IOC Präsident Thomas Bach - Bild: DOSB
Doping-Kommentar : Bach hat das Spiel verdorben – Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
Russland droht der Rauswurf aus dem Weltverband der Leichtathleten. Die Sportler, auch die russischen, leiden unter dem Trotz der Doper von gestern, die auf ihren Lügen beharren. Daran ist der IOC-Präsident nicht ganz unschuldig.
Sind die Russen nicht gerade wieder zugelassen worden zu Olympia?
Sollte nicht endlich Schluss sein mit den ärgerlichen Doping-Vorwürfen? Mit den nicht minder ärgerlichen Unschuldsbeteuerungen und Klagen auf der anderen Seite? Denkste. Sebastian Coe droht Russland mit dem Rauswurf aus dem Weltverband der Leichtathleten (IAAF), der Sportart im Kern Olympischer Spiele.
Er, der ehemalige Weltklasse-Läufer, wünsche sich die Rückkehr des russischen Verbandes und dessen bester Athleten in den internationalen Wettbewerb, beteuert IAAF-Präsident Coe. Voraussetzung allerdings sei Vertrauen. Dieses ist, man kann es nicht mehr hören, abhandengekommen, als systematisches Doping in der russischen Leichtathletik und im gesamten russischen Sport aufflog und als die Russen noch dazu überführt wurden, dass sie Doping-Proben ihrer Athleten bei ihren Winterspielen von Sotschi 2014 aus dem Labor stahlen.
Seit November 2015 ruht die Mitgliedschaft des russischen Verbandes in der IAAF.
Die Weitspringerin Darija Klischina war bei den Olympischen Spielen von Rio 2016 die erste russische Leichtathletin, der ein neutraler Status und damit die Teilnahme zugestanden wurde – alle anderen waren ausgeschlossen. 19 Russen nahmen, akzeptiert als neutrale Athleten, an der Weltmeisterschaft von London 2017 teil und sieben jüngst bei der Hallen-WM von Birmingham.
Damit könnte im Juli Schluss sein.
Machten die Russen weiterhin keine Fortschritte bei Doping-Kontrollen, bei der Identifizierung manipulierter Proben und bei der Sperre von Doping-Trainern, sei weiteres Verhandeln sinnlos, sagt Rune Andersen, der die zuständige Task Force leitet. Die heikelste Bedingung für die Rückkehr, den McLaren-Report der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) sowie den Schmid-Report des IOC entweder zu widerlegen oder anzuerkennen, muss die politische Führung erfüllen. Putin muss der Wahrheit ins Auge sehen.
Nun rächt sich die wachsweiche Haltung des IOC und seines Präsidenten Thomas Bach.
In Rio durfte die russische Mannschaft unter ihrer Flagge teilnehmen, 282 Mitglieder stark. Neunzehn Goldmedaillen gewann sie, neunzehn Mal wurde die russische Hymne gespielt. In Pyeongchang nun sang das russische Eishockeyteam nach seinem Olympiasieg „Russland, unser geheiligter Staat, Russland, unser geliebtes Land“ – nicht im Glück, als Kampfschrei, gemeinsam mit Tausenden Fans, gegen die olympische Hymne. Das war die Folge der halbherzigen Sperre, die 169 Sportlerinnen und Sportler zuließ, die Symbole Russlands aber verbot.
Drei Tage danach waren die Russen offiziell zurück. Die Hüter des olympischen Geistes gaben sich damit zufrieden, dass die russische Sportführung die scheinbare Strafe akzeptierte. Die Gründe dafür musste sie nicht anerkennen.
So kommt es, dass die Leichtathleten – auch die russischen – nun unter dem Trotz der Doper von gestern zu leiden haben, die auf ihren Lügen beharren. Nicht Coe verdirbt das Spiel.
Michael Reinsch Korrespondent für Sport in Berlin.