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20
04
2020

Die vollständig eingerüstete Maifeldtribüne, vom Maifeld aus gesehen. - Foto: Gerd Steins, 7. April 2020

Das Sportmuseum Berlin wird 50 – und erinnert an drei weitere Gedenkdaten …

By GRR 0

Vor 95 Jahren: Am 20. Juli 1925 Gründung „Verein Museum für Leibesübungen“  (MfL) im Berliner Ephraim-Palais.

Vor 75 Jahren:  Am 3. Februar 1945 Erich Mindt (Gründer des MfL) in Neu-Lewin erschossen, als er sich dem Gewahrsam der Sowjetarmee entziehen wollte, seine  private sporthistorische Sammlung und die Bibliothek wurden auf dem Gut Kerstenbruch bei Wriezen geplündert und gebrandschatzt.

Vor 50 Jahren: Am 24. April 1970 Eröffnung des Sporthistorischen Kabinetts in der Kinder- und Jugend-Sportschule „Werner Seelenbinder“ in Berlin (Ost).

Vor 30 Jahren:  Am 1. Oktober 1990 Übergabe des „Sammlungszentrums Zentrales Sportmuseum der DDR“ als „Sportmuseum Berlin“ an den Magistrat von Berlin.

 

Die vollständig eingerüstete Maifeldtribüne, in der die Dauerausstellung für das Sportmuseum Berlin entsteht. – Foto: Gerd Steins, 6. April 2020

Im Ausstellungsführer zu Deutsche Sportausstellung Berlin 6. – 15. April 1951 wird ein namentlich nicht gekennzeichneter Artikel mit dem fragenden Titel: Wer schafft das Deutsche Sport-Museum? abgedruckt.

Darin heißt es: „Sollte man nicht einmal den Gedanken aufgreifen, der Bedeutung des Sports auch dadurch gerecht zu werden, indem man eine Stätte schafft, die sinnbildlich diesen wohl bedeutendsten Zweig unseres täglichen Lebens veranschaulicht?

Ein deutsches Sport-Museum? Oder, wenn der Begriff ‚Museum‘ zu verstaubt klingen sollte, einen Sport-Salon, eine Sport-Galerie?“

Mit diesem Westberliner Aufruf beginnt eine langwierige Etablierungsphase sowohl in Ost- als auch in West-Berlin, mit dem Ziel, ein Museum für den Sport in Berlin zu schaffen.

In Berlin (West) ist im März 1952 noch die Rede von einem Museum für Leibesübungen, daraus folgt im Mai 1952 der Bauplan für ein Museum für den deutschen Sport. Unterstützend dazu wird im August 1952 der Aufruf zu einem Verein Deutsches Museum für Leibesübungen publiziert. Diese Bemühungen werden aber vom Westberliner Senat ignoriert und zeitigen deswegen keinen Erfolg.

In Berlin (Ost) legt Dr. Lothar Skorning von der Humboldt-Universität im Dezember 1961 (also kurz nach Errichtung der Berliner Mauer) einen Entwurf Konzeption zur Schaffung eines Museums für Körperkultur vor. Als Ort des Museums wird Leipzig ins Spiel gebracht, es sollte dort zum IV. Deutschen Turn- und Sportfest 1962 eröffnet werden – was natürlich auch nicht umgesetzt werden konnte.

Die Skorningsche Idee wird im Februar 1965 als Deutsches Museum für Körperkultur von der DHfK in Leipzig mit Standort in Leipzig erneut ins Spiel gebracht. Auch dieser Vorschlag führt vorerst nicht zum Erfolg.

In beiden Teilen Berlins sind es Aktivitäten der Sportsenioren bzw. –veteranen, die schließlich durch ihre langjährigen ehrenamtlichen Tätigkeiten hartnäckig dafür sorgen, dass die Idee eines Sportmuseum Berlin Realität werden kann.

In Berlin (West) etablieren am 2. Februar 1954 ehemalige Leichtathleten unter der Leitung von Hans Senftleben den Willy-Kohlmey-Kreis, aus dem SCC-Mitglieder und der LSB-Gründungspräsident Gerhard Schlegel am 4. November 1976 das Forum für Sportgeschichte ausgründen. Das Forum ist seitdem Mitgliedsverband des LSB. Beide Vereinigungen sammeln intensiv zur Geschichte des Sports, veranstalten sporthistorische Ausstellungen und wollen ein Berliner Museum für den Sport aus der Taufe heben.

In Berlin (Ost) sind es die Sportveteranen des ehemaligen Arbeitersportvereins Fichte, die sich zuerst unorganisiert in einer Fichtekommission zusammenfinden und seit 1963 als Komitee der Alterssportler von Berlin (= Alterssportkommission) mit einem halboffiziellen Status seitens des Bezirksvorstandes Berlin des DTSB die Sportmuseumsidee in Berlin (Ost) verfolgen.

Im Protokoll der Sitzung der Alterssportkommission vom 13. Dezember 1968 wird festgehalten: „… uns für 1968 für die Einrichtung eines Kabinetts und Sportmuseum 8000 Mark zur Verfügung gestellt wurden. Der Raum in der Kinder- und Jugendsportschule ist bereits mit Möbeln ausgestattet.“ In einer Rechnung vom 30. Dezember 1968 heißt es: „Für die Einrichtung eines Kabinetts in der Kinder- und Jugend-Sportschule ‚Werner Seelenbinder‘ für das Sportmuseum Berlin berechnen wir Ihnen … für die dekorative Gestaltung des gesamten Kabinetts und Aufbau der Ausstellung durch die Werbeabteilung … 6.739 M.“

In diesem Dokument taucht erstmals der Begriff Sportmuseum Berlin auf, der aber offensichtlich aus übergeordneten Gründen nicht weiter verwendet werden sollte, weil von der DHfK ein Sportmuseum in Leipzig favorisiert wurde. Somit wäre ein Berliner Sportmuseum nur eine unliebsame Konkurrenz gewesen. Stattdessen wird die Bezeichnung Sporthistorisches Kabinett (SHK) gewählt.

Blick in die spätere große Halle der Dauerausstellung. Der Kinosaal ist abgerissen und an der Decke werden Brandspuren von 1945 sichtbar. – Foto: Gerd Steins, 22. November 2016 

Dieses Sporthistorische Kabinett wird am 24. April 1970 eröffnet und von der Alterssportkommission an den DTSB-Bezirksvorstand Groß-Berlin übergeben und in der Kinder- und Jugend-Sportschule ‚Werner Seelenbinder‘ (KJS) bis 1973 betrieben. Weil der Ausstellungsraum 1973 an die KJS zurückging, wurde das Sporthistorische Kabinett in den Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark verlagert und eröffnete dort am 25. Oktober 1974 eine neue Ausstellung.

Das SHK nahm von Beginn seiner Existenz an wesentliche Aufgaben eines Museums wahr: sammeln – bewahren – präsentieren sportmusealer Realien, Dokumente und Zeitzeugnisse aller Art. Seine materiellen, räumlichen und personellen Ressourcen blieben allerdings bescheiden. Bis 1985 ausschließlich ehrenamtlich von Alterssportlern betreut, waren seine Wirkungsmöglichkeiten letztlich begrenzt. Dennoch präsentierte es bis 1990 in ganz Berlin die einzige ständige Ausstellung zur deutschen wie zur Berliner Turn- und Sportgeschichte. Es wurde kontinuierlich auch von zahlreichen Gästen aus dem westlichen Ausland besucht.

 

Bauschild für die „Dauerausstellung“, das im August 2019 aufgestellt wurde. – Foto: Gerd Steins, 27. August 2020  

Das Sammlungszentrum Zentrales Sportmuseum der DDR übernimmt schließlich das SHK am 18. Mai 1989 mit Sammlungen, Personal und Räumlichkeiten und setzt hauptsächlich im Jahn-Sportpark die sportmuseologische Arbeit fort. Mit der Übergabe des Sammlungszentrums als Sportmuseum Berlin am 1. Oktober 1990 an den Magistrat von Berlin werden Sammlungen, Personal und Finanzen in Berliner Obhut gegeben und sind damit kein Museum des DDR-Staates mehr.

Am 3. Oktober geht die Verantwortung für das Sportmuseum Berlin auf die gesamtberliner Landesregierung über und wird schließlich am 18. Dezember 1990 der Senatsverwaltung für Kultur zugeordnet.

Gerd Steins

 

Das Sportmuseum Berlin wird 50 und erinnert an drei weitere Gedenkdaten:

Sportmuseum BERLIN – 2020 Newsletter-5 pdf mit Abbildungen

 

author: GRR