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2018

Foto: Gudrun Götze mit dem Para-Schwimmer Malte Braunschweig und den Maskottchen von Hertha und den Eisbären - Foto: LSB Berlin

„Auf den Punkt Leistung erbringen” – Schul- und Leistungssportzentrum Berlin feiert 50. Geburtstag

By GRR 0

Leiterin Gudrun Götze: Sportler sollen ausreichend Zeit für Sport haben.

„Die erfolgreichste und größte Eliteschule des Sports in Deutschland wird 50” – stand auf der Einladung zur Geburtstagsfeier. Warum „erfolgreichste”, warum „größte”?

Wir sind mit 1.200 Schülern die größte Eliteschule des Sports in Deutschland. Unsere Schülerinnen und Schüler haben bei Olympischen Spielen bisher die meisten Medaillen gewonnen. Von 1968 bis 2016 sind es insgesamt 51 Goldmedaillen, 73 Silbermedaillen und 57 Bronzemedaillen. An dieser Erfolgsbilanz haben natürlich die Vorgänger dieser Schule ihren Anteil.

Welche Schulen waren das?

Die Kinder- und Jugendsportschulen „Werner Seelenbinder”, „Heinrich Rau” und „Ernst Grube”. Die beiden erstgenannten Schulen fusionierten nach 1990 zur sportbetonten Werner-Seelenbinder-Gesamtschule. Aus der dritten Schule ging das Coubertin-Gymnasium hervor. Beide Schulen fusionierten 2007 zum Schul- und Leistungssportzentrum.

Wer sind die erfolgreichsten Sportler, die diese Schule besucht haben?

Die Olympiasieger Robert und Christoph Harting. Außerdem Bogenschützin Lisa Unruh. Sie gewann Silber 2016 in Rio. Die Handballer Fabian Wiede und Paul Drux holten Olympia-Bronze. Ebenso Wasserspringer  Patrick Hausding. Auch Franziska van Almsick war mal an unserer Schule. Sie hat zwar nie eine Goldmedaille bei Olympischen Spielen gewonnen hat. Sie war aber dennoch sehr erfolgreich.

Warum ist diese Schule so erfolgreich?

Wir arbeiten mit dem Land Berlin und unseren Partnern – Landessportbund und Olympiastützpunkt Berlin – sehr gut zusammen. Wir planen den Unterricht um die Trainingseinheiten der Schüler herum. Wenn ein Sportler besonders erfolgreich ist, gibt es weitere Fördermöglichkeiten, zum Beispiel eine Schulzeit-Streckung – wie die Verlängerung der Klassen 9 und 10 auf drei Jahre. Die Abiturienten absolvieren die gymnasiale Oberstufe in drei statt in zwei Jahren, so dass Zeit zum Trainieren da ist.

Warum ist diese Förderung des Leistungssport wichtig für die Gesellschaft?

Der Sport hat eine ganz wichtige gesellschaftliche Funktion. Der Sport bringt Menschen zueinander – egal welchen Alters, welcher ethnischen Zugehörigkeit oder welcher sozialen Schicht man angehört. Die sportlichen Erfolge unserer Leistungssportler machen etwas mit den Menschen im Land, lassen sie stolz sein auf das, was erreicht wurde. Wir sehen die Begeisterung bei der Fußballweltmeisterschaft, bei den Olympischen Spielen. Die Menschen fiebern mit. Sie wollen, dass ihr Land erfolgreich ist. Leistungssportler können eine nationale Identität möglich machen. Das ist wichtig und verbindet die Menschen.

Was unterscheidet die Schüler der Eliteschüler des Sports von anderen Schülern?

Der Sport macht ganz viel mit ihnen. Sie müssen lernen, sich zu organisieren. Sie können sich im Wettkampf auf den Punkt fokussieren, um eine Leistung zu erbringen. Genau das brauchen sie später auch in ihrem beruflichen Leben. Leistungen abrufen können, wenn sie benötigt werden. Dadurch sind Leistungssportler auch Vorbilder in der Gesellschaft.

Inwiefern beschäftigen sich die Schüler mit dem Anti-Doping-Thema?

Gemeinsam mit dem LSB veranstalten wir jedes Jahr mit den achten Klassen eine Informationsveranstaltung. Am selben Tag findet abends eine weitere Informationsveranstaltung mit den Eltern statt, wo ihnen erklärt wird, wie eine Doping-Kontrolle abläuft, warum das wichtig ist, was beachtet werden muss, um nicht in etwas hineinzugeraten, was man nicht will.

Eine Veranstaltung reicht nicht?

Nein. Aber die Schüler werden bei dieser Veranstaltung an das Thema herangeführt. Sie werden immer wieder mit dem Thema konfrontiert, zum Beispiel wenn die NADA zu unangemeldeten Doping-Kontrollen an die Schule kommt. Die Schüler werden dann aus der Klausur oder aus dem Unterricht geholt. Das ist nicht unüblich. Darauf bereiten wir die Schüler vor.

Wie lange sind Sie schon an der Schule?

Ich habe 1987 an der Schule  als Lehrerin für Englisch und Deutsch angefangen. Seit 2016 bin ich Schulleiterin.

Was ist Ihre Lieblingssportart?

Das möchte ich nicht sagen. Ich finde den Mix unserer Sportarten toll. Mir sind die Wintersportarten genauso lieb wie die Sommersportarten. Es gibt Sportarten, die erzieherisch eine besondere Herausforderung sind. Aber solche Probleme können sich im Mix mit anderen Sportarten auflösen. In den Kampfsportarten sind die Jungen in der Pubertät anders unterwegs als die ganz lieben Eiskunstlaufmädchen. Beide ergänzen sich aber gut.

Worauf sind Sie besonders stolz?

Das vergangene Schuljahr habe ich mit viel Zufriedenheit beendet. Wir haben ein schulinternes Curriculum aufgestellt, was die Besonderheiten der leistungssportlichen Ausbildung berücksichtigt. Die Unterrichtsplanungen sollen noch effektiver sein, damit das Lernen vor Ort stattfinden kann. Damit können wir unseren Sportlern helfen, damit sie ausreichend Zeit für ihren Sport und auch den Kopf frei haben, wenn sie sportliche Höchstleistungen erzielen sollen. Wir haben unsere Schule weiter verschönert, eine zweite Mensa eingerichtet. Es gibt einen Oberstufenraum und für die Lehrer einen Rückzugsort. Wir haben Entspannungstraining etabliert. Es gibt Angebote in der gesunden Ernährung, einen Kocholymp. Einmal in der Woche können Schüler in der Mittagspause selbst kochen. Wir haben eine Kunstgalerie eröffnet.

Das SLZB beginnt im neuen Schuljahr 2018/19 parallel zur gymnasialen Oberstufe einen vollzeitschulischen Berufsausbildungsgang „Sport- und Fitnesskaufmann/-frau“, um die duale Karriere aller Sportler und Sportlerinnen zu ermöglichen.     

Interview: Angela Baufeld in SPORT IN BERLIN – September/Oktober 2018

 

author: GRR