
Auf der Zielgeraden - Foto: Theo Kiefner
Wenn auf der Zielgerade die Sekunden verrinnen – Für die letzte Runde den Sieg vorbereiten © Lothar Pöhlitz*
Die Video-Übertragungen von den wichtigen Sommer-Events machen es immer wieder deutlich das auf der Zielgeraden die mögliche Bestzeit, der Sieg oder Rekord verlorengehen, weil auf den letzten Metern, früher hat man gesagt, die spezielle Ausdauer nicht ausreicht.
Die Schritte werden kürzer, die Arme arbeiten quer und der Oberkörper bleibt nicht mehr über dem Unterbau in optimaler Vorlage vorwärts.
Ein optimales, situationsabhängiges Verhältnis von Schrittlänge und Schrittfrequenz bis ins Ziel wird von der angestrebten Geschwindigkeit, von der Wettkampfsituation, von der Körperposition und Konstitution (Körpergröße und Beinlänge), der Kraft im Zentrum, von der Beweglichkeit im Fuß-, Knie- und Hüftgelenk und von der individuellen speziel-len Ausdauer (Ermüdungsgrad) bestimmt.
Tritt in Endphasen von Wettkämpfen ermüdungsbedingt einSchrittlängen- und Geschwindigkeitsverlust ein, stabilisieren, bzw. erhöhen die Weltbesten durch Schrittfrequenzerhöhungen mit Armunterstützung die Geschwindigkeit in langen (300-500m) aber auch kürzeren (120-80m) Endspurtphasen auf der zweiten oder dritten Bahn. Das zu können erfordert es trainiert zu haben.
Spitzenathleten beherrschen in Wettkämpfen sowohl „ihre optimale Schrittlänge“als auch die Möglichkeit in unterschiedlich langen Phasen ihre variablen Technik-möglichkeiten zu nutzen und in Endphasen die Schrittfrequenz spürbar zu erhöhen. Wer zu Beginn der letzten Runde im Wettkampf noch „bei den Leuten ist“ im Ziel aber zu den Verlierern gehört, muß sein Training dafür „ergänzen“.
Aufgabe nicht nur des Jugendtrainings ist es, auch diese leistungsbestimmenden Fähigkeiten ganzjährig auszubilden. Ein Geschwindigkeitsanstieg im Spurt wird durch eine bewusste Schrittfrequenzerhöhung bei möglichst geringer Abnahme der mittleren Schrittlänge erreicht. Die Ausprägung dieser Fähigkeit erfordert ein oftmaliges bewusstes „erleben, üben, Spurttraining“ aus unterschiedlichen mittleren Wett-kampfgeschwindigkeiten (im Mittel- oder Langstreckentempo) bei kurzen, mittleren und langen Endbeschleunigungen (Geschwindigkeitsüberhöhungen), auch unter Ermüdung.
Mittel- und kurze Langstreckler versäumen offensichtlich, nicht nur dafür, auch ihre Kniehub-Muskulatur zu entwickeln, sodaß sie sie später zum schnellen Laufen nutzen können.
1500 m Läufer -Foto: Horst Milde
Siege oder sehr gute Platzierungen werden im modernen Mittel- und Langstreckenlauf von einer möglichst optimalen Gestaltung der letzten Runde bestimmt. Natürlich muss man zu Beginn der Endphasen erst einmal dort sein, wo die Musik spielt, wenn man eine Siegchance haben will. Dafür sind das Niveau der disziplinspezifischen Ausdauer und die Laufökonomie zuständig.
Darüber hinaus wird der Erfolg von den erarbeiteten spezifischen Kraftfähig-keiten, der mentalen Stärke, der Schnelligkeit, der Beweglichkeit im Hüft-, Knie- und Fußgelenk und der Lauftechnik bestimmt. Besonders Letztere ist für eine optimale Ausschöpfung der individuellen Leistungsfähigkeit in Wettkämpfen von größerer Bedeutung Vieler in der Praxis möglich ist.
Immer wieder verdeutlichten die Weltbesten ´eine vorbildhafte Gestaltung der letzten Runden bzw. Endphasen durch eine deutlich sichtbare Schrittfrequenz-erhöhung. Wer nicht darauf vorbereitet ist das im Weltniveau viele Rennen über 800 – 10000 m schnell beginnen (Überhöhung gegenüber dem durchschnittlichen Renn-tempo) hat Übungsbedarf.
Kraft, Lauftechnik und Schrittfrequenz entscheiden über Siege
Wettkampfergebnisse werden besser, wenn Grundlagenausdauer, disziplin-spezifische Ausdauer, die spezifischen Kraftvoraussetzungen und die Lauftechnik optimal aufeinander abgestimmt, dies zulassen. Die Weltspitze führt uns vor dass eine variable Schrittgestaltung ein wesentliches Instrument zur Umsetzung der kon-ditionellen Fähigkeiten in Siege oder sehr gute Platzierungen bei sportlichen Höhe-punkten ist.
Man hat das Gefühl, dass die Großen bei taktisch geführten langsamen Rennen ganz entspannt und locker wie bei einem Dauerlauf so dahinrollen, dass bei mittlerer Geschwindigkeit eine individuell optimale Schrittlänge die beste Laufökonomie sichert und das in den Endphasen, vor allem innerhalb der letzten Runde(n) eine plötzlich veränderte Schrittgestaltung zunächst in Richtung Abdruckverstärkung, später aber durch Schrittfrequenzerhöhung zum Vorsprung gegenüber den Gegnern und zu Siegen führt.
Schrittlänge im Mittelabschnitt – höhere Schrittfrequenz in den Endphasen
Wichtige Kriterien für eine gute Lauftechnik sind die Dauer der Stützphasen und geringe Bremskräfte im Vorderstütz. Ein Fußaufsatz zu weit vor dem Körper-schwerpunkt verlängert die Stützzeiten, so dass davon auszugehen ist, dass eine höhere mittlere Wettkampfgeschwindigkeit durch eine aktive Arbeit zur Sicherung optimaler, möglichst kurzer Stützzeiten ökonomischer wird. Dafür kommt der Entwicklung der Kraft der ischiocruralen Muskulatur für die Knie- und Fußstreckkraft (Oberschenkelvorderseite, Oberschenkelrückseite) eine besondere Bedeutung zu.
Ein spezifisches Kraft- und Beweglichkeitstraining ist als Voraussetzung zur Verbess-erung der Lauftechnik, sowie seiner variablen Möglichkeiten, komplex auf die Fuß-, Knie- und Hüftgelenksstreckung zu orientieren, ohne dabei auf die aktiv – unterstützende Wirkung einer auch intensiv – variablen Armarbeit zu verzichten. Die Praxis lehrt, dass eine zuerst höhere Geschwindigkeit in der Armarbeit sich direkt auf eine leichtere Geschwindigkeitserhöhung der Beine übertragen lässt.
Es sind Kraftprogramme auszuwählen, die sowohl auf die Entwicklung der Muskulatur der Oberschenkelrückseite als auch der Oberschenkelvorderseite, aber auch auf die mögliche Erhöhung der Geschwindigkeit der Armarbeit zielen.
Als besondere Ausbildungsschwerpunkte sind dabei die ischiocrurale Muskulatur und der Bewegungsbereich anzusehen, der das schnelle, aktive arbeiten der Beine vom Moment des vorderen Aufsetzens bis zum aktiven hinteren Abdruck bewirkt.
Lothar Pöhlitz
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© Lothar Pöhlitz – Dipl.- Sportlehrer für Leistungssport / Sportwissenschaftler / Trainer, Cheftrainer SC Chemie Halle / Nachwuchs-Verbandstrainer / 1971 – 1979 Leiter des Wissenschaftlichen Zentrums für Lauf – Trainingsmethodik der DDR / 1979 – 1985 Sprinttrainer TSV Bayer 04 / 1980-1998 DLV-Bundestrainer Mittelstrecke – Langstrecke – Marathon / 3 x Olympiatrainer für Deutschland – 1984 in Los Angeles, 1988 in Seoul und 1996 in Atlanta.
Nun fehlen dem Robert nur noch 4,8 Sekunden… Lothar Pöhlitz*
Frederik Ruppert – nun Hindernis-Vorbild mit 8:01,49 – Von Lothar Pöhlitz*