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02
2021

Chad Hedrick - Symbolbild - 2010 Vancouver Winter Olympic Games Vancouver, Canada Febuary 12-28, 2010 Photo: Giancarlo Colombo@Photo Run Victah1111@aol.com

Das Geheimnis der legendären „Elfstedentocht“ – Heiße Schokolade, nachts um halb vier – Von KLAUS BUME

By GRR 0

Was für ein Irrsinn! Auf den Kanälen liegt eine dicke Eisschicht – sogar Teile des „Ijsselmeers“ im holländischen Friesland sind gefroren. Da stieg von Amsterdam bis Maastricht der Puls. Wird das Unmögliche noch einmal möglich? Gibt es in diesem arktischen Winter eine „Elfstedentocht“?

In den Medien wurde das Thema heiß diskutiert. Eisstand-Meldungen stündlich aktualisiert. Doch Corona machte auch dieses Volksfest zunichte und fror die Vorfreude ein. Ministerpräsident Mark Rutte: „Eine Elfstedtetocht mit Publikum, das geht nicht.“ Eine Million Menschen entlang den Kanälen sei momentan einfach nicht sicher.

1966 bin ich zum ersten Male nach Westfriesland gereist, zur Eisschnellauf-Europameisterschaft im Vierkampf. Hotels waren damals Mangelware. Also wurde ich privat untergebracht. Bei einer Norwegerin und ihrem eislauf-begeisterten Sohn. Nachts wachte ich auf, weil der Sturm mit Brachialgewalt an mein Fenster drosch. Ich ging ins Wohnzimmer. Dort saßen – morgens um Vier – Mutter und Sohn vor einem großen Krug heißer Schokolade. Es sei die beste Medizin gegen Sturm und Kälte. Ob ich auch wollte?

Seitdem bin ich alle Jahre wieder dorthin gereist, ins Eisschnellauf-Mekka dieser Welt. Und habe dort, meist jedoch vergeblich, jahrelang der „Elfstedentocht“ entgegen gefiebert. Das letzte Mal fand dieses Rennen nämlich 1997 statt. Es war ein gigantisches Spektakel! Ausgerüstet mit viel Schnaps, Musikinstrumenten und warmer Kleidung strömten wohl an die zwei Millionen Menschen an die friesischen Kanäle. Neun Millionen sollen das Rennen damals an ihrem Fernseher verfolgt haben. Schunkelnd, trinkend, singend. Rund 16 000 Schlittschuhläufer gingen seinerzeit an den Start. Der Schnellste, Henk Angenent, siegte nach 6:49 Stunden – und stieg prompt zum Volkshelden auf.

Die „Elfstedentocht“?  Von Leeuwarden aus passieren die Teilnehmer im Uhrzeigersinn zehn Orte, um schließlich, zurück in Leeuwarden,  die Ziellinie zu passieren.  Aus Sicherheitsgründen, wegen der Tragfähigkeit der Eisdecke, dürfen maximal nur 16 000 Eisläufer starten.

Fünfzehn Mal fand die „Elfstedentocht“ seit ihrer Gründung 1909 statt. Die längste Durststrecke gab es zwischen 1963 und 1985, als das Eis 22 Mal nicht dick genug wurde, aber im benachbarten Heerenveen die Halle überlaufen war – wegen ihrer hochkarätigen Eisschnelllauf-Wettbewerbe.

So wird es wohl auch in den nächsten Jahren sein. Es sei denn, die „Elfstedentocht“ muss nicht noch einmal vor Corona in die Knie gehen. Dann würde endlich wieder ein gigantisches Volksfest steigen – zwischen Leeuwarden und Leeuwarden.

Klaus Blume
Uhlenhorster Weg 2
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