehen könnte. Martin, Anne und Roland waren mit Bernd im ständigen Austausch und verfolgten gewissenhaft alle Corona-Hygiene-Vorschriften und Entwicklungen. Der Fußball begann wieder mit Zuschauer*innen, die Schulen ohne Abstandsregel, private Partys im Freien mit bis zu 50 Personen. Also können wir es auch unter Einhaltung aller Vorschriften wagen auf unserer Hausstrecke, dem Uferweg an der Havel zwischen Wannseelöwen und Glienicker Brücke. Ganz klar – kein Vergleich mit den 42,195 km langen und immer breiten Straßen durch das gesperrte Berlin, aber dennoch: Wir dürfen gemeinsam LAUFEN mit Abstand!
Bis Donnerstag ist in Berlin noch schönstes Sommerwetter, doch dann am Freitag ein Temperatursturz um zehn Grad und Dauerregen! Als mein Wecker am Samstag Morgen um 6.30 Uhr klingelt, höre ich noch im Dunkeln den Regen rauschen und denke: „Warum tue ich mir das an!? Doch Beate wird bald vor der Tür stehen.“ Also Regenjacke und lange Laufhose aus dem Schrank gekramt und los geht es durch die noch schlafende und verregnete Stadt an den Wannsee.
Im Auto, das Thermometer zeigt neun Grad immer noch unsere Frage: „Warum tun wir das?!“ Doch die Antwort darauf sind die anderen Hübis, die durch den morgendlichen Regen gehen und die Helfer*innen, die für uns so viele schöne Dinge vorbereitet haben. 50 Teilnehmer*innen hatten sich angemeldet, danach war die Liste geschlossen wurden. Der Start am Wannseelöwen ist gestaffelt nach Entfernungen, die wir laufen wollen. Die echten Marathonis sind schon um 8 Uhr gestartet. Wir 28er starten um 8.30 Uhr, die Halbmarathonis um 8.45 und die 14er starten um 9 Uhr.
Das alles, damit es mit dem Abstand halten auf dem Uferweg einfacher wird. Wir erhalten unseren Startnamen – so für das Wettkampfgefühl. Dann füllen wir die nun schon zur Gewohnheit gewordenen Corona-Kontakt-Zettel aus. Am Löwen macht Bernd Fotos von den kleinen Startgrüppchen und los geht es und – Petrus liebt uns Läufer*innen – der Regen wird weniger.
Auf der Strecke sind wir völlig allein um diese Tageszeit. Umso schöner ist es die Natur zu genießen. Rechts der Blick auf die Havel, die hier zugleich der Wannsee ist, links der Blick in den regennassen Wald mit dem ersten beginnenden Herbstbunt. Wir entdecken eine Komoran-Kolonie an der Uferbefestigung und vor uns liegt die Pfaueninsel. Der Wald-Wurzel-Weg wandelt sich in einen asphaltierten Radweg und am Gasthaus Moorlake bei Kilometer fünf stehen Manfred und Oda mit dem allerbesten Versorgungsstand, den es in der Laufwelt gibt.
Oda und Manfred vom/am Verpflegungsstand – Foto: Mario Buß
Weiter geht es bis kurz vor die Glienicker Brücke. Auf dem Asphalt entdecken wir ein frisch auf gesprühtes leuchtend rotes W – für Wendepunkt am Kilometer sieben. Auf dem ersten Rückweg entdecken wir es an der Strecke: Martin hat mit der leuchtenden rote Farbe alle 7 Kilometer markiert! Eine liebevolle Motivation, gerade für die Marathonis, die die Strecke dreimal laufen.
Die Strecke wird nie langweilig, weil uns immer andere Hübis entgegen kommen, allein oder zu zweit oder maximal zu viert, die jungen und die alten, die schnellen und die langsamen, die 14er, die Halben und die 42er.
Markierung an der Strecke – Foto: Dr. Erdmute Nieke
Inzwischen macht der Regen richtig Pause und wir haben längst unser Lauftempo gefunden. Manchmal höre ich nur die gleichmäßigen Schritte von Beate und Natascha und manchmal reden wir auch und planen neue kleine Läufe und gemeinsames Pizzabacken im kleinen Kreis. Vielleicht müssen wir nächste Woche eine neue Kontaktbeschränkung erleben. Denn die Corona-Ampeln stehen in Berlin bereits auf gelb. Doch lassen wir uns davon die Lauflaune verderben?
Nein! Dann laufen wir eben wieder zu zweit!
Als wir zum zweiten Mal die Kirche Nikolskoe passieren, die oberhalb des Steilhanges liegt, werden wir vom Glockenspiel der Kirche erfreut. Natascha ist total begeistert und meint, dass sie es noch nie gehört hat. Kurz darauf läuten die Glocken an der Sakrower Heilandskirche am anderen Ufer. Wir merken, dass wir nicht nur durch die Berliner Natur, sondern auch durch eine einzigartige Kulturlandschaft laufen.
Beide Kirchen gehören zum UNESCO-Weltkulturerbe. Die Kirche St. Peter und Paul auf Nikolskoe wurde in den 1830er Jahren auf Erlass von König Friedrich Wilhelm III. erbaut und die Heilandskirche in Sarcow 1844 wurde von seinem Sohn Friedrich Wilhelm IV. direkt am Wasser errichtet. Von 1961 bis 1989 lag sie genau auf dem Todesstreifen der Berliner Mauer und war dem Verfall preisgegeben. Nach der Wiedervereinigung – nächste Woche schon 30 Jahre!!! – wurde sie restauriert und strahlt selbst bei grauem Wetter wieder über das Wasser.
Die Kilometer vergehen so wie im Fluge und schon sind wir wieder am Wendepunkt und haben die letzten sieben Kilometer vor uns. Wir überholen Helmut. Helmut ist 81 Jahre jung und hätte in diesem Jahr seinen 40. Marathon absolviert. Heute läuft er „nur“ 29 Kilometer.
Helmut Pflaum im Ziel mit Startnummer und Medaille – Foto: Martin Ciesielski
Ein letztes und viertes Mal laben wir uns bei Oda und Manfred. Die Cola, die wir trinken, lässt kurzzeitig die Bilder des Knackpunktes bei Kilometer 36 auf dem Kurfürstendamm aufblitzen. Denn da steht Oda sonst mit ihrer berühmten gerührten Cola für uns!
Auf dem letzten Stück treffen wir noch einige wenige Spaziergänger, die ihre Hunde ausführen und sie freuen sich über die Läufer*innen und die Abwechslung auf dem Uferweg und feuern uns manchmal sogar an.
Am Wannseelöwen müssen wir einen kleinen Berg hinauf und die Laufuhren piepen Kilometer 28!
Wir erhalten alle eine wunderbare Medaille, die Martin kreiert und organisiert hat. Wow, was für ein wunderbares Objekt für meine Sammlung in diesem Jahr, in dem das Medaillen sammeln so selten geworden ist!
Nach uns kommen die ECHTEN ins Ziel. Anne hat den Lauf nicht nur mit vorbereitet, sie ist auch noch 42 Kilometer gelaufen, gemeinsam mit fünf anderen Hübis. Respekt, Anne! Wie oft haben wir Dich mit mittwochs auf der Blauen Bahn im Olympiapark beim Training eine Extrarunde drehen sehen, um Dich auf heute vorzubereiten!
Glücklich und erschöpft ziehen wir im wieder beginnenden Regen schnell unsere nassen Sachen aus und trockene an, nachdem wir – ganz klar – Fotos mit der wunderschönen Medaille gemacht haben und fahren heim und freuen uns auf Dusche und Badewanne.
Auf der Heimfahrt und noch lange danach spüren wir sie:
Die berühmte Lebensfreude vom gemeinsamen Laufen!
DANKE an Bernd und Martin und Oda und Manfred und Anne und Roland und all die anderen stillen Helfer*innen im Hintergrund für diesen schönen Marathonersatz im LT Bernd Hübner. Wir laufen weiter und hoffen auf 2021 – mit den echten 42,195 Kilometern durch Berlin!
Dr. Erdmute Nieke
RETTET UNSERE LÄUFE – SAVE THE EVENTS – Foto: Victah Sailer
„Rettet unsere Läufe“ – Wir brauchen jede Stimme, um den Laufsport zu retten. Helfen Sie bitte mit und beteiligen Sie sich an der Petition!
Hier geht es zur Petition:
https://www.openpetition.de/petition/online/save-the-events-o-rettet-unsere-laeufe
Instagram: #SaveTheEvents – Rettet unsere Läufe
https://germanroadraces.de/?p=158802