Ein Vorbild mit einem programmierten Kopf - Foto: M. Schneider
Alles was Du bist haben Dein Kopf und Dein Trainer gewollt – Lothar Pöhlitz in Leichtathletik Coaching-Academy
© Lothar Pöhlitz – 12. November 2018 – Deutschland und sein Hochleistungssport außerhalb des Profi-Fußballs erfordern eine Zäsur, nicht nur im DOSB oder in den Verbänden, auch die Regierung muß sich zu einer wieder veränderten positiven Leistungsdarstellung im Sport in der Welt bekennen.
Zu einer Spitzenreform braucht man Jahre, für 2020 ist es inzwischen zu spät. Eine Riesen-Herausforderung bleibt den Athleten und ihren Trainern. Schwarz-Rot-Gold wieder ganz oben wäre ein Traum.
Grundlage dafür wären Profi-Trainings-bedingungen und mehr Geld für eine Neuorganisation eines professionellen Hochleistungssports, es fehlt an allen Ecken und Enden. Für die Zukunft vor allem auch im Kinder- und Nachwuchsleistungssport.
Für Welt-Spitzenleistungen müssten Profis in den Laufdisziplinen 25-30 Stunden / Woche trainieren, brauchten 4-5 Stunden sportmedizinisch-physiotherapeutische Begleitung und 3-5 x 3-5 Wochen Höhentraining, nicht nur Gesa Krause. Der Weg des absteigenden Astes seit 1992 konnte noch nicht gestoppt, viel weniger umgekehrt werden. Derzeit verfügt der DLV nicht über die dafür notwendigen „Hochbegabten“ für die 47 olympischen Disziplinen, einer für sie notwendigen Ausbildungsstruktur und auch nicht über das hauptamtliche Fach-Personal um eines Tages wieder bei Olympischen Spielen wie früher Deutschland konkurrenzfähig zu sein. Auch die Versäumnisse in der Trainerausbildung für den Hochleistungssport sind gegenwärtig offensichtlich.
Wer 2020 nach Tokyo und vielleicht dort ins Finale will muss es wollen, besser trainieren als bisher. Das schadet auch für später nicht.
Dafür sollen an dieser Stelle einige Erfahrungen angeboten werden, auch für Läufer, die sich unter ihren bisherigen Bedingungen alle Mühe gegeben haben und denen derzeit keine großen Siegerkränze winken. Vor allem auch für die, die nicht in die Kader aufgenommen wurden. Alle sollten ihre zweite Chance nutzen. Wenn man will und sich neu organisiert geht mehr, viel mehr.
Normalerweise werden Läufer auch im Hochleistungstraining (HLT) mit immer wieder neuen Ideen, Inhalten, Trainingsprogrammen, Pausen, anderen Kraftübungen oder auch anderen trainingsmethodischen Wegen konfrontiert, wenn sie einen Profi – Trainer haben und die notwendige Zeit zur Lösung all dieser Aufgaben. „Besser zu trainieren als bisher“ ist der einzig gangbare Weg. Aber nur wenn jeder Einzelne es ab sofort richtig will geht es voran. Die Zeit ist kurz. Nicht so selten passt es aber auch mal nicht, wenn der Unterschied zwischen Siegern und Verlierern nicht in den unterschiedlichen physiologischen Parametern (wie z.B. der V02max oder dem Kraftpotential) sondern im fehlenden Selbstvertrauen, Glauben, Einstellungen, in der Härte gegen sich selbst, in fehlenden Überzeugungen, kurz in ihrer Psyche liegt.
Für Spitzenleistungen sind gute Gene natürlich für Siege wichtig, aber nur wenn man nutzt was man hat.
„Das Gehirn – nicht der Körper bestimmt wie schnell, wie lange und wie hart Menschen trainieren können. Erschöpfung kommt weniger aus der ermüdeten Muskulatur, sondern vor allem aus dem Gehirn“. (Tim Noakes RSA)
Alles was Du bist hat Dein Kopf gewollt – deshalb bringen nicht die materiellen Bedingungen die sehr guten Ergebnisse, sondern vor allem die von Dir für das notwendig harte Training eingesetzte Zeit.
Mehr üben ist die Voraussetzung für bessere Leistungen und zwar in jedem Alter. Die Trainingspraxis zeigt das oft Ausreden in diesem Zusammenhang sie zu Verlierern im Vergleich zu ihren Möglichkeiten macht. Wer mehr Erfolge will, muss besser trainieren als bisher.
Die Erfahrung lehrt aber auch, dass auch große Sieger einst Verlierer waren, die die richtigen Konsequenzen aus ihrem damaligen Training gezogen haben.
Perfektion erfordert sich täglich richtig anzustrengen, die Weltbesten trainieren 2-3x täglich und haben dazwischen auch noch Zeit zur Erholung. Die Afrikaner trainieren sogar morgens zwischen 5-6 Uhr.
Die Qualität der Bewegungen aller Trainingsübungen – keine ist umsonst – ist ein entscheidendes Kriterium für den Leistungsfortschritt. Oberflächlichkeit und Bequemlichkeit sind die Feinde jeden Fortschritts.
Talente und Trainer müssen gleich ehrgeizig sein und „es“ wollen
Auch darüber muss man mal reden, wenn nach einer jahrelangen Zusammenarbeit die „Reibungen“ weniger werden, die Abwechslung fehlt, die Ablenkungen mehr zählen als das Training. Man weiß, dass auch Trainer müde werden und die Leistungen stagnieren, auch weil für die Amateure die „Anreize“ fehlen. Ab dem Augenblick wo „Nebenbei-Trainer“ zum Training kommen, nur um „zu trainieren“ anstatt jeden seiner Läufer besser machen zu wollen, haben sie ihre Kompetenz verloren. Dann sollten die Athleten nicht zögern zu einem „Ehrgeizigen“, am besten in eine starke Gruppe zu wechseln, auch wenn der Anspruch an Training und Wettkämpfe für sie dann wieder „härter“ wird. Oder der jeweilige Landesverband sorgt sich auch einmal um „Trainerbedingungen wie es sie früher einmal gab“.
Auch Partnertraining hilft – Foto: Schneider
Im Gruppen- oder Partnertraining bekommt man das Feedback sofort – in guten und in schlechten Tagen. Allein gelingt der Aufstieg in die internationale Spitze nur in Ausnahmen. Der stärkere Partner zeigt Dir schnell Deine Schwachstellen auf, schwächere Partner ohne Ehrgeiz und mit wenig Selbstbewusstsein helfen nicht voran, fordern zu wenig. Besonders wichtig ist die Trainingsunterstützung zur Erreichung der notwendigen Trainingsqualität im wettkampfspezifischen Training in allen Bahndisziplinen und bei Marathonspezifischen Läufen zwischen 35-40 km im Marathontraining.
Die sich mit Intelligenz durchsetzende Persönlichkeit löst am besten die komplexen Herausforderungen, organisiert Freiräume, sucht die Partnerschaft mit Besseren und motiviert sich immer wieder auf den schweren Wegen zu Medaillen oder besser Siegen beispielsweise bei einer WM oder Olympischen Spielen
Willensstarke Motivationskünstler haben mehr Chancen
Nicht so selten müssen an der Schwelle zum Beruf oder, mit weniger Trainings-Zeit durch die notwendige duale Karriere, durch geringere Trainings-Qualität Leistungs-verluste hingenommen werden. Es müsste die Athleten besser motivieren als zu resignieren, wenn man es nicht in den Kader geschafft hat, die Hilfen in Richtung 12 TE/Woche wären sowieso nicht zu erwarten. Vielleicht reichen auch 10 TE, wenn die anteilige Qualität stimmt. Bedenke dabei aber: weniger Fortschritte durch immer weniger Bewegungen, durch fehlende Stunden im Kraftraum und weniger Physio-Besuche führen zu mehr Verletzungen, führen zu Resignation bis vielleicht sogar eines Tages die Seniorenmeisterschaften wieder für neuen Auftrieb sorgen.
Wenn Bestleistungen ausbleiben – sogar Leistungsverluste – Stagnation oder Probleme auftreten muss man die Gewohnheiten wechseln
Damit Leistungstraining wirkt ist nicht nur die Versorgung mit Nährstoffen vor und nach dem Training besonders wichtig, das gilt auch wenn man nicht im Kader ist. Auch nachlassendes Engagement des Trainers, ausbleibende Motivation durch das Umfeld oder fehlende neue Inhalte können Ursachen für nur Mittelmaß sein.
Vorausschicken will ich noch: Wettkampferfahrung fürs Weltniveau sammelt man nur in Rennen gegen die aus dem Weltniveau. Um aber in diese Rennen zu kommen braucht man einen Manager „mit Beziehungen“, auch wenn der Geld kostet.
Mit einigen Ideen, die natürlich auch die Trainer tangieren, soll diesen Betroffenen neuen Auftrieb gegeben, das eigene Schwungrad wieder beschleunigt werden. Sie werden notwendig, wenn plötzlich Siege oder gewohnt gute Platzierungen ausbleiben. Alina und Konstanze haben nach ihren Verletzungen bewiesen was geht, wenn man es richtig will. Da ist es nicht immer leicht auch einmal zuzugeben, dass es nicht in erster Linie am guten Willen des Athleten liegt. Motivationskünstler haben im Leistungssport die besten Chancen. Auch die Trainer haben einmal „müde Phasen“. Jetzt ist Zeit sich zusammenzusetzen, am besten auf neutralen Boden und die Probleme auf den Tisch, dabei ist es unbedeutend wer den Anstoß gibt.
Dein wollen ist die Voraussetzung für größere Schritte weiter nach oben
Trainingsmethodische Veränderungen, mehr komplexes Training erfordern zuerst eine neue Zeit-Organisation an Tagen, Wochen oder Monaten, am besten eine neue Jahres- und Trainingslagerplanung mit konkreten Konsequenzen auf beiden Seiten. Urlaube oder Feiertage sollten „Hochbelastungszeiten“ sein. Nach dem Prinzip: Ist man nicht zufrieden muß man etwas verändern. Eine neue Struktur ins eigene Leben zu bringen hilft meistens, wenn Siege oder gewohnt gute Platzierungen ausgeblieben sind. Da ist es nicht immer leicht auch mal zuzugeben, dass der „kleine Schweinehund“ nicht zu besiegen war oder der Trainer den guten Willen des Athleten zu wenig herausgekitzelt hat.
„Wenn man etwas Außerordentliches leisten will, muss man etwas Außerordentliches hineinstecken, wenn man aber mehr will, muss man noch mehr tun. Vielleicht werden sie dann Weltspitze“. (Rasmus Ankersen 2016)
Jetzt Aufstehen – weitermachen – Foto: Volke
Neue Schritte im Training sind nicht unbedingt an revolutionäre Veränderungen gebunden, sondern sie brauchen vor allem die Bereitschaft zu situationsgebundenen, anderen, besseren Lösungen. Ein paar Läufe mehr innerhalb gewohnter Programme, kürzere Pausen, mehr spezielle Kraft, Möglichkeiten gibt es viele. Vielleicht auch 2-3 x 60 Minuten – Trainingseinheiten „nichtüberwacht“ allein morgens vor dem Frühstück, aber bitte nicht lustlos und mit 30% Leistungsdefizit.
Für die Zeit nach den Olympischen Spielen gilt schon jetzt: Nach einem dreijährigen Basisleistungstraining im Bereich der U18 oder U20 beispielsweise sollte die „Vorbereitung auf das Hochleistungstraining“ zu spürbaren Leistungssprüngen führen, natürlich ist das auch früher möglich. In der U23 muss man zur internationalen Konkurrenz aufschließen. Das aber muss zuerst in den Kopf. Man muß es im täglichen Training spüren und in Wettkämpfen, man muß es w o l l e n, die Trainer zuerst. Solche Veränderungen könnte man am besten deutlich machen, wenn man auch im Team die führende Rolle übernimmt und die Partner mitreißt.
Hartes Training, die notwendige Regeneration und disziplinierte Ernährung sind zuallererst Kopfprobleme, sie sind zu programmieren und für das Hochleistungstraining durchzusetzen.
Ohne Disziplin, hartes Training und komplexe Regeneration erreicht man die Spitze nicht
Dies gilt für die „jungen“, aber auch für die, die jenseits der 40 Jahre wieder ernsthaft mitmischen und gegen Gleichaltrige mit den gleichen neuen Problemen durch Beruf und Familie konkurrenzfähig sein wollen. Dann ist es nicht unnormal nur 2x wöchentlich am sehr wichtigen Partner-Training teilnehmen zu können, aber man sollte sie „nutzen“. Außerdem macht die digitale Revolution – wenn nötig – ja eine fast tägliche Korrespondenz mit dem Trainer möglich. Das ist genauso wertvoll wie die sonstigen Verabredungen zum gemeinsamen Training.
Als Trainer Zinedine Zidane (45) von Real Madrid – einer der erfolgreichsten in seinem Metier – 2018 zurücktrat sagte er u.a. auf der Pressekonferenz: „Es ist ein schwieriger Moment, aber die Mannschaft braucht einen Wechsel, um weiter siegreich zu bleiben. Die Mannschaft benötigt eine neue Ansprache, eine andere methodische Arbeit. Deshalb habe ich die Entscheidung so getroffen.“
Die Spiele der XXXII. Olympiade finden vom 24. Juli bis zum 9. August 2020 – in Japan die Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2019 vom 28. September bis 6. Oktober 2019 statt.
Lothar Pöhlitz in Leichtathletik Coaching-Academy