Hans Grodotzki bei einem Wettkampf im Leipziger Zentralstdion - Foto: Archiv Klaus Weidt
Als Grodotzki sich bei Zatopek entschuldigte… war der Potsdamer der tschechischen Lauflegende nur um eine Sekunde unterlegen – Klaus Weidt fand diese bemerkenswerte Geschichte
Beide verband seitdem eine gute Freundschaft.
Emil Zatopek ist tatsächlich eine Legende. Viele bezeichneten ihn als „Athlet der Athleten“. Und das zu Recht. Der Mann aus Prag stellte 18 Weltrekorde im Laufbereich auf, nahm an drei Olympischen Spielen teil, bei denen er vier Goldmedaillen und einmal „Silber“ eroberte.
Unvergessen und einmalig sein Dreifachsieg bei Olympia 1952 in Helsinki. Da trat er über 5000 m, 10 000 m und auch noch auf der Marathonstrecke an und – gewann überall!
Für den deutschen Langstreckler Hans Grodotzki war er ein nachahmenswertes Vorbild. Der Potsdamer hat nie vergessen, dass er einmal in seinem Leben mit Zatopek in einem Wettkampf stand. Das war Mitte der 50er Jahre in der mährischen Bergarbeiterstadt Ostrava. „Man kann sich vielleicht vorstellen“, so erinnert sich Grodotzki, „wie mir am Start der 3000 m zumute war.“ Sein Klubkamerad Fritz Janke hatte ihm Mut gemacht: „Du schlägst ihn heute, das hast du drin…“
Eins stand damals fest: Emil Zatopek sah damals dem Ende seiner Laufbahn entgegen, Hans Grodotzki war der aufsteigende Stern.
Nervosität und Gedränge beherrschten die Szenerie am Start in Ostrava. Der Langlaufneuling vom ASK Potsdam erwischte einen schlechten Startplatz. „Emil muss mein ärgerliches Gesicht gesehen haben, er stand plötzlich neben mir und bot mir an, seinen Platz in der ersten Reihe mit meinem zu tauschen.“ Ich nahm das gern an, dann ging das Rennen los. Grodotzki hielt sich gut auf der Bahn inmitten der vielen tausend Zuschauer, die ihr Idol frenetisch und rhytmisch anfeuerten: „Za-to-pek, Za-to-pek!“
Hans Grodotzki und Emil Zatopek, damals Armeeangehörige, bei einem Armeecross-Finale 1967 am Potsdamer Ruinenberg – Foto: Archiv Klaus Weidt
Als es auf die letzten 300 Meter ging, verschärfte der Außenseiter sein Tempo, um den Favoriten zu überholen. „Ich war dabei so aufgeregt, und in meinem Übereifer passierte es, dass ich Emil etwas behinderte.“ Die Zuschauer reagierten empört, schrien und pfiffen zum Teil. Zatopek aber nahm noch einmal alle Energie zusammen und siegte vor dem Herausforderer mit einer Sekunde Vorsprung.
„Ich war damals wegen meiner Unachtsamkeit richtig deprimiert und hätte mich am liebsten verkrochen.“ Doch da legte einer den Arm um seine Schulter. Das war Emil Zatopek, der ihn zu trösten versuchte: „Ärgere dich nicht, du bist noch sehr jung und wirst alles noch lernen.“ So begann mit dem 3000-m-Lauf in Ostrava eine lebenslange Freundschaft zwischen den beiden.
Der vierfache Olympiasieger sprach mit Olympianeuling z.B. vor den Spielen in Rom 1960, wo dieser dann Silbermedaillen über 5000 und 10 000 Meter eroberte. Und er erfuhr, dass sein Freund Grodotzki am Silvesterlauf in Sao Paulo teilnehmen wird, schrieb er ihm einen Brief und gab aus eigenem brasilianischen Erleben Ratschläge, die wohl ein wenig mithalfen, dass dieser dann in dem turbulenten Laufgewühl Zweiter wurde. Unter anderem diesen Tipp: „So schnell wie möglich im Sprinttempo an die Spitze, sonst ist alles verloren!“
„Die Begegnungen mit Emil Zatopek“, so der heute 85jährige Hans Grodotzki, „waren stets Erlebnisse, die ich nicht vergessen werde.“ Vor 20 Jahren verstarb der Ausnahmeathlet aus Prag im 78. Lebensjahr.
Klaus Weidt