Der Frauenlauf im Tiergarten in Berlin - ©Horst Milde
Der Laufmarkt Newsletter Oktober 2018 – Firmen- und Frauenläufe – Der Laufmarkt ist also deutlich vielfältiger – Dr. Roland Döhrn
Vor vierzehn Tagen war ich auf Einladung des Württembergischen Leichtathletikverbandes in Stuttgart, um bei dessen Servicetag für Laufveranstalter einen Überblick über den Wandel bei Laufveranstaltungen zu geben.
„Laufveranstaltungen im Spannungsfeld zwischen Tradition und Innovation“, so lautet der Titel des Vortrages, um den ich gebeten worden war. (Die dazu gehörenden Präsentationsfolien findet man übrigens auf www.laufmarkt.de). Was ich dort vorgetragen habe, wird denjenigen, der die eine oder andere Ausgabe von „Laufmarkt“ gelesen hat nicht sonderlich überraschen.
Vielen, das war zumindest mein Eindruck, waren meine Beobachtungen gleichwohl neu. Aber auch mir selbst wird bei solchen Gelegenheiten Manches erst klar, wenn ich meine Beobachtungen für Dritte nachvollziehbar aufschreiben muss.
Vergleicht man das Angebot an Laufveranstaltungen heut mit dem vor 15 Jahren, so fällt als erstes auf,
dass – natürlich nur gemessen an dem, was ich in meiner Datenbank registriere – rund ein Drittel aller
Teilnehmer an Wettbewerben teilnimmt, die es 2003 nicht oder nur in Ansätzen gab. Allen voran sind das natürlich die Firmenläufe. Hier komme ich schön längst nicht mehr mit dem Erfassen und Zählen nach.
Aber bei denen, die ich erfasse, kommen 2018 über 310-000 Läuferinnen und Läufer zusammen, wobei die Zahl noch höher gewesen wäre, wäre nicht die größte gezeitete Veranstaltung in Deutschland auf dem Gebiet, der B2Run München, nach der Hälfte der Teilnehmer wegen Unwetters abgebrochen worden.
Das zweite Segment, an das ich hier denke, sind Frauenläufe. Gab es 2003 neben dem Berliner Frauenlauf kaum größere Veranstaltungen in diesem Bereich, so komme ich in meiner Datenbank für das Jahr 2018 schon auf mehr als 35.000 Teilnehmerinnen, und auch hier gilt, dass man mit dem registrieren nur noch schwer nachkommt, weil immer wieder neue dazukommen. Allerdings wächst die
Teilnehmerzahl derzeit wohl kaum noch. Dabei weisen Frauenläufe zwei Besonderheiten auf: Sie sind
erstens deutlich weniger leistungsorientiert.
Eine Zeitnahme erfolgt häufig fakultativ, und ich habe früher einmal geschätzt, dass nur 60% der Teilnehmerinnen ihre Zeit erfassen lassen und damit in den Ergebnislisten stehen. Die zweite Besonderheit ist, das Frauenläufe besonders häufig auf eine Charity-Zielsetzung verfolgen, ob das nun
Sammlungen für Frauenhäuser, für dem Kampf gegen Brustkrebs oder andere Spendenziele sind.
Während bei Firmen- wie bei Frauenläufen der Leistungsgedanke an zweiter Stelle steht und – zumindest in der Ansprache durch die Veranstaltern – andere Ziele in den Mittelpunkt gestellt werden, steht bei einer anderen Laufinnovation – hier finde ich die erste Veranstaltung in Deutschland erst 2007 – die persönliche Herausforderungen im Mittelpunkt, wenn auch oft verbunden mit dem Team-Gedanken (man hilft sich gegenseitig).
Ich spreche hier von Hindernis- oder Offroad Cross-Rennen (OCR). Binnen kürzester Zeit stieg die Zahl der Teilnehmer in diesem Segment auf (in der Datenbank erfasst) etwa 65.000 im Jahr 2016. Man hat aber den Eindruck, dass das bereits war und die Teilnehmerzahl seitdem wieder zurückgeht.
Man kann diese Tendenz zur Differenzierung zwischen Veranstaltungen, bei denen die sportliche Leistung nicht im Vordergrund steht und solchen, bei denen die Teilnehmerinnen und (zumeist) Teilnehmer die besondere Herausforderung suchen, auch an anderer Stelle finden.
Wenn wir zunächst mal mit der besonderen Herausforderung beginnen: Über Jahre hat die Beteiligung an Ultramarathon-Läufen beständig zugenommen, wenn dieser Trane auch zuletzt wohl gestoppt wurde. Auch gewinnen Trail-Läufe Anhänger. Die gab es zwar immer, wobei man sich über Definitionen hier streiten kann. Seit Jahren kommen immer wieder neue Veranstaltungen hinzu, und dadurch wachsen die Teilnehmerzahlen.
Weitere Tendenzen in diese Richtung sind Treppenläufe, wenn diese auch weniger in die Kategorie Ausdauerläufe fallen. Zu diesen habe ich keine belastbaren Zahlen, aber der Größe von ihnen, der Lauf auf den Messeturm in Frankfurt, kam auf fast 1000 Teilnehmer, viele von ihnen Feuerwehrleute, die den Lauf in speziellen Wertungen in voller Ausrüstung absolvieren.
Kommt man zum anderen Ende, zu Veranstaltungen bei den Gesundheit gepaart mit Spendentätigkeit
im Vordergrund, so sind beispielsweise die KKH-Läufe sehr erfolgreich: Ein Angebot für die ganze Familie, kurze Distanzen, keine offizielle Zeitnahme, mit – nach eigenen Angaben – insgesamt 21.000
Teilnehmern im Jahr 2018.
Der Laufmarkt ist also deutlich vielfältiger geworden, was allerdings auch bedeutet, dass sich die „klassischen“ Laufveranstaltungen einem wachsenden Wettbewerbsdruck gegenübersehen. Sie sollten aber auch überlegen, was man von den neuen Angeboten lernen und übernehmen kann.
Roland Döhrn