Wird Sprintweltmeister Christian Coleman nun gesperrt? 2019 USA Outdoor Championships Des Moines, Iowa July 25-28, 2019 Photo: Victah Sailer@PhotoRun Victah1111@aol.com
Sperre für Olympia?: Sprintweltmeister Coleman verpasst wieder Doping-Test – Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
Der Amerikaner Christian Coleman gilt als Favorit bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio. Nach verpassten Doping-Kontrollen könnte der Sprint-Weltmeister auf dem Weg dorthin gestoppt werden. Doch der Athlet erhebt nun selbst Vorwürfe.
Einen „absichtlichen Versuch, mir einen verpassten Test anzuhängen“, wirft der Sprint-Weltmeister Christian Coleman der Athletics Integrity Unit (AIU) vor, welche für World Athletics (WA), den Weltverband der Leichtathleten, Doping-Kontrollen und Sanktionierung handhabt.
In der Nacht auf Mittwoch machte der 24 Jahre alte Amerikaner auf Twitter bekannt, dass ihm, wieder einmal, vorgeworfen wird, eine Doping-Kontrolle zu viel verpasst zu haben. Seit Sonntag ist er provisorisch gesperrt, wie seit Mittwoch auf der Website der AIU nachzulesen ist. Dem schnellsten Mann der Welt droht somit Startverbot bei den Olympischen Spielen von Tokio 2021 und der Weltmeisterschaft von Portland (Oregon) 2022.
Bereits im vergangenen Jahr hatte Coleman sich für drei verpasste Tests verantworten müssen. Zweimal hatte er die falsche Adresse angegeben, einmal hatte er den Ort, den er angegeben hatte, kurzfristig verlassen. Die amerikanische Anti-Doping-Agentur (Usada) sah von einer Sperre ab, als Colemans Anwälte zur Überraschung von Experten und Öffentlichkeit einen Passus im Regelwerk fanden, der gebot, den ersten der drei Verstöße auf Quartalsbeginn rückzudatieren; damit fiel er aus dem Rahmen von 365 Tagen. Coleman war frei, bei der Weltmeisterschaft in Doha den Titel über 100 Meter zu gewinnen und dabei seine Bestzeit auf 9,76 Sekunden zu verbessern.
Er besiegte in Qatar seinen Landsmann Justin Gatlin und den Kanadier Andre De Grasse.
Coleman wirft dem Kontrolleur vor, dass dieser bei der gescheiterten Kontrolle am Abend des 9.Dezember an seinem Wohnort Lexington (Kentucky) nicht versucht hätte, ihn anzurufen; er sei bei Weihnachtseinkäufen nur fünf Minuten entfernt gewesen. „Ich bin buchstäblich bei jeder anderen Kontrolle telefonisch kontaktiert worden“, schreibt Coleman in einem langen Text, den er auf Twitter veröffentlichte. Und in Großbuchstaben: „Warum würde AIU ihm auftragen, mich nicht anzurufen?!“ Auf dem Testbogen mit dem Signum der schwedischen Kontrollagentur IDTM steht unter „zusätzliche Kommentare“: „Auf Wunsch des Kunden wurde kein Anruf getätigt.“ Mit dem Kunden ist vermutlich der Auftraggeber der Kontrolle gemeint, laut Formular die zu diesem Zeitpunkt längst in World Athletics umbenannte IAAF sowie die AIU.
Laut der Adresse auf dem Testbogen hätte der Kontrolleur übrigens an der falschen Tür geklopft und, wie er vermute, ohnehin nicht eine Stunde lang auf ihn gewartet, ließ Coleman wissen Als er innerhalb der angegebenen Zeit in seine Wohnung zurückgekehrt sei, habe er niemanden vor der Tür angetroffen. Coleman fordert, die Lokalisierung durch das Mobiltelefon für Doping-Kontrollen zu nutzen. Er stehe jederzeit dafür zur Verfügung. Um seine Unschuld zu beweisen, sei er für den Rest seiner Karriere sogar zu täglichen Tests bereit. „Das System muss sich ändern“, schreibt Coleman.
„Ich dachte, das Ziel dieser Organisation sei es, den Sport sauber zu halten, indem sie alle testen und die Betrüger schnappen. Nicht zu versuchen, Leute zu schnappen, wenn sie nicht zu Hause sind, keinen Versuch zu machen, sie wirklich zu testen, und die Existenzgrundlage von Leuten zu gefährden, die ganz klar nicht dopen. Dies ist für niemanden Gerechtigkeit.“