Andy Wacker vor Benedikt Hoffmann auf Sunnegga, das Matterhorn grüßt aus der Ferne - Foto: Wilfried Raatz/ wus-media
Herausragend: Benedikt Hoffmann gewinnt Zermatt-Marathon 2019 – Nach Nicht-Berücksichtigung zum EM-Aufgebot erfüllt sich der Heilbronner einen Traum mit dem Sieg am Gornergrat – Wilfried Raatz berichtet
Auch deutscher Erfolg beim Ultra-Marathon durch Sammy Schu – Martina Strähl gelingt Comeback nach fast einjähriger Verletzungspause
Der 34jährige Benedikt Hoffmann ist sicherlich die Überraschung beim Gornergrat Zermatt Marathon. Mit der Startnummer 6 erfüllt sich der für die TSG Heilbronn startende inzwischen in Stockach am Bodensee lebende Lehrer einen Traum, nämlich den Gornergrat Zermatt Marathon zu gewinnen.
Nach 3:04:59 Stunden passiert er nach 42,2 km und 1944 Höhenmetern als Sieger der 18. Auflage des Zermatt-Marathons die Ziellinie am Riffelberg in 2585 m Höhe – und liegt dabei vor den favorisierten Shaban Mustafa (Bulgarien/ 3:07:15), Francois Leboeuf (Schweiz/ 3:09:39) und dem lange führenden US-Amerikaner Andy Wacker (3:12:06).
„Für mich ist dies eine kleine Entschädigung über die Nicht-Berücksichtigung in das EM-Aufgebot“, freute sich Benedikt Hoffmann im Ziel. „Damit dürfte ich bewiesen haben, dass ich selbst drei Wochen nach dem Stelvio-Marathon wieder erholt bin und zu einer besonderen Leistung fähig bin. Für mich ist mit dem Sieg in Zermatt ein Traum in Erfüllung gegangen, schließlich ist der Gornergrat Zermatt Marathon einer der bedeutendsten Rennen!“
Noch bei der Halbzeit am Bahnhof Zermatt führte mit Andy Wacker, dem Langdistanz-WM-Dritten des an gleicher Stelle 2015 ausgetragenen Weltchampionats, der erklärte Favorit des Rennens mit großem Vorsprung, den er sich vom Start in St. Niklaus (1116 m Höhe) bis zum weltberühmten Sommer- und Wintersportort Zermatt (1616 m) herausgelaufen hatte.
Mit rund drei Minuten Rückstand folgte eine Dreiergruppe mit dem bulgarischen Jungfrau-Marathon-Sieger Shaban Mustafa, dem inzwischen in der Schweiz verheirateten gebürtigen Kanadier Francois Leboeuf und Benedikt Hoffmann, der dreifache Zermatt-Marathonsieger Patrick Wieser lag zu diesem Zeitpunkt schon deutlich abgeschlagen auf Rang sieben.
Im selektiven Anstieg zur Sunnegga-Bergstation bei km 31,7 in 2280 m Höhe hatte sich das Blatt gravierend gedreht: Benedikt Hoffmann hatte zu Andy Wacker aufgeschlossen, die ersten Verfolger mit Mustafa und Laboeuf schon deutlich dahinter. „Ich konnte ohne Mühe auflaufen. Wir haben uns zunächst in der Führung abgewechselt, das hat richtig Spaß gemacht. Im finalen Anstieg zum Riffelberg habe ich aber gemerkt, dass Andy wohl doch völlig überdreht hatte….“
Im Stil eines Weltklasseathleten triumphierte Benedikt Hoffmann auf den finalen Kilometern, die auf einer Skipiste entlang der Gornergratbahn zum Ziel führten. Mit 3:04:59 Stunden lief er die achtbeste Zeit in der achtzehnjährigen Geschichte dieses großartigen Laufes, bei dem über 2500 Teinehmer (in der Addition mit dem Ultra-Marathon, dem Halbmarathon und der Marathonstaffel) teilnahmen.
Den Streckenrekord hält seit 2014 der Kenianer Paul Maticha Michieka mit 2:55:04 Stunden, der Italiener Tommaso Vaccina war bei seinem WM-Sieg 2015 mit 3:01:51 lediglich vier Minuten schneller als Benedikt Hoffmann, dessen erklärtes Saisonziel die 50 km-Weltmeisterschaften im September sein werden. „Wenn mich der DLV berücksichtigt, dann möchte ich natürlich noch gerne die Langdistanz-WM im November in Argentinien laufen!“
Während Benedikt Hoffmann zum Siegerinterview parat stand, sicherte sich mit Sammy Schu ein weiterer Deutscher den Sieg beim 45,5 km langen Ultra-Marathon, der über den Riffelberg hinaus zum Gornergrat auf 3089 m und einer Gesamtsteigung von 2458 m führte. Nach 4:12:03 Stunden war der Saarländer im Ziel und konnte nicht glauben, dass er bei seiner Premiere zugleich als Sieger gefeiert wurde. „Ich bin noch nie so lange gelaufen“, gestand Sammy Schu.
„Vor allem mit einem 5:30er Schnitt noch nicht so langsam. Der frühere deutschen U23-Berglaufmeister ist eher polysportiv unterwegs und genießt die langen Radausfahrten und das geländebetonte Laufen im Taunus, wo er inzwischen lebt und arbeitet. Vor sechs Wochen erst hatte er sich für sein Debüt beim Zermatt-Marathon entschieden, da seine langlaufbegeisterten Eltern einen Start in Zermatt geplant hatten.
„Ich bin ohne jegliche Erwartungen mitgefahren und habe auf der Iso-Matte neben dem Campingbus meiner Eltern geschlafen!“ Mit 4:13:04 bzw. 4:15:07 Stunden folgten mit Mathias Imsand und Bernhard Eggenschwiler zwei Schweizer auf den Plätzen.
Bei den Frauen setzte sich nach 2013, 2014 und 2016 nun bereits zum vierten Mal die Französin Aline Camboulives durch. Sie lief bei ihrem vierten Sieg nach 3:50:00 über die Ziellinie am Riffelberg mit einem Fünf-Minuten-Vorsprung. Gleich fünfzehn Minuten legte Simone Hegner bei ihrem dritten Sieg in Folge zwischen sich und der ersten Verfolgerin bei einer Siegerzeit von 4:36:26 Stunden.
Mit einem ungefährdeten Sieg meldete sich auf der von Zermatt aus zum Riffelberg führenden Halbmarathondistanz das lange Jahre die schweizer Berglaufszene bestimmende Martina Strähl zurück. „Seit sechs Wochen erst bin ich wieder im Lauftraining – und ich bin zufrieden mit meinem Resultat. Schmerzen hatte ich keine, musste aber feststellen, dass mir nach einem Jahr Verletzungspause aber noch vieles zur Normalform fehlt“, gestand die 32jährige Schweizerin, die auf dieser Strecke 2015 Weltmeisterin in der heute noch gültigen Rekordzeit von 3:21:38 Stunden wurde und zudem zweifache Berglauf-Europameisterin wurde.
Dies erklärt allerdings auch, weshalb sie nicht im Schweizer Team bei den europäischen Titelkämpfen am Sonntag steht. „Wenn es aber weiter bergauf geht, dann möchte ich schon im Herbst den Berlin-Marathon laufen…!“ Schließlich ist da bei Martina Strähl noch die Limite für die Olympischen Spiele in Tokio im Hinterkopf.
Wilfried Raatz