Bene Huber verpasst bei der EM 2016 hauchdünn das Finale - Foto: Theo Kiefner
Bene Huber sagt leise Servus – Der dreifache Deutsche 800m Meister und zweifache EM-Teilnehmer beendet seine Karriere – LG Telis Finanz Regensburg
Nach einem sprichwörtlichen Seuchenjahr 2020 mit der Corona Pandemie, Lockdown in den entscheidenden Frühjahrsmonaten und fehlenden Ergebnissen wollte der dreifache Deutsche 800m Meister der Jahre 2016 bis 2018 und zweifache EM-Teilnehmer Benedikt Huber (LG Telis Finanz Regensburg) in der neuen Saison noch einmal durchstarten.
Die Europameisterschaften 2022 in der bayerischen Heimat waren sein ganz großes Ziel, das er mit dann für einen 800m-Läufer „extremen“ Alter von beinahe 33 Lenzen unbedingt noch anpacken wollte. Ganz im Hinterkopf hatte sich beim einstigen Siegläufer auch noch der olympische Traum eingenistet, sollte ihm ein Traumrennen über seine Spezialstrecke gelingen.
Die Pandemie bedingte Verlegung der Spiele von Tokio in den Sommer 2021 motivierte ihn noch zusätzlich. Er wollte in der Vorbereitung darauf noch einmal alles geben, Privat- und Berufsleben voll seiner Leidenschaft unterordnen. Was er damals im Spätsommer des letzten Jahres noch nicht wissen konnte, dass die zweite Welle noch viel hässlicher und einschneidender als die erste werden und es auch 2021 bezüglich eines normalen Hochleistungssports erneut eine Hängepartie werden würde, schlug ihm dann schwer auf’s Gemüt.Mit Riesenenergie stürzte sich der Pallinger im blauen Telis-Trikot in die Winterarbeit, spulte in der Anfangsphase noch mehr Kilometer ab, begann erneut seine Vorbereitung auf eine Hallensaison, in der er wertvolle Punkte für eine eventuelle Olympiaqualifikation sammeln wollte, in der dauergekühlten Inzeller Eishalle, die um’s Eisoval eine 444 Meter lange Tartanbahn hat.
„Besonders günstige Voraussetzungen für eine optimale Hallenvorbereitung schauen anders aus“, sagt dazu sein langjähriger Coach Kurt Ring. Für den Heimat verwurzelten Chiemgauer hat’s bezüglich Erfolg in der Hallensaison nie so recht geklappt. Je ekliger die Witterungsbedingungen wurden, desto häufiger kamen die Hiobsbotschaften. Zuerst Light Lockdown, dann ab Dezember verschärfte Bestimmungen. Hubers Trainingsnischen wurden immer enger und die Chance auf eine echte Hallensaison immer geringer. Dann zippte es kurz vor Weihnachten auch noch in seiner Oberschenkelmuskulatur. Die damit verbundene mehrtägige Trainingspause brachte das gestandene Mannsbild nun schwer ins Grübeln.
Sein Coach trainierte mit Hubers Langstreckenkollegen*innen gerade auf der Kunststoffanlage am Oberen Wöhrd, als bei ihm das Handy klingelte. Am Gerät war ein fassungsloser und völlig aufgelöster Bene Huber. „Ich pack’s nicht mehr. Ich hör auf. Es tut mir so leid, es geht einfach nicht mehr, auch wenn ich nichts mehr spür im lädierten Muskel.“ Der inzwischen über siebzig Jahre alte Trainer kennt solche extremen Augenblicke und beruhigte den jungen Mann zunächst, um ihn dann auf ein langes Telefonat mit den Worten zu vertrösten: „Schau zurück, was du erreicht hat, alles hat seine Zeit und die Leidenschaft des Laufens muss damit nicht vorbei sein.“ Grund genug, um auch hier und jetzt auf Benedikt Hubers wundervolle „späten“ Jahre zurückzublicken.
Benedikt schloss sich dem Regensburger Erfolgsteam im Herbst 2014 bereits im reifen 800m-Alter von 25 Lebensjahren an, weil er „die Schnauze voll hatte, ständig alleine zu Wettkämpfen zu reisen und einsame Trainingslager mit fremden Athleten zu verbringen“. Zudem deutete ihm Coach Ring an, „dass bei einigen Trainingskorrekturen durchaus noch mehr als bisher drin sei.“
Der Pallinger roch Lunte und startete ab 2016 voll durch. Mit 1:46,57 Minuten unterbot er bei der einheimischen Sparkassen Gala erstmals die 1:47er Barriere, zur EM-Norm fehlten aber noch ganze sieben Hundertstel. Bei den folgenden Deutschen Meisterschaften im Kassler Auestadion spurtete er dann mit einem sensationellen Finish Olympiateilnehmer und Titelverteidiger Sören Ludolph nieder und überzeugte den Bundestrainer dann so sehr, dass der ihn für die Europameisterschaften in Amsterdam nominierte. Dort überstand er mühelos den Vorlauf und scheiterte im Semifinale nur um wenige Hundertstel an der Finalteilnahme.
2017 schien dann kein gutes Jahr zu werden. Immer wieder warfen ihn kleine Beschwerden aus der Bahn. Nach einem eher bescheidenen DM-Vorlauf im Erfurter Steigerwaldstadion überlegte er lange, ob er zum Finale überhaupt antreten sollte und 780 Meter lang lief es dann auch eher bescheiden, ehe der „Knipser“ Huber mit einem Gewaltakt erneut alles klar machte und seinen Titel völlig unerwartet verteidigte.2018, da wollte der inzwischen 29-Jährige unbedingt wieder international ran. Schließlich fand die EM im Berliner Olympiastadion statt. Die Voraussetzungen dafür schaffte er auf dem letzten Drücker mit seiner Allzeitbestleistung von 1:46,31 Minuten bei einem Meeting in Polen. Die Titelverteidigung im Nürnberger Stadion schien trotzdem ein unmögliches Unterfangen. Der Stern von Jungstar Marc Reuther war inzwischen aufgegangen. Doch der machte im Finale Fehler, überpacte und wurde „blau“ auf der Zielgeraden.
Der Regensburger packte erneut seinen unwiderstehlichen Spurt aus und krönte sich zum dritten Mal hintereinander zum nationalen Titelträger über die zwei Stadionrunden. In Berlin scheiterte er wohl nur deshalb bereits im Vorlauf, weil sich in seinem Rennen bereits vier kampfstarke spätere Finalisten tummelten und Huber am Ende als Fünfter chancenlos war. 2019 folgte dann mit Platz drei, erneut im Berliner Riesenoval, die vierte DM-Medaille.
Bene Huber schlägt bei seinem DM-Triple 2018 den hohen Favoriten Marc Reuther – Foto: Theo Kiefner
„Vor Benes Bilderbuchjahren ziehe ich den Hut, ich bin ihm unendlich dankbar für wundervolle Momente. Für mich ist er schon längst mehr als ein Athlet, eigentlich ein absolut loyaler Freund“, sagt Coach Ring zum Ausnahmeläufer.
Benedikt Huber wird nun abtrainieren, wie man so schön sagt und das heißt immer noch sehr viel Sport, bis zu fünf Mal die Woche und vielleicht in guten Zeiten noch mehr. Er wird als Ingenieur für Küchengeräte seinen Beruf wieder voll ausüben und endlich auch im Privatleben mehr Zeit für seine Lebenspartnerin Jenny investieren.
Ein Leben „ohne Laufen“ kann er sich nicht vorstellen. Schon während seiner aktiven Zeit hatte er keinerlei Probleme mit langen flotten Dauerläufen. Starts bei nahen Provinzläufen sind dabei nicht ausgeschlossen. „Mein Herz wird auch weiterhin für die LG Telis Finanz schlagen“, sagt er und verbindet dies auch gleich mit einem riesigen Dankeschön an seine sportliche Heimat für die jahrelange Unterstützung.
Geradezu erleichtert war er, als ihm sein Coach auch weiterhin die Trainingsunterstützung zusagte. Wie gesagt: „Der Leistungssport hat seine Zeit, Freundschaften können aber durchaus lebenslang sein.“
Quelle: LG Telis Finanz Regensburg – (orv)