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03
09
2019

INTERLAKEN, 8SEP18 - swiss-image.ch/Photo Andy Mettler

„Beinhart und trotzdem schön…“

By GRR 0

In der Tat, es ist einzigartig, was im Gebiet des weltberühmten Viertausender-Dreigestirns von Eiger, Mönch und Jungfrau passiert. Nicht nur, dass die Startnummern seit Jahren fast so begehrt sind wie in Berlin, London oder New York. Es ist einzigartig, dass zum 10. und 20. Geburtstag angesichts des riesigen Andrangs ein Doppelstart mit Teil I am Samstag und Teil II am Sonntag durchgeführt wurde. Mit insgesamt 8000 (!) Startplätzen. 2007 und 2012 zudem die Langdistanz-Weltmeisterschaften. Gewannen 2007 Jonathan Wyatt und Anita Hakenstad Evertsen, waren es 2012 nach einer dramatischen Rennentwicklung Markus Hohenwarter und Stevie Kremer.

Trotz stetiger Starbesetzung hat alleine der Streckenrekord der Männer noch antiken Wert: Jonathan Wyatt distanzierte 2003 im Sturmlauf die Konkurrenz in der unglaublichen Rekordzeit von 2:49:01 Stunden. Die Bestmarke der Frauen wurde hingegen in den letzten sechs Jahren gleich dreimal von Weltklasse-Bergläuferinnen unterboten. Zunächst 2012 von Andrea Mayr (3:20:20), dann 2016 von Martina Strähl (3:19:15) und letztlich 2017 von Maude Mathys auf schier unglaubliche 3:12:56 Stunden.

Die Faszination Jungfrau-Marathon lebt auch im 27. Jahr. Mit einem Rekord startete diese Auflage, denn innerhalb von nur 36 Stunden waren die 4.000 Startplätze vergeben – so schnell wie nie zuvor! Und die Startlisten versprechen ein Stückweit Spannung: Vorjahressieger Robbie Simpson möchte seinen Titel verteidigen und trifft dabei auf die Schweizer François Leboeuf und Stephan Wenk. Alsgerngesehener Gast reist auch Kitzbühel-Sieger und ARD-Ski-Experte Marco Büchel ins Berner Oberland und wird nicht nur den Kids Autogramme verteilen, sondern erneut den Marathon selbst absolvieren.

Bei den Frauen stellt sich die Frage, ob das Publikum wie der einen Heimsieg wie im letzten Jahr von Martina Strähl feiern kann. Mit Simone Troxler und Theres Leboeuf werden zwei starke Schweizer Bergläuferinnen am Start stehen, die gerne den Heimvorteil nutzen möchten.

Vor einem Jahr lief Patrick Wieser beim schönsten Marathon der Welt noch selbst mit, nun fungiert der Thurgauer in einer ganz anderen Rolle. Als neuer Renndirektor steht Wieser vor seinem Debüt neben der Strecke. Der langjährige Bergläufer arbeitet als Kantonspolizist in Zürich. 2014 gewann er an der EM in Zürich die Team-Bronzemedaille, beim Jungfrau-Marathon nahm er zehnmal teil: „Für mich ist der Jungfrau-Marathon eine Herzensangelegenheit. Meinen dritten Platz aus dem Jahr 2008 werde ich immer in bester Erinnerung behalten. Dank meiner neuen Aufgabe als Renndirektor bleibe ich dem Event erhalten und bekomme hinter den Kulissen auch neue Perspektiven!“

Den Startschuss wird am Samstagmorgen (9.00 Uhr) die fünffache OL-Weltmeisterin und sechsfache OL-Europameisterin Judith Wyder für die 4.000 LäuferInnen auf der Höhenmatte in Interlaken geben. „Ich kenne die Gegend sehr gut und vielleicht werde ich den Marathon selber mal bestreiten!“ Wenn das keine Ansage ist, denn Judith Wyder hat sich durch starke Rennen bei namhaften Rennen wie beim legendären Sierre-Zinal auch in der Berglaufszene schon einen guten Namen gemacht.

Selbst beim hochalpinen Spektakel müssen behinderte Sportler nicht außen vor bleiben. Beim Jungfrau-Marathon versteht man es bereits seit Jahren, die Rollstuhl- und Handbike-Asse wie Manuela Schär, Heinz Frei und Marcel Hug in einem am Freitagabend vorgeschalteten Rennen auf dem schnellen Asphalt vor dem mondänen Grandhotel einzubinden.

Eine spannende Neuerung bieten die Organisatoren allen, die zuhause auf Zeiten und Platzierungen warten: Vom Jungfrau-Marathon gibt es ein Livestreaming! Alle Zwischenzeiten können live mitverfolgt werden – und die Fans daheim noch mehr mitfiebern. Im Ziel kann das Publikum dann das Geschehen auf einer Großleinwand mitverfolgen. Die Live-Bilder werden auf dem letzten Streckenabschnitt ab km 40 über die Moräne bis ins Ziel übertragen.

Heinz Schild, der Initiant des großen Spektakels, hatte den Marathonlauf mit 1829 Höhenmetern einstmals so beschrieben: „Der Jungfrau-Marathon ist ein Marathon zum Genießen. Beinhart und trotzdem schön. Denn wo sonst in Europa wechseln Seen und Gletscher, stiebende Bäche und verträumte Alpen, saftige Matten und beeindruckende Felswände?“

 

von Wilfried Raatz

author: GRR