Start zum Kyffhäuserberglauf - Foto: Eberhard Jüttner:
Die Entstehungsgeschichte des Kyffhäuserberglaufes in Thüringen – Eberhard Jüttner
Der 1. Kyffhäuserberglauf
Am 7. April 1979 zeigte sich ein trüber Tag, die Temperaturen lagen zwar über der Nullgradgrenze, sehr gemütlich war es nicht. Die Tage vorher waren noch etwas wärmer, am Vorabend des Laufes schien sogar gelegentlich die Sonne.
Das Abenteuer Kyffhäuserlauf war aber nicht mehr aufzuhalten. Die Vorbereitungen waren getroffen, die letzten Hindernisse am Freitag noch beseitigt. Das war notwendig, denn bei der Streckenbegehung der 36 Kilometer stellte ich fest, dass die für die Ausschilderung Verantwortlichen des DTSB die Richtungsschilder in der Nähe des Fernsehturms in die verkehrte Richtung gesetzt hatten.
Die ersten Teilnehmer des Laufes bezogen am 6. ihr Übernachtungsquartier im Zentralen Pionierlager auf dem Rathsfeld, dem Start und Ziel beider Laufstrecken. Die letzte Beratung des Organisationskomitees signalisierte, dass alles so wie geplant ablaufen konnte. Meine letzte Begehung der Strecke zum Sonnenaufgang am 7. zeigte, dass bereits in den frühen Morgenstunden ein reges Leben auf dem Rathsfeld und an den Verpflegungsstützpunkten einsetzte, um einen reibungslosen Einsatz zu gewährleisten. Seitens der Volkspolizei wurden Verkehrsregulationen in Gang gesetzt, um den erwarteten Ansturm der Busse und Autos Rechnung tragen zu können und die Strecken abzusichern. Vorübergehende Straßensperrungen wurden bereits im Radio zur Kenntnis gebracht. Die Kradfahrer der GST, die als Vorausfahrer und als letzte Fahrer auf den Strecken tätig waren, wurden nochmals eingewiesen.
9 Uhr – die Stunde 0 des Laufes wurde mit dem Startschuss pünktlich ausgelöst. 217 Läuferinnen und Läufer begannen die 36 Kilometer unter ihre Füße zunehmen, nicht sicher, welchen Strapazen sie unterworfen sein werden, denn teilweise war der Boden auf Grund der Nässe schwierig zu laufen, ein gesichertes Höhenprofil lag nicht vor, und der Wind blies nicht nur von hinten.
Ich selbst erlebte den Start auf der Straße, als die Läufer das Gelände des Rathsfeldes verließen und sie in Richtung des Ententeiches nahmen. Fast 3 Kilometer Straße leicht bergan lagen vor ihnen, ehe sie die erste Steigung nehmend, im Kyffhäuserwald für die nächsten Stunden unterwegs waren. Es war in diesem Moment emotional betrachtet, für mich ein besonderer Höhepunkt. Weil ich die Idee des Laufes hatte, quälen sich jetzt fast 1000 Läuferinnen und Läufer, die genaue Zahl der Teilnehmer hatte ich in diesem Moment nicht, über die 36 Kilometer und eine Stunde später über die 24 Kilometer. Ich selbst lief die 24 Kilometer und ließ aus dem Kreis Artern nur Joachim Mülverstadt und Reinhardt Seyfarth in der Platzierung den Vortritt und wurde von den 512 Läuferinnen und Läufern insgesamt 61 zigster.
Jorg Müller aus Suhl erreichte als 1. in 2:43:07 das Ziel der 36 Kilometer, kurz vorher hatte der 1. der 24 Kilometer, Günter Zinke, in 1:41:12,8 das Ziel erreicht. Mein Plan war damit fast aufgegangen. Er sah vor, dass die 1. beider Läufer das Ziel zur gleichen Zeit erreichen. Einen harten Kampf muss es dabei zwischen Walfried Marschner und Gerhard Weide auf den letzten Kilometern der 36 Kilometerstrecke gegeben haben, den Walfried mit 3:05 für sich entschied und Gerhard mehr als 1 Minute hinter sich gelassen hat. Damit war Walfried der beste Läufer des Kreises. Gerhard Weide, was ihn besonders bekannt werden ließ, hatte für sein Training eine besondere Belastungsprobe sich auferlegt. Sein Kind im Kinderwagen bei sich, schob er vor sich auch auf der Straße Richtung Kyffhäuser vor sich her. Einmal ist es ihm gelungen, einen langsam fahrenden LKW mit dem Kinderwagen zu überholen. An der Bushaltestelle „Kulpenberg“ teilte er den Wartenden nur mit, dass ihn schon vieles überholt hätte, aber ein Kinderwagen, das war für ihn neu.
Bei den Frauen holte auf der 24 Kilometerstrecke Monika Bianchin aus Freiberg in 2:21 den Sieg, auf der 36 Kilometerstrecke war es Gudrun Schmidt aus Suhl, Olympiateilnehmerin, in 3:36:30. Beide wiederholten ihren Sieg im folgenden Jahr.
Der erste Lauf, so die Meinung der Läuferinnen und Läufer war ein großer Erfolg, natürlich mit Ecken und Kanten, wobei aus meiner Sicht vor allem das Wetter hätte besser sein können. Nach 15 Uhr ließen einzelne Schneeflocken nicht auf das nahende Osterfest schließen, welches eine Woche später sein sollte.
Um 16 Uhr war das Ende des Wettkampf vorgesehen, als plötzlich festgestellt worden war, dass die beiden Ältesten auf der 36 Kilometerstrecke nicht mehr auffindbar waren. Eine große Suchaktion begann in der beginnenden Dämmerung und dem schlechter werdenden Wetter. Gegen 17 Uhr erhielten wir die Information, dass Siemer, Karl aus Darlingerode und Gottfried Hausius aus Naumburg in Tilleda angekommen sind. Karl wurde mit dem Bus aus Wernigerode abgeholt, Gottfried fuhr mit dem Zug nach Naumburg.
Sie waren beim Erzählen über einen Baumstamm gestiegen, der extra auf die Gehstrecke mit der Angabe, dass es jetzt rechts nach oben geht, gelegt worden war. Warum der Kradfahrer der GST, der als letzter auf der Strecke hätte sein müssen, seiner Aufgabe nicht gerecht geworden ist, ist mir nicht bekannt, für den GST-Verantwortlichen hatte es allerdings Folgen, über die ich nicht jetzt berichten will, vielleicht später, wenn eine Nachbetrachtung zum Lauf erfolgt.
Der 1. Lauf war ein großer Erfolg, dank des zahlreichen Mitwirkenden bei der Organisation. Eine besondere Begeisterung herrschte dabei in der Gemeinde Udersleben, die beim ersten Lauf, aber auch den folgenden Läufen, den Läuferinnen und Läufern einen herzlichen Empfang bereiteten.
Wenn wir in einer Woche den 40.Lauf begehen, dann stelle ich mir die Frage, warum man nicht den 7.April 2018 auf den Tag genau das Jubiläum geplant hat, aber vielleicht wäre heute das Wetter zu schön gewesen und damit aus dieser Sicht nicht identisch zum 1. Lauf.
Mitbereiter und Mitstreiter des 1. Kyffhäuserlaufes
Die Idee ist das eine, die Umsetzung das andere. Allein ist eine Großveranstaltung, zu der sich der Kyffhäuserlauf entwickelte und wie er sich, auch gewollt, bereits bei seiner 1. Auflage darstellte, nicht zu meistern.
Eigentlich war mir nicht klar, wie viele aktive und nicht aktive Freunde des Sports bei einem solchen Lauf erforderlich sind. Eins war mir allerdings bewusst, dass es gelingen kann, wenn alle diejenigen, die bei der Auftaktveranstaltung für einen Kyffhäuserlauf in der Konsumgaststätte Artern, deren Gaststättenleiter, Achim Mülverstedt, selbst damals aktiver Läufer, anwesend waren, ihre Mitwirkung auch verwirklichen. Achim war in der Folgezeit auch derjenige, der die Laufbewegung im Kreis durch viele Läufe auch außerhalb des Kreises zur Geltung brachte und den Kyffhäuserlauf nach außen popularisierte und in der Öffentlichkeit mit bekannt machte.
Im damaligen amtierenden Vorsitzenden des DTSB-Kreisvorstandes, Gerd Pillep, eigentlich durch seine führende Rolle im Ringen sowohl zu DDR-Zeiten aber auch In der Bundesrepublik bekannt, fand ich die erforderliche Unterstützung in dem Jahr, wo er diese Tätigkeit innehatte. Diese Unterstützung war vor allem deshalb erforderlich, da für die Organisation an den Verpflegungsstätten die örtlichen Sportvereine die Verantwortung tragen sollten und auch die hauptamtlich beim DTSB angestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Verantwortung übernehmen sollten. Und so bin ich vor allen den vielen Helfern der Sportvereine aus Bad Frankenhausen, Steinthalleben und Udersleben für die damals geleistete Mitwirkung sehr dankbar. Aufbau der Verpflegungsstelle, Teekochen, Verpflegungsabgabe und der Wiederabbau lag in dieser Verantwortung. Besonders die Aktivität in Udersleben war hervorragend, wo die gesamt Gemeinde eingebunden gewesen ist.
Zentral für die Verpflegung war Heinz Kuhwald, schon viele Jahre nicht mehr unter uns weilend, verantwortlich. Als im VPKA, Rückwärtige Dienste tätig, kannte er den Kreis wie seine Westentasche und hatte überall seine Kontakte, nicht nur in seiner dienstlichen Funktion, sondern auch als passionierte Fußballschiedsrichter. Da, sein Chef, Willi Drigalla als Amtsleiter des VPKA, ebenfalls aktiver Läufer, den Lauf unterstützte, waren die notwendigen Verkehrsprobleme, die unweigerlich bei einem solchen Lauf auftreten, auch sehr schnell von meinem Tisch und in treue Hände gelegt.
Den Druck der Startnummern, eines meiner zunächst als besonders schwierig angesehenen Probleme, wurde durch Walfried Marschner organisiert, der dann bei den weiteren Läufen den Druck selbst übernommen hat. Er war es auch, der die ersten Muster für die Firmierung des Laufes auf den Startnummern und später den Souvenirs übernommen hat. Walfried war passionierter Sportler. Seine sportliche Karriere begann als Straßenrennfahrer, wo er sich auch mit Eddy Merckx und Täve Schur im Wettstreit sich befand, aber die technischen Probleme, da er nicht zur Elite zählte, ihm den Weg zu den Läufen führte. Seine Frau führte zugleich über viele Jahre die Buchhaltung des Laufes. Walfried wechselte seinen Arbeitsplatz von der Kyffhäuserhütte in die Dienststelle des DTSB und war damit gewissermaßen bei den späteren Läufen die Verbindung zum Sportbund.
Nach der Wendezeit wurde aus dem Hobby des Druckens seine hauptberufliche Tätigkeit. An den sportlichen Ereignissen konnte er sich aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr beteiligen, in den letzten Jahren war sogar eine Rollstuhlnutzung erforderlich gewesen. Am 22.11.2017 verstarb er. Ich widme ihm diese etwas umfangreicheren Zeilen deshalb, weil er vor allem auch durch seine Tätigkeit im DTSB entscheidend bei der Laufgestaltung, der Organisation, vor allem der Aktivierung der örtlichen Sportgemeinschaften wirkte. Leider, wie vieles in den letzten 10 Jahren, ist auch er in Vergessenheit geraten und konnte seine Erlebnisse kaum weitertragen. Zu seinen Geburtstagen sind wir der Frage nachgegangen – wie war es damals, und er erzählte, wie es auch für ihn schwierig war, sich für den Lauf durchzusetzen, da zentral solche Läufe, wie es der Kyffhäuserlauf war, nicht unbedingt erstrebenswert gewesen sind. Man sah lieber Läufe im klein-klein. Nicht unschuldig war die materielle Basis, denn allein für den Kyffhäuserlauf wurde das gesamt Kontingent von Trinkbechern eines Jahres aufgebraucht, die für den Kreis in der Zuteilung gestanden haben. So war es auch verständlich, dass seitens des DTSB-Bezirksvorstandes kaum Unterstützung zu erwarten gewesen war. Er erzählte mir auch, wenn ich in der Geschäftsstelle bei ihm erschien, man mich lieber gehen als kommen gesehen hat. Ich brachte Arbeit und Unruhe mit.
Viel hat der Lauf Günther Stöckmann zu verdanken. Als ehrenamtlicher Vorsitzender des Kreisfachausschusses Leichtathletik brachte er für den organisatorischen Ablauf am Wettkampftag seine Erfahrung ein. Er war ein wesentlicher Partner, ohne dessen Mitwirkung mit seinen ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wären der Wettkampftag und die nachfolgende Auswertung mit Gestaltung eines Ergebnisheftes nicht möglich gewesen. Günther war es auch, der nach meinem Ausscheiden aus der Organisation des Laufes, die organisatorische Gesamtleitung erfolgreich weiterführte.
Von der ersten Stunde an war Dr. Harald Strauch unerlässlich. Als damaliger Kreissportarzt organisierte er die medizinische Betreuung an Start und Ziel sowie an den Verpflegungspunkten und an der Laufstrecke. Selbst als Läufer besichtigte er die Laufstrecken, fuhr mit mir manchen Kilometer im Kyffhäuser herum, um die Strecken weiter zu optimieren. Er war für mich ein Partner, auf den ich immer, auch außerhalb der medizinischen Aufgabenstellungen, zurückgreifen konnte. Er hat sich mit dem Lauf identifiziert, was letztlich auch dazu beigetragen hat, dass er richtigerweise über viele Jahre selbst als Vorsitzender des Kyffhäuserberglaufvereins die Geschicke des Laufes führte und auch heute noch im Vorstand des Laufvereins tätig ist.
Peter Heller, Kreisapotheker, mischte mit seinen Mitarbeitern die Elektrolyte, die Vitamine und Kohlenhydrate, die im Tee und dem Haferschleim an allen Verpflegungspunkten nach der Rezeptur des Rennsteiglaufes. Zur Verfügung standen. Selbst aktiver Läufer, fühlte er sich für die Streckengestaltung mit verantwortlich, wie auch Reiner Puschmann, der bis heute, gleichfalls aktiver Läufer, für die Streckenausschilderung die Verantwortung mit übernommen hat. Gerade vor dem 1. Lauf war Rainer viele Kilometer unterwegs, um belaufbare Streckenabschnitte mit zu konzipieren, um die auf der Karte stehende Streckentheorie praktikabel werden zu lassen.
Viele Lauffreunde, teilweise mit ihren Partnerinnen, die in einer kurzen Fassung von Mitwirkenden namentlich nicht genannt werden können, waren auf dem Rathsfeld oder in Bad Frankenhausen oder an der Strecke ehrenamtlich mitwirkend. Nicht zu vergessen die vielen Helfer des DRK oder des Gesundheitswesens, die ihren Einsatz erhalten haben oder die, die für die Kommunikation Verantwortung trugen.
Auf einige wird an späterer Stelle nochmals eingegangen werden.
Vorbereitungen für den 1. Kyffhäuserberglauf
Es waren also von der konkreten Festschreibung des Termins für den 1. Lauf am 7. April nur 4 Monate Zeit. Was alles noch offen war, aus heutiger Sicht kaum vorstellbar, dass dies zu schaffen möglich ist.
Die Einladungen lagen aber in der Kongressmappe der Nationalen Gesundheitskonferenz in Dresden vor, so dass auch bereits im Dezember die ersten Anmeldungen bei mir eintrafen, da ich meine Privatadresse als Organisationsbüro angegeben hatte. Vor Weihnachten waren es bereits mehr als 100, Anfang Januar häuften sich die Anmeldungen, so dass Ende Januar/Anfang Februar die 500 überschritten worden ist.
Plötzlich stellte sich allerdings ein Problem dar, welches beinahe das Ende des Laufes gewesen wäre. Es war ja eigentlich eine reine Privatsache, die ich da , wenn auch in Unterstützung der Läufer , gestartet hatte, nicht abgestimmt mit irgendwelchen Behörden, auch wenn bei der ersten Beratung der damalige Kreisvorsitzende des DTSB mit anwesend war und auch der Amtsleiter des VPK, selbst ein aktiver Läufer, in Kenntnis selbigen war. Und so kam es, wie es kommen sollte – der 1. Sekretär der SED-Kreisleitung führte mit mir nachstehendes Gespräch: „ Eberhard, was machst du denn wieder.“-„Was mache ich denn.“-„Die Postfrau hat sich bei mir beschwert, dass sie täglich einen Korb mit Post zu dir bringen musst.“-„Auch, du meinst den Kyffhäuserlauf.“-Mit wem hast du das abgesprochen“-„Nun, mit wem sollte ich das alles absprechen, ich habe die bekannten Läufer an einen Tisch zusammengebracht, nachdem ich dem DTSB bereits seit 2 Jahren einen Vorschlag für eine Massenlauf ohne konkrete Resonanz unterbreitet habe. Und die Läufer waren damit einverstanden.“-„Immer deine Eigensinnigkeiten, wen holst du denn da alles in den Kreis, wie sollen wir dies Sicherheitstechnisch bewältigen. Du bist dir nicht im Klaren, was du da wieder anstellst.“
Ich will hier nur einflechten, dass ich als Kreisarzt tatsächlich nicht immer der Logik der Partei folgte, sondern teilweise den Versuch unternahm, meinen eigenen Gedanken zu folgen und objektiv kritisch meine Meinung zu äußern. Kreistagssitzungen z.B. mit dem Thema „Gesundheit“ waren immer mit 2 Vorlagen verbunden, die eine, die ich schrieb, wie ich es gesehen habe, die andere, die ich halten konnte, da sie andere auf das erforderliche Niveau gebracht hatten.
„Wie ich aus deinen Darstellungen entnehme, bist du also gegen den Lauf. Es sind jetzt 584 Anmeldungen bei mir vorliegend. Ich werde allein ein Schreiben zusenden und ihnen die Startgelder zurücküberweisen mit dem Wortlaut, dass der 1. Sekretär der SED-Kreisleitung….gegen den Lauf ist und er deshalb bedauerlicherweise nicht stattfinden wird“.-„Eberhard, bist du des Wahnsinns, willst du neben dem Chaos, was du angezettelt hast mich noch blamieren!“-„Aus diesen Worten entnehme ich dass ich also weiter den Lauf organisieren soll.“-„Ja, aber ich will wissen, was due dabei treibst, ich werde jemanden aus der Kreisleitung beauftragen, der an deinen Beratungen teilnimmt.“-„Dagegen habe ich keine Einwände, die Beratungen finden jeden 2. Dienstag in meinem Dienstzimmer nach 17 Uhr statt“.
Und so wurde die Organisation weiter vorangetrieben. Ich wusste natürlich, dass ich viele Hürden nicht genommen hatte, sie von vornherein ausgeschaltet habe, denn sonst wären es tatsächlich unüberwindbare geworden. Nach meinen Kenntnissen hätte im April 88 eine Zustimmung des DTSB des Kreises erfolgen müssen, im Juni die Zustimmung des Bezirkes und dann im Herbst die Zustimmung der Republik. Ob ich diese Hürden geschafft hatte?
Im Nachhinein habe ich immer wieder hören können, dass das Laufen immer gewünscht worden ist, nicht über solche Massenläufe, wie ich sie und auch andere vorhatte. Den Rennsteiglauf konnte man nicht aufhalten, er war aber für viele Funktionäre als Aushängeschild nach außen ausreichend. Aus Gründen der Versorgung, der fehlenden materiellen Grundlagen und möglicherweise tatsächlich aus Sicherheitsgründen war es für kleine Territorien kaum zu bewältigen, wenn man beispielsweise, wie es beim 4. Lauf gewesen war, über 60 000 Trinkbecher benötigte, über tausend Übernachtungen für 1-2 Nächte benötigte, 7 Ärzte im Einsatz hatte, 100 Krankenschwestern und DRK-Helfer mitbeteiligt waren oder 300 Nelken benötigter, da jeder 25 Teilnehmer ein Nelke überreicht bekam, da der lauf auch als Lauf in den Frühling seine Deklaration gefunden hatte und vieles andere mehr in der Organisation zu bedenken hatte, wo man Menschen brauchte, die für so eine Sache sich einsetzen sollten und das alles tatsächlich im Ehrenamt.
Weitere Probleme, die in Vorbereitung des Laufes noch vorgelegen habe, sollen später einmal dargestellt werden, heute wollte ich nur einmal verdeutlichen, dass man etwas erreichen kann, wenn man es will und man auch in der DDR die Möglichkeit bestanden hat, Eigeninitiative oder auch Eigensinn, das bleibt dem Betrachter offen, zur Umsetzung zu führen. Wenn ich nicht gewollt hätte, wäre es kaum zu diesem Lauf gekommen, deshalb wehre ich mich auch immer, wenn man davon spricht, dass ich ein Mitbegründer des Laufes bin. Der Begründer bin ich und ich bin dankbar, dass mich so viele dabei unterstützt haben, denn ohne sie hätte ich zwar den Lauf begründen können, aber nicht durchführen.
Wer soll das bezahlen? 1. Kyffhäuserberglauf in Vorbereitung.
Bereits bei der ersten Beratung wurde die Frage gestellt, wer die finanziellen Mittel aufbringen soll, denn bereits in der Vorbereitung entstehen Kosten und nirgendwo sind Mittel eingeplant, wenn man erst im November mit einer solchen Offerte nach außen geht.
Richtig war, dass bereits der Druck der Ausschreibung finanzielle Mittel abfordern würde, danach würden Kosten für den Erwerb der Startnummern, das Versenden der Startnummern und vieles mehr rund um den Lauf finanzielle Ausgaben mit sich bringen.
Ich beruhigte die bei der Abendveranstaltung zur Diskussion um einen Lauf anwesenden Laufenthusiasten, dass sie in keinerlei finanzielle Verpflichtungen eingebunden sind, da ich mit meiner Familie geklärt hätte, dass meinerseits die finanziellen Mittel bereitgestellt werden, quasi als Vorschuss, die durch Startgebühren und andere Aktivitäten ausgeglichen werden sollen und die Bereitschaft besteht, vorhandene Minusdifferenzen auch bis zum 2. Lauf zu tragen.
Es war nur eins wichtig, ich wollte den Lauf und brauchte die Zustimmung der Laufgemeinschaft, dafür war mir jedes Risiko, auch das finanzielle, gleich.
Die Strafgebühren für die 26 Kilometer betrugen 8,-Mark, die für die 36 Kilometer 12,- M. Sie wurden nicht nach der Notwendigkeit für mögliche Ausgaben berechnet, sondern nach dem Gesichtspunkt festgelegt, dass es auch bezahlbar und einem Volkssportlauf gerecht wird.
Andere Überlegungen für eine Geldeinnahme beliefen sich auf die Frage, welche Souvenirs kann man erstellen. Die einfachste Überlegung war, T-Shirts und Achselhemden zu erwerben, sie mit dem Emblem des Laufes zu bedrucken und mit Mehrkosten den Läufern anzubieten.
Fortan wurden in den Geschäften der näheren und weiteren Umgebung Stücke unterschiedlicher Größe gekauft und bedruckt. Als weitere Attraktion wurden Mützen, die die Friedensfahrer trugen angefertigt und ebenfalls mit den Symbolen des Laufes versehen.
Grundlage dieser Aktion war das Vorliegen zahlreicher Friedensfahrtmützen, die mein Onkel, viele Jahre, Begleitfahrer der Friedensfahrt, in seinem Besitz hatte, wobei das für uns schönste Modell aufgetrennt und in der Firma Schadeberg die einzelnen Teile geschnitten wurden.. Dafür musste der Leinen besorgt werden, wobei uns vor allem die Geschäfte im Bereich Leinefelde als Lieferanten zur Verfügung gestanden haben.
Das Zusammennähen der Mütze erfolgte unentgeltlich durch die damals über 80 jährige Großmutter meiner Frau sowie meiner Schwiegermutter, unterstützt von anderen Familienmitgliedern. In späteren Jahren, wo mehr als 1000 Mützen benötigt worden sind, wurden Fremdfertigungsaufträge erteilt, die dann allerdings bezahlt werden mussten. Zunächst stellte sich bei der ersten Kollektion das Problem der Mützenschilder heraus, da sie ja besonders angefertigt werden mussten sowie die Größe. Letzteres war aber nicht so sehr das Problem, da sie durch einen Gummizug für alle Größen weitestgehend geeignet gewesen waren. Bereits im 1. Jahr wurden über 100 m Gummiband dabei verarbeitet. Da die Friedensfahrtmützen der Mannschaften ähnlich, aber nicht gleich war und sich auch einem jährlichen Veränderungsprozess sich befanden, wurde jährlich das aus unserer Sicht beste Modell gewählt, so dass Mützen der Mannschaften aus Belgien, Frankreich, der DDR und aus anderen Ländern sich im Umlauf befunden haben.
Ein weiterer finanzieller Zugewinn war der Verkauf von Jahreskalendern, die man an die Wand hängen konnte, gleichfalls auf unseren Lauf zugeschnitten.
Die Erstellung eines besonderen Souvenirs wurde meinerseits ins Auge gezogen, aber soweit reichte meine Kreativität nicht um etwas Interessantes vorzustellen und andere Vorschläge erfolgten nicht. Ihre Umsetzung wäre im Rahmen der Planung auch kaum möglich gewesen, wie eine erste Kontaktaufnahme in einem Betrieb in Bad Kösen es mir vermittelte.
Nach meiner Erinnerung hatten sich am Ende über 1100 Sportfreunde zum Lauf angemeldet, woraus abzuleiten ist, dass der erste Lauf keinen Gewinn ermöglichte, und weit über 1000,- M in den kommenden Lauf übernommen werden musste. Aber die zwischenzeitlich nahezu 5000.-M, die durch den Kauf der Hemden, der Stoffe, des Druckes auszugeben gewesen waren, hatten sich deutlich minimiert. Es waren die Kosten des Rathsfeldes, des Druckes der Teilnehmerurkunden, der Ergebnishefte, der Verpflegung und anderer Erfordernisse damit bereits abgegolten. Nicht alles war natürlich notwendig, so zum Beispiel, dass jeder 25. eine Nelke als Geschenk erhielt, denn es war ja der Lauf in den Frühling. Die durch die GPG bereitgestellten Blumen wurden teilweise durch meine Orchideenzüchtung kompensiert, denn wenn besondere Wünsche nach Orchideen, die die GPG nicht erfüllen konnte, bestanden haben, war ich der Ansprechpartner, so dass mancher Brautstrauß auch etwas von mir enthielt.
Nach dem 2. Lauf war das Konto weitestgehend ausgeglichen, hatten sich doch zum 2. Lauf über 2200 Teilnehmer angemeldet, was auch bei Beibehaltung der Startgebühren sich positiv auf die finanzielle Lage ausgewirkt hat.
Insgesamt waren die Ausgaben gering, erfolgte letztlich alles ehrenamtlich und war vor allem meine Familie in den Prozess der Mitwirkung integriert
Den 3. Lauf organisierte ich wegen übler Nachrede nicht mehr, verzichtete auch auf die Zahlung eines noch geringen Restbetrages.
Alle Materialien übergab ich dem DTSB-Kreisvorstand, wo sie geblieben sind, ich weiß es nicht, weshalb auch manche schriftliche Notiz, Schriftverkehr und vieles andere, was eigentlich zu einer Chronik zählt, nicht mehr existiert. Eigentlich habe ich als einziges aus dem 1. Lauf noch mein Ergebnisheft mit der eigenen Notiz, dass beim 1. Lauf auf der 16 Kilometerstrecke 21 Starter und auf der 36 Kilometerstrecke 9 das Ziel nicht durchlaufen haben.
Teilnehmerakquise des 1. Laufes
Es sollte ein großer Massenlauf werden, weshalb die Einladung an die gesamte Republik gegangen ist. Bekannt als Massenlauf war der Rennsteiglauf, die Kenntnis über andere Läufe war gering, obwohl es sie, wie den Kernberglauf o.a. bereits gegeben hat.
Die Vorbereitung für den 1. Lauf war sehr knapp gefasst, so dass die Popularisierung auch eingeschränkt gewesen war. Durch Informationen in der Bezirkspresse, vor allem aber im Kreisteil, wurde wiederholt auf den Lauf hingewiesen. Informationen in anderen Zeitungen, wie dem Neuen Deutschland gelangen allerdings nicht. Insofern wurde vor allem viel Wert auf die Teilnahme von Läufern bzw. Laufbegeisterten aus dem Kreis gelegt.
Seitens des FDGB-Kreisvorstandes ist dabei die Idee aufgegriffen worden, diesen Lauf als Bestandteil der Brigadeprogramme, die jedes Jahr in den Betrieben zu erstellen waren, aufzunehmen. Diesem Ruf folgten viele Arbeitskollektive.
Der 1. Kyffhäuserlauf wurde Bestandteil der Verpflichtungen und so waren es viele aus dem Kreis, die ihre Teilnahme zusagten, zumal die Strafgebühren bei vielen über den Sozialfond aus den Brigadekassen bezahlt worden sind. So betrachtet, hätte man den 1. Kyffhäuserberglauf teilweise auch als Firmenlauf werten können. Diese Idee wurde damals aber nicht geboren, obwohl nach den Anmeldungen, nach meiner Erinnerung über 400, aus dem Kreis Artern waren, allerdings, wahrscheinlich auch dem Wetter geschuldet, nasskalt, sich den Strapazen des 1. Laufes nicht unterzogen haben.
Trotzdem haben den Lauf auf der 24 Kilometer-Strecke 112 Männer und 15 Frauen, auf der 36 Kilometerroute 14 Männer und eine Frau bestritten, was einer prozentualen Beteiligung von Teilnehmern aus dem Kreis von 19,5 % gleich kam.
Eine solche Beteiligung von Lauffreunden aus dem Kreis konnten die folgende Läufe nicht mehr erreichen, auch wenn mit der späteren Einführung geringerer Kilometerstrecken sich die Anforderungen verringerte. Trotzdem wurde in den Folgejahren, vor allem durch Wanderstrecken, für die Bürger des Kreises ein Höhepunkt der aktiven Bewegung.
In Vorbereitung des 1. Laufes sah man täglich Trainierende in vielen Orten, wobei durch das im Vergleich zu heute relativ geringe Verkehrsaufkommen, auch die Straßen als Laufterrain genutzt worden sind. Dies zog natürlich die Kritik vieler Autofahrer nach sich, die dieser Aktivität kein Positivum entgegenbringen konnte. Aber trainieren musste man schon, um einen solchen Lauf bewältigen zu können, was aber nicht jedem ausreichend gelungen ist.
Der Montag nach dem Lauf war für nicht wenige mit starken muskulären Problemen behaftet und einige mussten, wie mir berichtet worden ist, der Arbeit fernbleiben. Die Akquise für die weiteren Läufe war einfacher, hatte sich das Erlebnis Kyffhäuserberglauf herumgesprochen. Trotzdem war die Gewinnung der Teilnehmer kein Selbstläufer und so wurden durch die aktiven Läufer bei Laufveranstaltungen Werbung durchgeführt.
Ich selbst nahm zu jedem folgenden Lauf gleich Startnummern mit, um sie an Ort und Stelle zu verkaufen. So gewann ich bei einem Albert-Kuntz-Gedenklauf in Nordhausen auch Erich Banisch, der viele Jahre ältester Läufer des Kyffhäuserlaufes und auch auf Grund seiner vielfachen Teilnahme und seines Alters Ehrenmitglied des Kyffhäuserlaufvereins war.
Positiv wirkte sich die Mitteilung der Durchführung des Laufes im Mitteilungsblatt der AG Straßenlaufen des Präsidiums des DVfL der DDR , Vorläufer der „Laufzeit“ aus. Allerdings sind beim 1. Lauf nur wenige davon informiert worden, da das Heft 3 erst wenige Tage vor dem Lauf erschienen war. Es stellte allerdings eine gute Information für den 2. Lauf dar.
In diesem Mitteilungsblatt wurden zahlreiche Ergebnisse von Läufen veröffentlich und die Bestenlisten der DDR für Stundenlauf, 10, 20, 25 Kilometer und Marathon geführt. Das Mitteilungsblatt als einzige überregionale Information von Laufveranstaltungen und Ergebnismeldungen stieß deshalb auf viele Läuferinteressierte. Im Heft 6/80 sind auch einige Ergebnisse des 2. Kyffhäuserberglaufes enthalten.
Danach haben nach den Informationen auf Blatt 7 insgesamt 2191 Läufer 1980 teilgenommen, wobei allein sich auf der 36 Kilometerstrecke 602 bewegten. Diese Zahlen finde ich deshalb interessant, da heutzutage kaum verlässliche Aussagen über Teilnehmerzahlen vorhanden sind und die Darstellung der Teilnahme unterschiedlich gehandhabt wird. Statistische Aussagen kann man zu den ersten Läufen nur aus den Ergebnislisten entnehmen.
Er war jedes Jahr in der Vorbereitung, der Durchführung und der Nachbereitung eine große Herausforderung.
Den Kyffhäuserberglauf haben viele mitgestaltet. Letztlich haben aber die Läufer selbst zum Erfolg des Laufes in den Gründerjahren aber auch heute beigetragen. Ihnen kann man nicht oft genug den Dank aussprechen.
Eberhard Jüttner in „Jenaer Beiträge zum Sport“ – Nr. 23
https://www.kyffhaeuser-berglauf.de/
Jenaer Beiträge zum Sport 23/2020 – Foto Cover: Horst Milde