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21
02
2018

Lisa Oed - Foto: Wilfried Raatz - wus-media

U20-Europameisterin Lisa Oed auch bei den Frauen eine Klasse für sich – Haupt-Wettbewerbe der Männer fest in der Hand von Läufern mit afrikanischen Wurzeln – Wilfried Raatz berichtet

By GRR 0

Überzeugende Vorstellungen, aber auch spannende Finals bei den hessische Crossmeisterschaften in Trebur auf selektivem Parcours

Zum fünften Mal wurden dem TV Trebur die hessischen Crossmeisterschaften übertragen – ein absoluter Vertrauensbeweis in eine Organisation, die ihr Handwerk bis ins Kleingedruckte versteht und in Sachen Cross inzwischen schon über dreißig Jahre unterwegs ist.

Sicherlich kommt dabei den Verantwortlichen der rührigen Leichtathletik-Abteilung zugute, dass der angestammte Termin bestens ins aktuelle Veranstaltungskonzept des Hessischen Leichtathletik-Verbandes (HLV) mit der Platzierung von Landes-Crossmeisterschaften in den Februar passt, im bewährten Drei-Wochen-Abstand vor den deutschen Crossmeisterschaften, die heuer am 10. März in Ohrdruf/ Thüringen stattfinden.

Derzeit laufen zwar bereits Bestrebungen, die deutschen Crosstitelkämpfe in den Dezember vorzuverlegen, was gewiss auch eine Platzierung von Landesmeisterschaften im Vorfeld einer DM zur Folge hätte. Doch gravierende Veränderungen bedürfen einen mühsamen Weg durch die (Verbands-)Institutionen…

Der Parcours in Trebur beinhaltet alles, was ein zünftiger Cross zu bieten haben sollte, nämlich anspruchsvolles Geläuf mit selektiven Passagen, aber auch Abschnitte, die einen flotten Schritt zulassen. Die Regen- und Schneefälle der letzten Tage haben zudem ein Übriges getan, um die Rundstrecke mit Start und Ziel auf dem morastigen Hartplatz zu einer echten Herausforderung werden zu lassen.

„Ich wollte diesen Test vor den deutschen Crossmeisterschaften“, gestand Lisa Oed mit einem Lächeln im Gesicht. Wegen gesundheitlicher Probleme hatte sie Ende des vergangenen Jahres die Qualifikation beim Darmstadt-Cross und somit auch die Cross-Europameisterschaften in Samorin verpasst. Und ist nach einigen Wochen behutsamer Aufbauarbeit wieder guter Dinge. Und entschied sich anstelle des U20-Wettbewerbs für die offensichtlich stärkere Konkurrenz bei den Frauen.

„Schließlich gehe ich als Titelverteidigerin Ohrdruf ins Rennen!“ und es lief gut für die 19jährige vom SSC hanau-Rodenbach, die übrigens vor wenigen Wochen beim Darmstadt-Cross mit dem GRR-Nachwuchs-Förderpreis 2017 ausgezeichnet wurde.

Mit einem zielgerichteten Aufbau mit Trainer Sascha Arndt, dem GRR-Trainerpreisträger 2017, möchte sie an ihr bislang herausragendes Jahr 2017 anknüpfen, in dem sie neben vier nationalen Meisterschaften eine Woche nach dem Sieg bei den Berglauf-Europameisterschaften auch den kontinentalen Titel über die 3000 m-Hindernisstrecke gewinnen konnte.

„Natürlich hat sich bei den Crossmeisterschaften in Ohrdruf die Konkurrenz durch den Abgang des älteren Jugendjahrganges verändert, aber einfach wird die Titelverteidigung auf keinen Fall!“ Das mag zwar stimmen, denn mit der Regensburgerin Miriam Dattke ist die schärfste Konkurrentin als U20-Cross-EM-Dritte aus Altersgründen nicht mehr für die Jugendklasse startberechtigt. Aber warum soll nicht in Ohrdruf eine junge Athletin über sich hinauswachsen – wie es vor Jahresfrist Lisa Oed in Löningen getan hatte! Aber Cross ist sicherlich nur eine Durchgangsstation für die 19jährige, die nach ihrem US-Studienaufenthalt derzeit in Frankfurt ein halbjähriges Praktikum absolviert. Schließlich stehen Mitte Juli im finnischen Tampere die U20-Weltmeisterschaften an, wo Lisa Oed einen weiteren Beweis ihres Lauftalentes abliefern möchte.

In Trebur jedenfalls zeigte Lisa Oed eine Menge Selbstvertrauen und stürmte schon mit einem kleinen Vorsprung aus dem Stadiongelände auf die selektive Wiesenpassage. Mit einem Vorsprung von 37 Sekunden hatte sie auf der 4.200 m langen Strecke eine überzeugende Vorstellung abgeliefert. Im Kampf um Rang zwei setzte sich die süddeutsche 3000 m-Hallenmeisterin Tania Moser im Sekundenabstand knapp gegen Sophie Burkhardt und Hanna Rühl durch.

Gerne hätte man in Trebur auch mit Sarah Kistner die Berglauf-Weltmeisterin 2016 und U20-Mannschafts-Europameisterin im Crosslaufen gesehen, doch die 19jährige Kronbergerin ist nach erfolgreich verlaufener Fersenoperation noch nicht wieder ins Lauftraining eingestiegen. „Wir werden uns keinem Termindruck aussetzen“, sagte Martin Lütke-Varney, „wenn es klappt, dann werden wir im Sommer wieder bei ausgesuchten Läufen angreifen!“

Im von starken Läufern mit afrikanischen Wurzeln geprägten Langstreckenrennen über 7000 m stemmte sich vor allem Kilian Schreiner mit einer enormen kämpferischen Einstellung der läuferischen Klasse der Merne Eshete, Chesire, Zaroual Aader, Wosene, Bassou und Gidey Kahsay entgegen.

Und der 24jährige deutsche Hochschul-Hallenmeister über 3000 m wurde mit Rang zwei belohnt. Mit 22:01 Minuten lag zwar Solomon Merne Eshete um 12 Sekunden voraus, doch der Breidenbacher hielt die weitere Konkurrenz dank seiner starken Schlußrunde in Schach und wurde Vizemeister vor Elias Chesire, der zuvor allerdings bereits die Mittelstrecke erfolgreich gelaufen war.

Mit Felix Thum zeigte sich auch hier ein Oberhesse im Kampfmodus. Lange auf Rang drei hinter den beiden für den TV Waldstraße laufenden Elias Chesire und Mohmaed Bassou gelang dem Eschenburger in der Schlussphase der Sprung auf Rang zwei mit vier Sekunden Rückstand auf Elias und neun Sekunden Vorsprung auf Mohamed. Hinter Christopher Wenzel, dem neuen Vereinskollegen beim LAZ Gießen, präsentierte sich mit Mohammed Bensghir auf Rang fünf ein neues Gesicht in der hessischen Laufszene.

Der inzwischen 26jährige gebürtige Marokkaner ist allerdings als junger Athlet überaus erfolgreich durchgestartet. Neben schnellen Zeiten auf der Bahn mit 1:48,13 (800 m), 3:35,76 (1500 m) und 7:56,60 (3000 m) war Mohammed als Vierter der U20-Weltmeisterschaften 2010 im kanadischen Moncton auf höchstem Niveau angekommen – und möchte nun in Gießen an das frühere Leistungsniveau anknüpfen.

Fest in der Hand der (männlichen) Nachwuchsläufer des SSC Hanau-Rodenbach waren die Läufe der U20 und U18 über 4.200 m. Mit einem beherzten Antritt in der Schlußrunde setzte sich Julius Hild in 13:14 Minuten durch, die um Rang zwei spurtenden Marius Abele und Dominik Müller (LG Langgöns/Oberkleen) lagen am Ende allerdings lediglich drei bzw. fünf Sekunden zurück. Auch wenn Vergleiche im Crosslaufen kaum vergleichbar sind, bleibt festzuhalten, dass Julius sogar drei Sekunden schneller war der Männersieger Elias Chesire – und Marius sogar auf die Zehntelsekunde gleichauf gestoppt wurde.

Bei den Läuferinnen der U20/U18 wurde über ebenfalls 4.200 m die eigentliche Triathletin Annika Koch für ihre permanente Führungsarbeit mit der Hessenmeisterschaft belohnt. Nach 15:47 Minuten durfte sie über den sicheren Erfolg über Lena Ritzel (15:51) und der ebenso polysportiv trainierenden Emma Graf (16:08) jubeln.

Die 19jährige Griesheimerin, im Vorjahr bereits Dritte hinter Lisa Oed und Franziska Althaus, sieht ihre Zukunft freilich im zwei bzw. drei Sportarten umfassenden Mehrkampf, für den sie nach eigenen Aussagen „zehn bis vierzehn Mal in der Woche“ trainiert. Und erfolgreich ist. So wurde sie im Vorjahr Vierte der Duathlon-EM ihrer Altersklasse.

 Wilfried Raatz

 

 

author: GRR

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