
„Modell der Komplexität der Bedingungsfaktoren (Auswahl) der speziellen Ausdauer“ - Verfasser
Anmerkungen zu Pöhlitz‘ Beitrag „Wenn auf der Zielgerade die Sekunden verrinnen – Für die letzte Runde den Sieg vorbereiten“ – Dr. Wolfgang Blödorn*
Lothar Pöhlitz weist in seinem Beitrag zu Recht auf Probleme und Schwächen der deutschen Läuferinnen und Läufer hin. Die Gründe hierfür sind vielfältig und können nicht von heute auf morgen behoben werden.
Es scheint ein mittel- und langfristiger Wechsel im Denken, in der Trainingsphilosophie der Trainer in Deutschland zu bedürfen.
Was ist eigentlich spezielle Ausdauer?
Pöhlitz spricht in dem Artikel davon, dass man früher gesagt hätte, die spezielle Ausdauer reiche nicht aus. Aber was ist eigentlich spezielle Ausdauer?
Kann sie definiert werden?
Die Terminologie in der Trainingswissenschaft scheint ein Problem zu sein, der Fortschritte in der Erkenntnis, was zum sportlichen Erfolg notwendig zu sein scheint, behindert. Dieses Problem wurde von Sabine Wedekind mit ihrem Buch „Trainingswissenschaftliche Grundlagen – Zur Terminologie konditioneller Leistungskomponenten“ aus dem Jahr 1984 angegangen. Auch Dietrich Kayser und Jürgen Schiffer beschäftigten sich in dem 1991 veröffentlichen Buch „Terminologie-Projekt der IAF“ mit dem Problem, was unter den verschiedenen konditionellen Begriffen der Trainingslehre verstanden werden kann. Es gehört zu den Alltagsweisheiten, dass man nur in gleicher Sprache verständlich sinnvoll kommunizieren kann, um Feinheiten zu erkennen und Differenzierungen zu ermöglichen.
Die Begriffe Kraft, Lauftechnik und Schrittfrequenz reichen nicht aus, um spezielle Ausdauer zu definieren
Für Pöhlitz scheinen Kraft, Lauftechnik und Schrittfrequenz die spezielle Ausdauer auszumachen. Sie entscheiden über Siege. Dies ist richtig, erscheint mir aber nicht ausreichend genug, um den terminologischen Begriff der speziellen Ausdauer definieren zu können.
Die folgende Abbildung „Modell der Komplexität der Bedingungsfaktoren (Auswahl) der speziellen Ausdauer“ zeigt ein Verständnis der Komplexität von spezieller Ausdauer.
Der Begriff der speziellen Ausdauer ist ein terminologischer Oberbegriff
Die Abbildung verdeutlicht: Spezielle Ausdauer ist kein Unterbegriff von Ausdauerformen oder -erscheinungen, sondern ein Gegenbegriff zur allgemeinen Ausdauer. Spezielle Ausdauer ist ein Oberbegriff für z.B. Begriffe wie Schnelligkeitsausdauer, Tempohärte, Spurtschnelligkeit usw. Spezielle Ausdauer ist als eine komplexe konditionelle Eigenschaft, Fähigkeit zu verstehen.
Mit diesem Verständnis von spezieller Ausdauer können Leistungserwartungen berechnet werden
Versteht man spezielle Ausdauer auf diese Weise, kann sie sogar berechnet werden. Dies belegen die Autoren Blödorn und Döring u.a. in einem jüngst international hoch anerkannten Wissenschaftsjournal, SPRINGER NATURE (Special endurance coefficients enable the evaluation of running performance, Scientific Reports | (2025) 15:20184), erschienen Beitrag.
Auf diese Weise verstanden ermöglichen die Koeffizienten der speziellen Ausdauer (KsA-Werte) Aussagen zur Talentförderung, Talententwicklung und Leistungsdiagnose. KsA-Werte sind somit zentrale Daten für eine zielgerichteten Auswahl und Förderung von Läufern.
Dr. Wolfgang Blödorn
*Dr. Wolfgang Blödorn ist promovierter Sportwissenschaftler, ehemaliger Bundestützpunktleiter und -trainer, Landestrainer in verschiedenen Landesverbänden, Trainer von Erdteil- und deutschen Rekordlern
DLV-Team holt Bronze bei der Team EM 2025 in Madrid – Von Dr. Wolfgang Blödorn
800 m der DLV-Männer auf der Straße zur WM in Tokio 2025 – Dr. Wolfgang Blödorn
.