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08
2020

Jakob Ingebrigtsen - 2018 European Cross Country Championships Tilburg, Holland December 9, 2018 Photo: Victah Victah1111@aol.com

Ein Rennen gegen die Fragwürdigkeit. Aber auch Wunderläufer Jakob Ingebrigtsen kann keine Wunder vollbringen – Von KLAUS BLUME

By GRR 0

STOCKHOLM – Zur Debatte standen am Sonntag im Stockholmer Olympiastadion 3:26 Minuten, zu laufen über 1500 Meter. Also einen Weltrekord zu brechen; aufgestellt schon am 14. Juli 1998 in Rom, damals von dem Marokkaner Hiram El Guerrouj – mithin vor 22 Jahren.

In Stockholm erreichten  Timothy Cheruiyot aus Kenia, 2019 Weltmeister, 3:30,25 Minuten, sein norwegischer Widersacher Jakob Ingebrigtsen 3:30,74 Minuten.  Angestrebt war sogar ein Weltrekord um 3:24 Minuten! Diesmal ein zu hoch gestecktes Ziel.

Trotz allem hofft Spaniens großes Sportblatt „Marca“ weiterhin: „Ingebrigtsen bleibt der Mann, der olympisches Gold nach Europa zurückbringen kann. Denn in seinem Alter hat sogar der große Hiram El Guerrouj die 1500-Meter-Distanz nie unter 3:33 Minuten bewältigt.“

Leider aber, bemängelt das überaus sorgfältige „Dagbladet“ aus Oslo sogleich, bewege sich der 19-Jährige in einer Szene, die einem „äußerst fragwürdig erscheinen muss.“ Aktuell werde diese nämlich in erster Linie von dem Kenianer Timothy Cheruiyot bestimmt, der gemeinsam mit seinem Landsmann Elijah Managoi bei dem eher „berüchtigten Coach“ Bernard Ouma trainiere. Als Beweis für die Einstufung „fragwürdig“ führt „Dagbladet“ an: Managoi, der 1500-Meter-Weltmeister von 2017,  habe in diesem Jahr gleich drei Dopingkontrollen „verpasst“ – und wurde deshalb für zwei Jahre suspendiert. Wie sähe es denn sonst in Kenia aus? Aber auch in der Vergangenheit sei die 1500-Meter-Szene nicht gerade die sauberste der internationalen Leichtathletik gewesen. 

Bestimmt wird diese – bis heute – von zwei Nordafrikanern: dem Algerier Nouredine Morceli und dem Marokkaner Hiram El Guerrouj. Morceli – Weltmeister 1991, 1993 und 1995 – legte die Messlatte für alle Nachfolgenden mit 3:27,37 Minuten bereits 1995 sehr hoch. El Guerrouj‘s Weltrekord von 1998 (3:26,0) ist längst zu einer legendären Marke geworden, an der man sich vergeblich versucht. 

Wobei El Guerrouj bis heute im Rampenlicht steht. Der Mann, der 2006 dem berüchtigten Doping-Profi Lance Armstrong  bei dessen Marathon-Abenteuer in New York (2:59:06 Stunden) als „Edelhelfer“ diente, der als „Goodwill-Botschafter“ erfolgreich Jodsalz-Kampagnen seines Landes vertreten hat, sitzt nun, mit 45 Jahren, für dieses Königreich (El Guerrouj: „Unser König ist nun einmal unser wichtigster Sponsor“) auch im Internationalen Olympischen Komitee (IOC).

Ob das hilft, Marokkos fragwürdiges Image als einen der Hauptumschlagplätze im internationalen Doping-Geschäft abzustreifen scheint äußerst fraglich. Alle großen skandinavischen Publikationen – neben dem Osloer „Dagbladet“ auch schwedische Blätter – meinen, was in Marokko vor sich gehe, würde gerade der alt-ehrwürdigen Olympia-Disziplin, dem 1500-Meter -Lauf, schaden. „Eine Sportart“, so heißt es unisono, „in der wir Rekorde ohne glaubwürdige Kontrolle erleben.“ 

Ein Vorwurf, der nicht nur die Läufer und deren Hintermänner trifft; er trifft auch eine Szene, in der über Jahre hinweg Weltklasse-Ergebnisse zur Dutzendware verkommen sind und deshalb kaum mehr wahr genommen wurden. Wichtig wäre jetzt, zu erfahren, was die Welt-Antidoping-Agentur (WADA) aber auch Sebastian Coe dazu sagen. Der britische Präsident des Internationalen Leichtathletik-Verbandes (IAAF) gewann schließlich über 1500 Meter zwei olympische Goldmedaillen.

Dass nun ausgerechnet der 19jährige Jakob Ingebrigtsen als Heilsbringer und Saubermann der ins Gerede geratenen 1500-Meter-Spezialisten auftreten könnte, scheint freilich manchem Kritiker der rekordwütigen Ingebrigtsen-Brüder weit hergeholt.

Aber im Falle des Doppel-Europameisters Jakob Ingebriftsen ist man sich zumindest in Norwegen einig: „Mit ihm haben wir jetzt einen Sporthelden, wie wir ihn noch nie gesehen haben.“

Womit das „Dagbladet“ dem 4,5-Millionen-Volk wie selbstredend aus der Seele spricht.

Klaus Blume
Uhlenhorster Weg 2
22085 Hamburg
Tel: +49 (0) 40 229 7048
klausblume@t-online.de

 

RETTET UNSERE LÄUFE – SAVE THE EVENTS – Foto: Victah Sailer

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author: GRR