Der verschwundene Blumenstrauß – Klaus Weidt erinnert sich an 1960 und seine erste Begegnung mit Hans Grodotzki

Die silbernen Olympialäufe von Hans Grodotzki in Rom 1960 hatte ich damals am Radio verfolgt. Fernseher hatten wir noch nicht.

Als blutjunger Sportredakteur notierte ich alle Ereignisse der Spiele, die mich besonders beeindruckten. Der Barfusslauf von Abebe Bikila war so ein Gänsehaut-Erlebnis. Doch die beiden zweiten Ränge des Potsdamers Hans Grodotzki fand ich nicht weniger sensationell.

Bis dahin kannte ich ihn noch nicht persönlich, hatte ihn nur einmal im Luftschiffhafen des ASK Vorwärts bei einem Vorbereitungsrennen für Rom gesehen. Als die Olympioniken aus Rom nach Berlin zurückkehrten, beschloss ich, unbedingt eine nächste Gelegenheit zu finden, ihm zu begegnen.

Die ergab sich plötzlich, als ich gleich zwei Pressekarten für den Olympiaball im Berliner Dynamo-Stadion ergatterte. Das Gedränge um ihn und die vielen anderen Rom-Starter war enorm. Schließich gelang es meiner Frau nach den endlosen Reden und der Büfett-Eröffnung, ihn an unseren Tisch zu lancieren.

Sie übergab ihm einen vorbereiteten Blumenstrauß. Als ich danach, in aller Aufregung, ein Foto mit den Blumen schießen wollte, waren die weg, spurlos verschwunden. So entstand dieses Foto ohne Blumenbouquet. Aber trotzdem unvergesslich.

Ab sofort besuchte ich den „blonden Hans“ mehrmals in Potsdam, ein fast freundschaftliches Verhältnis entstand. Viele Reportagen schrieb ich danach, und auch nach seiner Archillessehnen-Verletzung, die das frühzeitige Aus seiner Laufbahn bedeutete, sahen wir uns immer einmal wieder.

Zuletzt beim 80. Geburtstag von Geher-Olympiasieger Peter Frenkel in Potsdam.

Herzlichen Glückwunsch nunmehr auch als Mitstreiter der German Road Races an Hans Grodotzki. Und noch viele gesunde Jahre! Das Foto, das Marianne damals 1960 beim Gratulieren während des Olympiaballs zeigt, ist in meinem Archiv nie verschwunden gewesen.

Im Gegensatz zu jenem Blumenstrauß…

Klaus Weidt

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