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03
08
2020

Doppel Olympiasieger im Marathon Waldmar Cierpinki - Cover des Buches

Der zweifache Marathon-Olympiasieger Waldemar Cierpinski wird heute 70 Jahre alt

By GRR 0

Der erfolgreichste deutsche Marathonläufer Waldemar Cierpinski vollendet heute am Montag, dem 3. August 2020, sein 70. Lebensjahr.

Er gewann bei den Olympischen Spielen 1976 in Montreal und 1980 in Moskau jeweils die Goldmedaille für das Olympiateam der DDR. Eine solch herausragende Leistung bei Olympia war zuvor nur dem äthiopischen Marathonläufer Abebe Bikila (1932-1973) gelungen, der in Rom 1960 und Tokio 1964 Gold gewann.

Der Traum vom dritten Olympiagold für Waldemar Cierpinski ging wegen des Boykotts der DDR 1984 in Los Angelos dann jedoch leider nicht in Erfüllung. Seine Siegerzeit bei den Spielen in Montreal 1976 mit 2:09:55 Std. war zugleich seine persönliche Bestzeit. Damit gehört der Jubilar heute immer noch zu den Top Ten der schnellsten deutschen Marathonläufer.

Waldemar Cierpinski auf der Medaille des BERLIN-MARATHON 1980 – Foto: Bernd Hübner

Waldemar Cierpinski wurde in Neugattersleben, einem Ortsteil der Stadt Nienburg (Sachsen-Anhalt) geboren, nachdem seine Eltern 1945 aus ihrem Heimatort in Polen geflohen waren. Seine Karriere als Marathonläufer begann im Sommer 1960 vor dem einzigen Fernsehapparat im Ort, wo der zehnjährige Waldemar sein großen Vorbild Abebe Bikila bei seinem Goldlauf in Rom zusehen konnte und daraufhin frech-forsch beschloss: „Ich will nicht Kreismeister, ich will Olympiasieger werden“. Nach vorübergehenden Stationen im Fußball, Angeln, Turnen, Boxen und im Hindernislauf verfügte Cierpinski als Kind zwar durchaus über eine vielseitige sportliche Grundausbildung, ging aber dann seiner Neigung im Langstreckenlauf ambitioniert und mit staatlicher Förderung nach, wodurch er zum SC Chemie Halle delegiert wurde.

Neben den beiden olympischen Goldmedaillen gehören der dritte Platz bei den Weltmeisterschaften 1983 in Helsinki und ein vierter und sechster Platz bei Europameisterschaften zu den Höhepunkten der eindrucksvollen Karriere von Waldemar Cierpinski, in der er offiziell 28 Marathonläufe bestritt, den ersten und den letzten übrigens im slowakischen Kosice, nach Boston der zweitälteste internationale Marathonlauf der Welt.

Im Jahre 1987 zwei Jahre nach Beendigung seiner Laufbahn hat Waldemar Cierpinski zusammen mit dem DDR-Sportjournalisten Volker Kluge (geb. 1944) ein Buch mit dem Titel „Meilenweit bis Marathon“ verfasst, das sich schon bald nach dem Erscheinen als das am meisten verkaufte Sportbuch in der DDR erweisen sollte: „Über Marathon und über das Laufen kann man eigentlich nicht nur lesen, sondern man muss es nacherleben, selbst genießen – und das Meter für Meter“, fordert er uns alle darin auf. Inzwischen sind weitere Bücher zusammen Klaus Weidt (geb. 1938), dem Berliner Sportjournalisten und Begründer des Fachmagazins „Laufzeit“ sowie 1974 Mitinitiator der DDR-Meilenbewegung, hinzugekommen, darunter „Jogger und Sieger“ (1994), ferner „42,195. Auf den Spuren zweier Marathon-Olympiasiege“ (2017) und jetzt pünktlich zum 70. eines mit dem Titel: „Nennt Eure Söhne Waldemar“.

Olympiasieger unter sich. Waldemar Cierpinski  (r) und Kip Keino in Kenia 2009 – Foto: Horst Milde

Und die Geschichte mit „Waldemar“ geht so: Sie hat der bekannte DDR-Sportreporter Heinz Florian Oertel (geb. 1927) geschrieben, genauer gesagt während des Zieleinlaufs von Waldemar in Moskau 1980 bei der Live-Übertragung über sein Mikrophon in die deutschsprachige Welt proklamiert: „Liebe Zuschauer zu Haus, das ist ein einmaliger Triumph. Liebe junge Väter, vielleicht sogar angehende, haben Sie Mut, nennen Sie Ihre Neuankömmlinge des heutigen Tages ruhig Waldemar. Waldemar, Waldemar ist da!“

Waldemar Cierpinski zum zweiten Mal – als zweifacher Marathon-Olympiasieger –  auf der Medaille beim BERLIN-MARATHON 1997 – Foto: Bernd Hübner

Waldemar Cierpinski hat Sportwissenschaft an der Deutschen Hochschule für Körperkultur (DHfK) in Leipzig studiert und seine Diplomarbeit zum Thema „Geschwindigkeit verändertes Marathontraining“ mit „sehr gut“ bestanden. Er fand jedoch nach der Wende keine hauptberufliche Anstellung im Sport- bzw. im Langlaufbereich als Trainer, so dass er sich entschloss, in Halle an der Saale, wo er bis heute mit seiner Familie lebt, ein Sportgeschäft mit dem Schwerpunkt Laufen zu eröffnen, dem später ein zweites in Quedlinburg folgte. Beide werden bis heute zusammen mit Ehefrau Maritta (geb. 1950), unter ihrem Mädchennamen Politz erfolgreiche Mittelstrecklerin, Olympiateilnehmerin und DDR-Meisterin der Halle, und den drei Söhnen Martin, Andre und Falk als Familien-„GmbH“ betrieben. Apropos Söhne: Falk Cierpinski (geb. 1978) war 2001 Duathlon-Weltmeister auf der Kurzdistanz und verfügt über eine Marathon-Bestzeit von 2:13:30 Std., aufgestellt beim Berlin-Marathon 2008.

Waldemar Cierpinski gehörte von 2002 bis 2005 dem Nationalen Olympischen Komitee (NOK) von Deutschland als persönliches Mitglied an. Auch mit 70 ist er immer noch dank seiner aktiv-asketischen Lebensweise „fit wie ein Turnschuh“, ist im Laufe seiner Karriere, was allein die Trainingskilometer angeht, sechsmal um die Erde gerannt.

 

Startnummer von Waldemar Cierpinski in der Vitrine im Sportmuseum Berlin – Foto: Gerd Steins

Anlässlich seines bevorstehenden 70. Geburtstages kamen neulich bei der „70-Jahre-Tour“ durch Ostdeutschland von Halle nach Rügen über Schwerin nach Potsdam und über Kienbaum nach Dresden und Jena zurück in die Heimat noch einige weitere hundert Kilometer hinzu.

Unterwegs besuchte Cierpinski bekannte Olympioniken wie u.a. den Goldmedaillengewinner im Hochsprung von Moskau 1980, Gerd Wessing (geb. 1959), den ersten Box-Olympiasieger der DDR, Wolfgang Behrendt (geb. 1936), den Radsprint-Olympiasieger Lutz Hesslich (geb. 1959) und die zweimalige Hürden-Olympiasiegerin Marlies Göhr (geb. 1958), um mit ihnen über alte Zeiten zu plaudern.

Dabei wurde er von einem Fernseh-Team des Mitteldeutschen Rundfunks begleitet, das die Tour als Ständchen zum runden Geburtstag am Sonntag im Abendprogramm zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr servierte … herzlichen Glückwunsch, lieber Waldemar!

Prof. Dr. Detlef Kuhlmann

German Road Races (GRR) e.V – „Die Stimme des Laufsports“ – gratuliert dem Doppel Olympiasieger im Marathon recht herzlich und wünscht ihm weiterhin Glück und Erfolg.

Horst Milde im Namen des GRR Vorstandes und der Lauf-Community!

https://germanroadraces.de/?p=156628

 

author: GRR