Berlin fliegt!" 2017 - US-Weltmeister triumphieren am Brandenburger Tor ©Horst Milde
Berlin ist „Europäische Freiwilligenhauptstadt 2021“ … auch im Sport – Rekrutierung von Ehrenamtlichen durch Rollenerweiterung im Verein
Berlin ist „Europäische Freiwilligenhauptstadt 2021“. Bereits am 5. Dezember 2020, dem Internationalen Tag des Ehrenamts, wurde der Staffelstab von der italienischen Stadt Padua übernommen.
Berlin spielt damit jetzt in einer Liga zusammen mit Barcelona, London und Lissabon, die ebenfalls schon diesen Titel trugen, der vom Europäischen Freiwilligen Centrum jährlich vergeben wird.
Mit der Auszeichnung soll einerseits das bisherige breite Wirken der ehrenamtlich Engagierten anerkannt und gewürdigt werden, auf der anderen Seite bietet die Auszeichnung ein Jahr lang die Möglichkeit, eine breite Projektionsfläche zu installieren, um mit vielen zusätzlichen Aktivitäten auf unterschiedlichen Handlungsfeldern dem freiwilligen Engagement in der Stadt zu neuem Glanz zu verhelfen, um noch mehr engagierte Menschen zu gewinnen – in diesem Fall gerade wegen und mit der Corona-Krise als „freiwillige Begleitung“ …
Und wie partizipiert der Sport dabei? Abgesehen davon, dass der Landessportbund Berlin zusammen mit Verantwortlichen zahlreicher anderen Organisationen in Berlin wie z.B. dem Landesmusikrat, dem Migrationsrat und dem Landesseniorenrat im Lenkungskreis vertreten ist, gilt allein das für Berlin gewählte Leitmotto als leichter Türöffner für den Sport – nicht nur in Berlin allein, sondern sogar für die Sportvereinsbewegung insgesamt: „Freiwilliges Engagement ist die Basis für Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt“. Ohne ehrenamtliches Engagement mit seinen demokratischen Entscheidungsstrukturen gäbe es schließlich keinen einzigen Sportverein in Deutschland …
Mit dem verbindenden Slogan „Entdecke das Wir in Dir“ sollen möglichst viele Menschen neu begeistert werden, sich zu freiwillig zu engagieren. Friedhard Teuffel, der Direktor des Landessportbundes Berlin, lädt dazu alle Berlinerinnen und Berliner ein, sich dazu den Sport im Verein auszusuchen: „Ehrenamtliches Engagement erfüllt etwas, das sich viele Menschen wünschen: Selbstwirksamkeit. Sich selbst einbringen zu können mit eigenen Vorstellungen und Fähigkeiten, dabei auch noch Neues zu entdecken, zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Das alles gelingt vereint noch leichter. Ganz abgesehen davon, dass es besonderen Spaß macht, gemeinsam etwas zu gestalten und zu erreichen“.
Mit diesem Aufruf wird eine Ausgabe des Verbandsorgans „Sport in Berlin“ des LSB eingeleitet, die sich mit dem Ehrenamt und dem Engagement im Sport als Schwerpunktthema beschäftigt: „Wie Vereine Freiwillige gewinnen, unterstützen und würdigen können“ lautet dabei die konkrete und vielversprechende Zielsetzung verschiedener Beiträge im 48-seitigen Heft.
In einem Doppelinterview mit Dr. Holger Krimmer, dem Geschäftsführer der ZiviZ (Zivilgesellschaft in Zahlen), einer Tochtergesellschaft des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft mit Sitz in Berlin, und Prof. Dr. Sebastian Braun, dem renommierten Hochschullehrer für Sportsoziologie an der Humboldt Universität zu Berlin, werden auch wissenschaftliche Erkenntnisse über Motive und Ziele von Menschen vorgestellt, die sich ehrenamtlich (in Sportorganisationen) einbringen. Dabei scheint sich der Wunsch geändert zu haben, „eine Position mit einer präsentablen Bezeichnung zu übernehmen.
Das Prestige, Vorstand eines Vereins zu sein, hat insbesondere in der kommunalen Öffentlichkeit deutlich abgenommen“. Auf der anderen Seite hat der Sport im Verein unschätzbare Vorteile, immer wieder neue Engagierte zu finden: „Sportvereine mobilisieren ehrenamtliches und freiwilliges Engagement vielfach darüber, dass sie zunächst Mitglieder durch sport- und bewegungsbezogene wie auch gesellige Angebote an den Verein binden und auf dieser Grundlage nach und nach für ein ehrenamtliches und freiwilliges Engagement gewinnen“. Rekrutierung von neuen Ehrenamtlichen durch Rollenerweiterung im Vereinsgeschehen – ein offenes Erfolgsgeheimnis?!
Als erste zu bearbeitenden Themen auch mit Blick auf die anhaltende Pandemie hat Sawsan Chebli, die Bevollmächtige des Landes Berlin beim Bund und Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement und Internationales beim Senat von Berlin, „Gesundheit und Einsamkeit“ als zwei vordringliche Handlungsfelder ausgerufen.
Bei beiden kann sich der Sport hervorragend einbringen. Hier kann er sogar seine originäre Systemrelevanz zeigen – nicht nur in der Freiwilligenhauptstadt Berlin und erst recht, wenn die Pandemie endlich abklingt!
Prof. Dr. Detlef Kuhlmann