Dr. Dr. med. Lutz Aderhold- Hitzeerkrankungen (Hitzeschäden) und Laufsport ©privat
Aus aktuellem Anlaß – Hitzewelle in Deutschland: Hitzeerkrankungen (Hitzeschäden) und Laufsport – Dr. Dr. med. Lutz Aderhold
Bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit und Trainingszustand – auch in Kombination mit unzweckmäßiger Kleidung und Kreislaufinsuffizienz – kann die Wärmeproduktion zu einer bedrohlichen Wärmebelastung führen.
Aber auch gesunde und leistungsfähige Menschen sind bei langdauernden körperlichen Höchstleistungen wie dem Langstreckenlauf gefährdet (Aderhold und Weigelt 2012).
In warmer und feuchter Umgebung besteht schon unter Ruhebedingungen ein instabiles Gleichgewicht zwischen Wärmeproduktion und möglicher Wärmeabgabe. Bei diesen Verhältnissen bewirkt schon leichte körperliche Belastung einen Anstieg der Körperkerntemperatur.
Wichtig für die Temperaturregulation ist die Leistungsfähigkeit des Herz-Kreislauf-Sytems, das ein großes Blutvolumen durch das Gefäßsystem befördert, um viel Wärme abzugeben. Durch defekte oder insuffiziente Mechanismen der Wärmeabgabe entsteht ein Wärmestau mit ansteigender Körperkerntemperatur.
Kreislauferkrankungen und Flüssigkeitsverluste fördern Hitzeschäden am stärksten.
Eine besonders gefährliche Situation besteht bei hoher Luftfeuchtigkeit mit größerer Wärmebelastung und körperlicher Anstrengung.
Risikofaktoren für das Auftreten von Hitzeschäden sind:
– Ungenügender Trainingszustand,
– fehlende Hitzeanpassung,
– Übergewicht,
– Flüssigkeitsdefizit,
– Herz-Kreislauf-Erkrankung,
– Kindes- und Seniorenalter,
– Fieber,
– Alkoholeinfluss,
– Medikamente (Diuretika, Stimulanzien, Bluthochdruckmittel).
Frühwarnsymptome für einen Hitzeschaden sind nach Kleinmann (2009):
– Kopfschmerzen,
– Schläfenpochen,
– Schwindel,
– Benommenheit
– Bauchkrämpfe,
– Übelkeit,
– Kaltschweißigkeit.
Hitzeerkrankungen (Hitzeschäden) betreffen Störungen der lokalen oder systemischen Thermoregulation (Sonnenstich, Hitzschlag), die Folgen von schweißbedingten Defiziten im Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt (Hitzekrämpfe, Hitzeerschöpfung) sowie vasomotorische Funktionsstörungen mit Blutdruckabfall (Hitzeohnmacht) (Noakes 1998).
Hitzeohnmacht (Hitzesynkope)
Diese Form der Kreislauf-Dysregulation tritt vor allem bei nicht hitzeangepassten Menschen auf. Die Gefäßerweiterung der Körperschale zur Erhöhung der Wärmeabgabe wird nicht durch ausreichende Erhöhung des Herzzeitvolumens und einer Gefäßverengung im Eingeweidebereich kompensiert.
Zusätzlich kann es auch zu einer Pulsverminderung durch Erregung des vegetativen Nervensystems (Vagus) kommen. Darauf folgt eine Minderdurchblutung des Gehirns mit Benommenheit, Blässe, Schwächegefühl, Übelkeit und Bewusstlosigkeit. Beim Fall zu Boden kann es auch zu Verletzungen kommen.
Therapie
Durch Flachlagerung im Schatten mit erhöhten Beinen und externer Reiztherapie (kaltes Wasser) kommt es relativ schnell zur Erholung. Flüssigkeitsverluste müssen ausgeglichen werden.
Eine medikamentöse Behandlung ist nur selten erforderlich.
Sonnenstich
Ein Sonnenstich ist die Folge längerer Sonneneinstrahlung des unbedeckten Kopfes, zusätzlich kann ein Wärmestau bestehen. Es bestehen ein hochroter, heißer Kopf, Unruhe, Übelkeit, Schwindel, Erbrechen, Nacken- bzw. Kopfschmerzen, Kreislaufstörung und Benommenheit.
In schweren Fällen kann es zu Krämpfen und Bewusstlosigkeit kommen.
Therapie
Als Therapie erfolgt Flachlagerung in kühler Umgebung, Kühlung des Kopfes mit feuchten Tüchern. Bei Krämpfen und Bewusstlosigkeit ist eine ärztliche Behandlung erforderlich.
Hitzekrämpfe
Bei maximaler Schweißproduktion in heißer Umgebung scheiden die Schweißdrüsen beträchtliche Kochsalzmengen aus. Wird der Flüssigkeitsverlust nur durch Wasser gedeckt kann es durch die Hyponatriämie zu schmerzhaften Krämpfen der Arbeitsmuskulatur kommen.
Therapie
Kochsalzreiche Getränke oder Infusionslösungen müssen zugeführt werden. Hitzekrämpfe und Sonnenstich können auch in Ruhe vorkommen und werden daher nicht mehr zu den belastungsbedingten Hitzeerkrankungen im Sport gerechnet.
Hitzeerschöpfung
Die Hitzeerschöpfung ist durch die Kombination von Hyperthermie und Dehydration eine Notfallsituation, die in einen Hitzschlag übergehen kann. Betroffen sind in der Regel nicht hitzeangepasste Menschen. Die Symptomatik kann durch zusätzliche Flüssigkeitsverluste infolge Erbrechen oder Durchfall verstärkt werden.
Ursache kann ein starker Wasser- und Elektrolytverlust bei sportlicher Belastung mit Anstieg der Körperkerntemperatur bis 41 Grad Celsius sein.
Die Symptome reichen von
– allgemeiner körperlicher Erschöpfung,
– Kreislaufzentralisation mit Blutdruckabfall,
– Durst und Müdigkeit,
– Kopfschmerzen,
– motorische Unruhe,
– Muskelschmerzen und -krämpfe,
– bis zur Desorientierung und Bewusstseinstrübung.
Therapie
Die Behandlung erfolgt mit Flachlagerung in kühler Umgebung, äußerer Kühlung, oraler Zufuhr oder Infusion von Elektrolytlösungen, Arztkonsultation oder Klinikeinweisung.
Hitzschlag
Der Hitzschlag ist die schwerste Form der Hitzeerkrankung. Betroffen sind vor allem gesunde, leistungsfähige, nichthitzeadaptierte Menschen jeden Alters bei langdauernder körperlicher Anstrengung in heißer oder feuchtwarmer Umgebung.
Die Hitzebelastung entsteht besonders durch die endogene Wärmeproduktion, die Wärmeabgabe ist durch unzweckmäßige Kleidung oder Klimabedingungen behindert.
Quasi „aus heiterem Himmel“ können
– Desorientierung,
– Bewusstseinstrübung,
– Bewusstlosigkeit oder
– Koma auftreten.
Es können auch Urin- und Stuhlabgang, Übelkeit, Erbrechen, Atemstörungen, Kreislaufstörungen, Schock und Krämpfe hinzukommen. Der Flüssigkeitsmangel ist nicht so stark ausgeprägt, die Schweißproduktion ist beeinträchtigt.
Es liegt eine lebensbedrohliche Erhöhung der Körperkerntemperatur über 41 Grad Celsius vor.
Therapie
Die wichtigsten Maßnahmen neben der Sicherung der Vitalfunktionen sind die äußere Kühlung z.B. durch kaltes Wasser und der Flüssigkeitsersatz. Auf jeden Fall ist ärztliche Behandlung (Notarzt) und eine Klinikeinweisung erforderlich.
In der warmen Jahreszeit sind bei langdauernden Belastungen die richtige Kleidung, eine angepasste Flüssigkeitsaufnahme und die äußere Kühlung von großer Bedeutung.
Weitere Informationen finden Sie auf dieser GRR-Homepage in dem Beitrag:
„Temperaturmanagement zur Vor- und Nachbereitung im Langstreckenlauf“.
Dr. Dr. med. Lutz Aderhold
Literatur:
Aderhold L, Weigelt S. Laufen! … durchstarten und dabeibleiben – vom Einsteiger bis zum Ultraläufer. Stuttgart: Schattauer 2012.
Kleinmann D. Laufnebenwirkungen. Vom Ermüdungsbruch zum plötzlichen Herztod: Was können Sie dagegen tun? Köln: Deutscher Ärzte-Verlag 2009.
Noakes TD. Fluid and electrolyte disturbences in heat illness. Int J Sports Med 1998; 19: 146-9.
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