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10
2019

Kipchoge mit seinen Pacern - Foto: Horst Milde

Eliud Kipchoges Lauf in eine neue Dimension: Statements von Kipchoge, Veranstalter, Läufern und Mark Milde vom BERLIN-MARATHON

By GRR 0

Eliud Kipchoge durchbricht 2-Stunden-Marke im Marathon in Wien

Eliud Kipchoge hat als erster Mensch die Zwei-Stunden-Barriere im Marathon durchbrochen: In Wien lief der Kenianer über die 42,195 km die grandiose Zeit von 1:59:40.2 Stunden.

Der historische Lauf des 34-Jährigen begann um 8:15 Uhr bei perfekten Wetterbedingungen bei einer Temperatur von 9 Grad Celsius, trockenen, leicht nebeligen Bedingungen und praktisch ohne Wind auf der Wiener Reichsbrücke. Nach einer Startpassage von der Donau bis zum Riesenrad wurde auf der Prater Hauptallee gelaufen.

Die historische, von Bäumen gesäumte Allee im großen Parkareal des Wiener Praters war für die INEOS 1:59 Challenge aufgrund der langen, flachen Geraden und der windgeschützten Lage ausgesucht worden. Kipchoge lief auf einer Pendelstrecke achtmal in voller Länge über die Hauptallee und umrundete an den Enden jeweils das Lusthaus und den Praterstern.

Obwohl die genaue Startzeit des Rennens nicht einmal 17 Stunden vor Beginn des Rennens festgelegt wurde, gelang es dem lokalen Veranstalter-Team des Vienna City Marathons nach Schätzungen der Polizei rund 120.000 Zuschauer an die Strecke zu bringen. Sie feuerten Eliud Kipchoge und sein Team mit 36 Tempomachern – darunter einige der besten Mittel- und Langstreckenläufer der Welt – an und wurden Zeuge eines historischen Rennens.

Schon um sechs Uhr früh sammelten sich die Fans aus Wien, Österreich und zahlreichen Ländern weltweit im Zielbereich, um einen Platz in der ersten Reihe zu erlangen.

„Es ist großartig. Ich habe es geschafft, als erster Mensch, die Zwei-Stunden-Barriere zu durchbrechen. Ich muss mich bei meinem Pacemaker-Team bedanken, sie waren fantastisch und haben entscheidend dazu beigetragen, dass ich hier Geschichte schreiben konnte“, sagte Eliud Kipchoge zu seiner historischen Leistung. „Ich will das Positive des Sports zeigen. Ich will den Sport interessant machen, alle Menschen können laufen und gemeinsam können wir diese Welt zu einer schönen Welt machen.“

Dass seine Fabelzeit nicht als offizieller Weltrekord anerkannt werden kann, da die entsprechenden Bedingungen nicht aller erfüllt wurden, war vorher klar und störte Eliud Kipchoge nicht im geringsten. Ihm ging es einzig darum als Erster die Marathon-Traumzeit zu laufen und zu zeigen, dass Zeiten von unter zwei Stunden möglich sind.

Eliud Kipchoge lief praktisch durchweg ein gleichmäßiges Tempo von 2:48 bis 2:52 Minuten pro Kilometer, das von dem vor ihm fahrenden elektrischen Führungsfahrzeug und seinen Tempomacher-Gruppen vorgegeben wurde. Die Pacemaker-Gruppen bestanden jeweils aus sieben Läufern, die nach einigen Kilometern ausgetauscht wurden. Insgesamt waren 36 Athleten im Einsatz. Aus aerodynamischen Gründen liefen jeweils zwei der Tempomacher etwas versetzt hinter Eliud Kipchoge.

Eliud Kipchoge war vom Start weg durchweg auf Kurs für die Zeit von unter zwei Stunden. Nach 28:10 Minuten passierte er die 10-km-Marke, nach 59:54 (inoffiziell) hatte er die erste Hälfte absolviert. Damit war er schneller als der Rekordhalter des Wiener Halbmarathons: Äthiopiens Superstar Haile Gebrselassie war 2011 bei dem Rennen, das im Rahmen des Vienna City Marathon stattfindet, 60:18 Minuten gelaufen. Die nächsten markanten Zwischenzeiten folgten bei 25 und 30 km. Hier war Eliud Kipchoge mit 1:10:59 beziehungsweise 1:25:11 Stunden jeweils schneller als die jeweiligen Weltrekorde. 2012 war sein Landsmann Dennis Kimetto beim Berliner 25-km-Lauf 1:11:18 Stunden gelaufen, im vergangenen Jahr hatte Kipchoge selbst beim Berlin-Marathon die 30-km-Marke nach 1:26:45 passiert.

Nick Bitel (r.) , Chef vom London-Marathon, der an der Organisation beteiligt war, und Mark Milde während des Rennens – Foto: Horst Milde

Die letzten zehn Kilometer waren dann entscheidend. Ein Polster von rund zehn Sekunden hatte Eliud Kipchoge bezogen auf die Zielzeit von 1:59:59 Stunden. Eine Schwächeperiode durfte er sich in dieser Phase nicht leisten. Mit Kilometerzeiten von genau 2:50 Minuten zwischen 33 und 40 km fegte er jeden Zweifel von der Straße. Nachdem das Führungsfahrzeug wie geplant bei Kilometer 41 zur Seite gefahren war, folgte Eliud Kipchoge zunächst noch seinen Tempomachern. Mit dem Ziel vor Augen setzte er sich dann rund 500 Meter vor dem Zieltor an die Spitze und stürmte die letzten 1.000 Meter sogar in 2:42 Minuten durch den Prater.

Unter dem Jubel der Zuschauer erreichte Eliud Kipchoge nach 1:59:40.2 Stunden das Ziel und schrieb damit ein Kapitel Sportgeschichte:

Als Erster unterbot er die Zwei-Stunden-Barriere im Marathon. Eliud Kipchoge steht damit in einer Reihe mit Athleten wie Roger Bannister oder Usain Bolt, die ebenfalls Außergewöhnliches erreichten. Der Brite war 1954 als Erster die Meile unter vier Minuten gelaufen, der Jamaikaner hält seit 2009 den 100-m-Weltrekord mit 9,58 Sekunden.

„Ich war vom ersten Kilometer an zuversichtlich, obwohl ich vorher natürlich schon den enormen Druck gespürt hatte“, erzählte Eliud Kipchoge. „Ich war ruhig am Anfang des Rennens und bin einfach mein Tempo gelaufen beziehungsweise den Tempomachern gefolgt.“ Befragt nach einer vermeintlichen Schwäche-Periode nach der Halbmarathonmarke, sorgte Eliud Kipchoge mit seiner knappen, deutlichen Antwort für Gelächter in der Pressekonferenz: „Stimmt nicht!“

Der US-amerikanische Weltklasseläufer Bernard Lagat, der auf dem ersten und dem letzten Abschnitt als Tempomacher im Einsatz war, sagte: „Bei Kilometer 41 war ich 100-prozentig sicher, dass Eliud es schaffen wird. Eliud lief plötzlich neben mir und ich sah, dass er stärker wirkte als auf den 41 bisherigen Kilometern.“

Sir Jim Ratcliffe, der Vorsitzende von INEOS, erklärte: „Das war sensationell. Es ist schwer zu glauben, dass es tatsächlich passiert ist, weil es so schnell gegangen ist. Am letzten Kilometer hat er sogar noch beschleunigt. Als er auf diese Weise durchkam, das war fast übermenschlich. Ich kann es nicht glauben, dass er es geschafft hat.“

Gerhard Wehr vom Vienna City Marathon, der als lokaler Veranstalter die Organisation vor Ort leitete, sagte: „Es war ein Tanz auf der Rasierklinge, sportlich und organisatorisch. Einen herzlichen Dank an unser Team und an alle Partner. Es sind unvergessliche Momente, die wir in Wien mitgestalten und erleben durften. Die Stimmung war grenzgenial. Das ist Sportgeschichte, made in Vienna.“

Gerhard Wehr (lks.) und Wolfgang Konrad, der Veranstalter, – glücklich nach „getaner Arbeit“ – Foto: Horst Milde

Wolfgang Konrad, Veranstalter des Vienna City Marathon, sagte: „Danke, Eliud! Das ist unbeschreiblich. An dieses Ereignis werden sich Generationen erinnern. Wer den Zieleinlauf erlebt, kann nur begeistert sein. Wien ist jetzt die Heimat für den schnellsten Marathon der Welt und auf immer mit dem ersten 1:59-Marathon verbunden. Das gesamte Rennen ist eine fantastische weltweite Werbung für den Laufsport und für Wien.“

Mark Milde, Race Director des BMW Berlin Marathons erlebte den historischen Moment im Prater mit. Zu Eliud Kipchoge und dem 1:59-Rennen in Wien hat er eine besondere Beziehung. Nicht nur, dass Kipchoge in Berlin 2018 den Marathon-Weltrekord von 2:01:39 gelaufen ist.

Mark Milde vom BERLIN-MARATHON im Interview in Wien – Foto: Simone Salzger

Milde war es auch, der Wien aus Austragungsort der INEOS 1:59 Challenge ins Spiel gebracht hat. „Ich kenne die Prater Hauptallee ja vom jährlichen Vienna City Marathon und wusste um die perfekten Bedingungen“, so Milde, der beim VCM das Elitefeld zusammenstellt. Nachdem eine ursprünglich in England geplante Austragung aufgrund der unsicheren Witterungsbedingungen nicht weiter verfolgt wurde, hat man im Osten Deutschlands und auch in Berlin gesucht. Als dies nicht realisiert werden konnte, gab Mark Milde den Tipp mit Wien. „Ich bin da etwas über mein Ego gesprungen, weil schon klar war, dass hier die 2-Stunden-Marke fallen kann. Aber der Weltrekord ist nach wie vor in Berlin und dieses Wiener Rennen wird viele weitere Läufer zu besonderen Leistungen inspirieren.“

Der dreifache Europameister Jakob Ingebrigtsen, mit 19 Jahren der jüngste im Pacemakerteam von Kipchoge, war von der Atmosphäre stark begeistert. „Wir Pacemaker mussten untereinander kommunizieren, und das war ein bisschen schwierig mit so vielen Leuten, die uns anfeuern. Aber darüber kann ich natürlich nichts Schlechtes sagen, im Gegenteil. Es ist verrückt, solchen Support von der Menge zu haben.“

Unter den Fans waren auch viele der österreichischen Topläufer. Marathon-Ass Peter Herzog (Union Salzburg): „Ich habe hautnah dabei sein dürfen. Es war richtig cool, es war sicherlich ein ganz spezieller Moment, so etwas miterleben zu dürfen, wo Sportgeschichte geschrieben worden ist. Ich habe nie daran gezweifelt, dass er es nicht schaffen wird, weil ich habe vorher einfach gehört, dass er im Training so gut drauf war wie noch nie zuvor. Das hat auch dann im Rennen immer so gewirkt. Er ist richtig souverän gewesen. Die Bedingungen waren perfekt, die Stimmung war unglaublich. Das war für mich, sage ich einmal, die große Überraschung, dass wirklich so viele Leute kommen. Das ist natürlich Mega-Werbung für den ganzen Laufsport.“

Markus Ryffel (lks.) (SUI), Olympiazweiter 5000 m in 13:07,54 min bei den Olympischen Soielen 1984 in Los Angeles (USA) und Mark Milde – Foto: Horst Milde

Andreas Vojta (team2012.at), Olympiateilnehmer von London 2012: „Es war auf jeden Fall geil. Ich war selbst vor Ort. Ich bin im Verlauf des Rennens ein bisschen die Strecke rauf- und runtergewandert. Es war schon saugeil. Mir ist natürlich klar, dass das jetzt ein zu gewissen Maßen inszeniertes Rennen gewesen ist mit Laborbedingungen, aber es war schon cool. Die Pacemaker sind auch die besten Läufer der Welt. Dass die alle in Wien herumrennen, das war schon eine coole Sache.“

Marathonläufer Christian Steinhammer (ULC Riverside Mödling), der gemeinsam mit den VCM Team Austria Läufern Peter Herzog und Lemawork Ketema 2018 EM-Bronze in Berlin gewonnen hatte: „Für mich ist das noch immer noch gar nicht zu glauben, dass das Ganze in Wien stattgefunden hat. Wenn man Eliud ins Gesicht geschaut hat, der war schon vom Anfang bis zum Ende extrem fokussiert und das Ganze hat extrem kontrolliert ausgeschaut von ihm. Zum Schluss hat man schon gewusst: Der schafft das.“

Marathonläuferin Eva Wutti (SU Tri Styria), die morgen beim Graz-Halbmarathon starten wird: „Ich hab es mir von Anfang an natürlich im ORF angeschaut und das war schon richtig cool. Vom ersten Schritt bis zum letzten hat es so unglaublich locker ausgeschaut, das war schon sehr, sehr beeindruckend.“

Quelle: Vienna City Marathon

 

 

author: GRR