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30
12
2018

Dr. Dr. med. Lutz Aderhold - Foto: privat

Alkohol – aktuelle Datenlage zur gesundheitlichen Wirkung – Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

By GRR 0

Mit Alkohol sollten Sie verantwortungsvoll umgehen. Alkohol ist eine Droge. Die komplexen gesundheitlichen Schäden durch vermehrten chronischen Alkoholkonsum sind bekannt.

In Deutschland leben schätzungsweise 2,5 Millionen suchtkranke Alkoholiker. 94% der Männer und 90% der Frauen nehmen regelmäßig Alkohol zu sich. Der gesundheitliche und volkswirtschaftliche  Schaden ist immens.

Dagegen konnte in einigen Studien nachgewiesen werden, dass ein regelmäßiger moderater Alkoholkonsum einen positiven Effekt auf die Gesamtsterblichkeit hat und das Auftreten sowie die Sterblichkeit an koronaren Herzkrankheiten vermindert (Di Castelnuovo et al. 2006).

Es werden die guten Blutfette (HDL) erhöht und der Blutdruck gesenkt. Die Fließeigenschaften des Blutes verbessern sich durch eine Hemmung der Thrombozytenaggregation und eine Steigerung der Fibrinolyse. Außerdem sollen Verdauung, Stressabbau und Wohlbefinden gefördert und die Hirndurchblutung gesteigert werden. Neben dem Alkohol sollen auch die vor allem im Rotwein enthaltenen Polyphenole diese Wirkungen begünstigen und zudem noch antioxidativ wirken (Kiechle u. Gorkow 2017).

Moderater Alkoholkonsum erhöht die Insulinempfindlichkeit und senkt das Diabetesrisiko. Erstaunlicherweise schützt maßvoller Alkoholkonsum vermutlich auch vor geistigem Verfall im Alter (Richard et al. 2017; Kast 2018).

Diese „medizinischen“ Wirkungen entfaltet ein maßvoller Alkoholkonsum  erst ab einem Alter von 50 – 60 Jahren (Bellavia et al. 2014, Knott et al. 2015). Das lebensverlängernde Optimum liegt für Frauen bei ca. 6 Gramm Alkohol (halbes Glas Wein) täglich, für Männer bei maximal dem Doppelten.

Wer unter 50 ist, dem bringt Alkohol gesundheitlich nichts. Auch Raucher profitieren nicht vom Alkoholkonsum.  Bei erhöhtem Konsum steigt die Gefahr von Krebs, insbesondere im Mund-Rachenbereich und der Speiseröhre (Bagnardi et al. 2015). Bei Frauen gehen schon geringe Mengen von Alkohol mit einem leicht erhöhten Brustkrebsrisiko einher (Cao et al. 2015).

Wann hat ein moderater regelmäßiger Alkoholkonsum einen gesundheitlichen Nutzen? Diese Frage kann nicht klar beantwortet werden, da die individuell unterschiedliche Veranlagung und Verträglichkeit eine große Rolle spielt.

Vielleicht kann die neueste und wohl größte Studie dieses Thema wissenschaftlich abschließend klären (Griswold et al. 2018):

  • Ausgewertet wurden über 1000 Einzelstudien,
  • aus 195 Ländern,
  • erfasst waren 28 Millionen Menschen und
  • mitgearbeitet hatten 513 Wissenschaftler.

Das Fazit dieser umfassenden Großarbeit ist:

  • Beim Alkoholkonsum gibt es keine unbedenkliche Menge.
  • Alkohol ist ein Hauptrisikofaktor für Erkrankungen.
  • Es gibt eine klare Korrelation zwischen dem Trinken von Alkohol und dem vorzeitigen Tod, Krebs und Herzkreislauferkrankungen.
  • Der positive Effekt, den wenige Gläser bei einigen Herzkreislauferkrankungen haben, wird durch das erhöhte Risiko für Krebs, Infektionserkrankungen, Verletzungen und andere alkoholbedingte Erkrankungen aufgehoben.

Merksatz

Die WHO stuft einen Alkoholkonsum von 10–30 g als moderat ein. Allerdings können 30 g bei Frauen schon leberschädigend wirken.

Zweifelsfrei mitbestimmend ist der gesamte Lebensstil mit Ernährung und körperlicher Aktivität. Sicherlich ist regelmäßige körperliche Aktivität durch ein moderates Ausdauertraining der risikolosere Weg, um die Gesundheit zu fördern und gesund alt zu werden.

Achtung

Im Ausdauersport beeinträchtigen selbst geringe Mengen Alkohol die Leistung und Alkoholkonsum innerhalb der ersten 60 Minuten nach einem Training oder Wettkampf behindert die Regeneration der Muskulatur (Barnes 2014; Parr et al. 2014; Aderhold u. Weigelt 2018).

Wachstumshormon- und Testosteronspiegel sinken und das Immunsystem wird gehemmt. Die Kohlenhydratspeicher werden verlangsamt aufgefüllt, da die Leber zu sehr mit dem Abbau des Alkohols beschäftigt ist und die Enzyme, welche die Erholungsprozesse ermöglichen, gehemmt werden.

Fazit:

Alkohol ist eine Droge mit vielfältigen negativen Auswirkungen auf die Gesundheit. Gehen Sie verantwortungsbewußt mit alkoholischen Getränken um und verzichten Sie auf einen regelmäßigen Konsum.

Sportliche Aktivität und insbesondere Ausdauersport ist der bessere Weg zur gesundheitlichen Prävention.

Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

Literaturverzeichnis

Aderhold L. Weigelt S. Laufen! Vom Einsteiger bis zum Ultraläufer. München: Elsevier 2018.

Bagnardi V, Rota M, Botteri E et al. Alcohol consumption and site-specific cancer risk: a comprehensive doese-response meta-analysis. Br J Cancer 2015; 112 (3): 580-93.

Barnes MJ. Alcohol: impact on sports performance and recovery in male athletes. Sports Med 2014; 44 (7): 909–19.

Bellavia A, Bottai M, Wolk A, Orsini N. Alcohol consumption and mortality: a dose-response analysis in terms of time. Ann Epidemiol 2014; 24 (4): 291-6.

Cao Y, Willett WC, Rimm EB, Stampfer MJ, Giovannucci EL. Light to moderate intake of alcohol, drinking patterns, and risk of cancer. Results from two prospective US cohort studies. BMJ 2015; 351: h4238

Di Castelnuovo A, Costanzo S, Bagnardi V, Donati MB, Iacoviello L, de gaetano G. Alcohol dosing and total mortality in men and women: an updated meta-analysis of 34 prospective studies. Arch Intern Med 2006; 166 (22): 2437-45.

Griswold MG, Fullman N, Hawley C et al. Alcohol use and burden for 195 countries and territories, 1990-2016: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2016. Lancet 2018; 392 (10152): 1015-35.

Kast B. Der Ernährungskompass. Das Fazit aller wissenschaftlichen Studien zum Thema Ernährung. München: Bertelsmann 2018.

Kiechle M, Gorkow J. Tag für Tag jünger. Alles über die erstaunlichen Fähigkeiten unserer Zellen, den Alterungsprozess rückgängig zu machen. München: Heyne 2017.

Knott CS, Coombs N, Stamatakis E, Biddulph JP. All cause mortality and the case for age specific alcohol consumption guidelines: pooled analyses of up to 10 population based cohorts. BMJ 2015; 350: h384.

Parr EB, Camera DM, Areta JL et al. Alcohol ingestion impairs maximal post-exercise rates of myofibrillar protein synthesis following a single bout of concurrent training. PloS One 2014 (2): e88384.

Richard EL, Kritz-Silverstein D, Laughlin GA, Fung TT, Barrett-Connor E, McEvoy LK. Alcohol Intake and Cognitively Healthy Longevity in Community-Dwelling Adults: The Rancho Bernardo-Study. J Alzheimers Dis 2017; 59 (3): 803-14.

author: GRR