Alina Reh freute sich über die zweitschnellste 10-km-Zeit ihrer Karriere. Foto: www.race-news-service.com / Cecilia Wenig
Alina Reh in Berlin 2020: Schnell, krisenfest und eine überraschende Gratulation
Alina Reh hat eine weitere Eigenschaft gezeigt, die ihr auf dem Weg zur Langstrecken-Weltklasseläuferin helfen wird: Die 23-Jährige ist krisenfest.
Monatelang konnte sie wie alle anderen Athleten aufgrund der Coronavirus-Pandemie keine Wettkämpfe bestreiten, und auch das Training war zumindest zeitweise eingeschränkt.
In Berlin gewann Alina Reh am Sonntag nun die Comeback-Veranstaltung des deutschen Straßenlaufes: Im „Berlin 10k Invitational“ lief sie auf einer Pendelstrecke hochklassige 31:26 Minuten.
Nicht in Topform durch die Situation oder Schwierigkeiten mit der Motivation angesichts der Krise? Fehlanzeige! Alina Reh knüpft nahtlos an beste Zeiten an, so als wäre alles wie immer. Um lediglich drei Sekunden verpasste die Läuferin des SSV Ulm ihre persönliche Bestzeit. Bereits vor rund einem Monat hatte Alina Reh mit einem starken Trainingslauf aufhorchen lassen. Über 5.000 m erreichte sie im heimatlichen Laichingen alleine laufend 15:18 Minuten.
In Rauchfangswerder, im südöstlichsten Zipfel der deutschen Hauptstadt, weckte die Athletin nun einmal mehr Hoffnung auf eine große Straßenlauf-Karriere in der Zukunft. Die Zeit von 31:26 Minuten erzielte sie aus dem vollen Training heraus. Inklusive des Berliner Rennens absolvierte Alina Reh in der vergangenen Woche einen Trainingsumfang von 160 Kilometern.
„Zurzeit bin ich in Kienbaum, wo wir optimale Bedingungen haben. Vor einer Woche habe ich von dem Berliner Rennen erfahren. Wir hatten eigentlich für den Sonntag einen 15-km-Tempodauerlauf geplant. Aber dann habe ich die Gelegenheit genutzt und mich für den Wettkampf entschieden“, erzählte Alina Reh, die in Kienbaum von ihrem neuen Trainer André Höhne betreut wird. Der frühere Weltklasse-Geher begleitet Alina Reh beim Training in der Regel auf dem Fahrrad.
„Die Zeit ist okay, eigentlich wollte ich jedoch ein Ergebnis um 31:00 Minuten herum erreichen. Aber ich war etwas nervös“, erklärte Alina Reh. Dies hing mit der Situation zusammen, erstmals seit vier Monaten wieder am Start zu stehen. Während des Rennens lief es dann immer besser. Und die Einzelzeiten für die letzten drei Kilometer zeigten, dass am Sonntag schon mehr möglich gewesen wäre: 3:07, 3:05 und sehr schnelle 3:02 Minuten wurden für Alina Reh gestoppt.
Dass Alina Reh während der Corona-Krise auch psychisch stark genug war, eine derartig gute Form zu generieren und aufrecht zu erhalten, hängt sicherlich mit ihrem Umfeld in Laichingen nahe Ulm zusammen. Die Auswirkungen der Corona-Einschränkungen hielten sich für Alina Reh in Grenzen. „Ich konnte trainieren, und wir haben da als Läufer natürlich gegenüber anderen Disziplinen einen großen Vorteil“, erzählte die EM-Vierte über 10.000 m von 2018. „Den gewohnten häuslichen Bereich zu haben, war in der Situation hilfreich. Und meine Eltern haben mich sehr unterstützt.“
„Ich hoffe, dass es jetzt noch ein paar Rennen gibt“, sagte Alina Reh. „Ich würde gerne 5.000 Meter laufen.“ Die in den Oktober verschobenen Halbmarathon-Weltmeisterschaften im polnischen Gdynia sind jedoch kein Thema für Alina Reh, die mit ihrer Halbmarathonzeit aus Barcelona im Februar (70:08 Minuten) qualifiziert wäre. „Zurzeit laufe ich nur einen Halbmarathon im Jahr“, sagte Alina Reh, deren Priorität nach wie vor auf den Bahn-Langstrecken liegt. „Bei den Olympischen Spielen möchte ich im nächsten Jahr über 10.000 Meter starten.“
Langfristig dürfte sich die Karriere von Alina Reh wohl stärker in Richtung Straßenlauf und Marathon verschieben. Damit würde sie einen ähnlichen Weg gehen wie einst Irina Mikitenko.
Die deutsche 10-km- und Marathon-Rekordlerin (30:57 Minuten und 2:19:19 Stunden) fragte am Sonntag wenige Minuten nach dem Zieleinlauf bei Mark Milde nach, ob ihr Rekord gefallen sei.
Nachdem ihr der Race-Direktor des BERLIN-MARATHONS, der zu den Initiatoren des „Berlin 10k Invitational“ gehörte, die Zeit mitgeteilt hatte, schrieb Irina Mikitenko zurück: „Herzlichen Glückwunsch an Alina, das ist eine Super-Leistung! Meinen deutschen Rekord wird sie noch brechen, sie ist ja noch so jung.“