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17
04
2018

Desi Linden - Foto: Victah Sailer

Marathon in Boston – Die Macht der amerikanischen Frauen – Von Klaus Blume

By GRR 0

Wahrscheinlich ist es Donald Trump nach dem Boston Marathon am Allerwertesten vorbei gegangen, was dort amerikanische Frauen im Sturm und Dauerregen auf den schlimmen 42, 195 Kilometer in Massachusetts zu Wege gebracht haben.

Der  Präsident hat weder getwittert, noch gratuliert. Dabei wäre ein Glückwunsch mehr als angebracht gewesen. Denn wie schon 2017 in New York, wo Shalane Flanagan triumphierte, gab es in Boston, beim ältesten City-Marathon der Geschichte, durch Desire Linden erneut einen amerikanischen Sieg. 
Und weil die Siegerliste bei den Frauen obendrein vor amerikanischen Namen nur so strotzte, weil sich die US-Läuferinnen in Boston erneute als ernst zu nehmende Konkurrentinnen der ostafrikanischen Ausnahmeläuferinnen in Szene gesetzt haben, sollten wir uns – ganz im Gegenteil zu Donald Trump – auch mit ihnen befassen.
Denn bis auf die Siegerin Desi Linden, die eigentlich das Rennen aufgeben wollte, hätte ihr Shalane Flanagan nicht geholfen, sind alle anderen Amerikanerinnen im vorderen Feld von Boston – nicht nur in Europa – so gut wie unbekannt.

Zumal alle diese Athletinnen nicht als Profis zu betrachten sind. Wie, zum Beispiel, die 26-jährige Krankenschweste, die in Tucson (Bundesstaaat Arizona) arbeitet. Trainiert wird sie von dem Marathonläufer Paul Pilkington, der  1994 in der Branche auffiel, weil er als Schrittmacher in Los Angeles einfach bis ins Ziel durchlief und nach 2:11 Stunden gewann.

Sarah Sellers, die in Tucson gerade eine Ausbildung zur Anästhesistin durchläuft, hat keinerlei Sponsoren. Und trainiert hat sie für den Boston Marathon entweder um vier Uhr morgens oder, nach einer zehnstündigen Schicht, nach neunzehn Uhr. Ungefähr 160 Kilometer in der Woche hat sie auf diese Weise zurück gelegt. 

Sarah Sellers – Foto: Victah Sailer

Als sie, in Boston mit einer „Wildcard“ am Start, im Ziel als Überraschungszweite angekommen war, sagte sie: „Bitte, vergleicht mich jetzt ja nicht mit den zwanzig schnellsten Frauen der Welt. Das sind Profis. Das ist eine ganz andere Welt.“
Andererseits möchte sie gern 2020 im amerikanischen Nationaltrikot bei Olympia starten. Warum auch nicht? Übrigens, ihren finanziellen Gewinn von 75 000 Dollar werde sie in die Studienkasse ihres Mannes einzahlen, der sich auf dem Weg zum Chirurgen befindet.
Es ist offensichtlich dieser selbst gewählte amerikanische Weg, von dem Präsident Donald Trump so gut wie nichts weiß – und von dem diese Läuferinnen profitieren.
Rachel Hylan, zum Beispiel, war uns im vorigen Jahr in Berlin immerhin schon mal als Zwanzigste aufgefallen, in Boston jubelten ihre Anhängerinnen, als sie nun sogar als Viere die Ziellinie überquerte. 31 Jahre alt ist sie jetzt, gehört dem renommierten Boston Athletic Association Team an, arbeitet aber weiterhin als Professorin für spanische Sprache und Geschichte – und trainiert, wenn es denn passt, gemeinsam mit ihrem Ehemann Sean. 
 
Zu nennen ist unbedingt auch noch die New Yorker Krankenschwester Jessica Chichester als Fünfte, die kein Elite-Lätzchen erhalten hatte, und deshalb auch auf jene 15 000 Dollar Preisgeld verzichten muss, die nur den Profis zugestanden war.

Die besten Profis, unter den Amerikanerinnen, Shalane Flanagan und Molly Huddle, kamen allerdings erst nach ihr ins Ziel. Warum war so,  Jessica? „Weil sie nun einmal das schlechte Wetter nicht so lieben wie ich.“

Klaus Blume
Uhlenhorster Weg 2
22085 Hamburg
Tel: +49 (0) 40 229 7048
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