Der Boston Marathon 2019 und die HERZLICHKEIT – Eva Thonfeld* läuft den Boston Marathon

Wenn mich jemand fragt, wie ich den Boston Marathon 2019 in einem Wort beschreiben würde, dann ist es HERZLICHKEIT!

Berlin hat an jedem Kilometer Musik, London die Sehenswürdigkeiten und New York die Brücken. Aber Boston ist irgendwie einzigartig – eine Kleinstadtatmosphäre auf grosser Weltbühne.

 

Akkurate Vorbereitung der Ausrüstung – Foto:  Eberhard Thonfeld / camera 4

In Boston wechselt das Wetter alle Stunde und selbst am Lauftag gibt es keine klare Ansage. Es könnte regnen, aber es könnte auch die Sonne scheinen. Trotzdem stehen am Start in der Kleinstadt Hopkinton viele Bewohner mit Vaseline und Sonnencreme bereit.

Morgens auf dem Weg zum Startbus – Foto: Eberhard Thonfeld / camera 4

Herzlichkeit heißt, wenn man am Morgen im Regencape des Bostoner Baseball Rivalen NY Yankees und mit Plastiktüten um den Schuhen den Busshuttle zum Start besteigt und einem die Mitstreiter achtungsvoll zunicken und danach mit ihrem Sitznachbarn die Vorbereitung und sportlichen Erfolge durchsprechen.

Herzlichkeit heißt, wenn die Vororte von Boston in Party Stimmung erwachen, egal ob Sonne oder Dauerregen. Auf der Route durch typisch amerikanische Vororte spielen Bands, Freunde treffen sich vor ihren Häusern zum Grillen . Aus den Musikanlagen dröhnen Laufklassiker wie Bruce Springsteen‘s “Born to Run”. Ältere Ehepaare sitzen auf Campingstühlen vor ihrem Haus und läuten die typischen Marathon Glöckchen und Familien haben kistenweise Orangen und Jelly Beans gekauft und bieten diese den Läufern an.

Dieser Boston Marathon war besonders heiss.

Tage zuvor gab es noch Wetterwarnungen und die Sorge, dass sich die eisigen Bedingungen von 2018 wiederholen würden. Am frühen Morgen zog ein Gewitter über die Stadt und der Regen prasselte so stark, dass man nicht einmal einen Hund vor die Tür geschickt hätte. Doch als wir im Shuttlebus sassen, hört er plötzlich auf und die Temperaturen stiegen auf unglaubliche 24 Grad – es gabt wenig Schatten auf der Strecke!

Abklatschen auf der Strecke – Foto: Eberhard Thonfeld / camera 4

Aber das Publikum an den Straßen scheint mit dem Wetterwechsel vertraut. Plötzlich werden eben Eiswürfel und kalte Tücher gereicht und einige Nachbarn stellen ihre Gartensprenger an, um die Läufer abzukühlen. Jeder, der das kalte Nass genießt, bedankte sich herzlich.

Herzlichkeit, das sind auch die Hunderte von Volontären an der Strecke, die in der Vergangenheit selbst den Marathon gelaufen sind. Sie feuerten an und gaben Tips, als nach 20 Meilen die Newton Hills begannen und jedem Läufer am Heart Break Hill das Herz wirklich ein wenig in die Hose rutschte “eskalierte” die Stimmung.

Vorne laufen die Tops – Foto: Eberhard Thonfeld / camera 4

Nach 3 Marathons in Berlin, London und New York war dieser Boston Marathon für mich der härteste. Eine Woche vorher entzündete sich bei mir der Piriformis Muskel und das Laufen wurde trotz Physio und Chiropraktiker schwer. Am Tag vorher gab es noch letzte Massagen von meiner Mutter und meiner Schwester und ich haben mit Hilfe von YouTube Videos das Bein getaped. Doch am Tag des Marathons war der Schmerz plötzlich weg, alle Nervosität nach den ersten 10km und im Trubel des Publikums vergessen.

Nach den Ereignissen vor 6 Jahren prägte Boston die Worte BOSTON STRONG, um die Einigkeit und den Zusammenhalt in der Stadt trotz dieser Tragödie zu manifestieren.

Eva freut sich schon  – Foto: Eberhard Thonfeld / camera 4

BOSTON STRONG steht an vielen Punkten an der Strecke geschrieben und motivierte uns Läufer durchzuhalten, auch wenn es manchmal ganz schön weh tat.

Aber BOSTON STRONG  ist auch ein wichtiges Mantra für die Bostoner selbst. Der Marathon ist eine der wichtigsten Veranstaltungen in ihrem Kalender. Sie garantieren Herzlichkeit  und Wohlfühlatmosphäre und  das haben sie grandios 2019 geschafft.

Freude pur – Foto: Eberhard Thonfeld / camera 4

Danke Boston!

Eva Thonfeld 

*Eva Thonfeld  (1980 in Potsdam geboren, lebt und arbeitet in London) Ihren ersten “Lauf” bestritt sie in Berlin beim SCC Frauenlauf 2005 über 5 km Fun Run

Verpackt in Folie nach Zieldurchlauf – Foto: Eberhard Thonfeld / camera 4

Glücklich mit Medaille Eva Thonfeld – Foto: Eberhard Thonfeld / camera 4