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22
04
2019

Klaus Gottert 1976 mit seinem Schützling Matthias Weller auf dem Weg zum Spartakiadegold. Matthias wurde dann später zwei Mal DDR-Vizemeister im Marathon. - Foto: Dr. Hans-Georg Kremer

Gotterts machen Marathon populär – Dr. Hans-Georg Kremer berichtet

By GRR 0

Anfang der 1950er Jahre gab es in Jena einige gute Mittel- und Langstreckenläufer, angefangen bei Paul Dern, Manfred Dressler, bis hin zu Wolfgang Ittershagen und Heinz Niebergall.

Keiner widmete sich aber der Marathonstrecke, welche in der 1949 gegründeten DDR auch seltener gelaufen wurde. Langestreckenlauftalente, wie z. B. Rüdiger Grunow, der als Jugendlicher aus Wasungen nach Jena kam, wurden von den damaligen Trainern, wie Arthur Linß eher auf die 3000m Hindernisstrecke oder auf Crossläufe orientiert.

Eine grundsätzliche Änderung setzte erst ein, als Klaus Gottert Mitte der 1970er Jahre der Langstreckenlauftrainer beim SC Motor Jena wurde. Klaus stammte aus Leipzig und war mit seinen Eltern und zwei Brüdern 1956 nach Gera gezogen. Klaus war da schon in der Kinder- und Jugendsportschule in Leipzig und ging nach dem Abitur auf eine Offiziersschule. In dieser Zeit startete er häufig mit seinen Brüdern, Frank und Steffen für die Betriebssportgemeinschaft (BSG) Lok Gera, die in der Leichtathletik in Gera Spitze war.

Ihr Trainer wurde Werner Scheffler, der die drei Gottertbrüder ermutigte, sich dem Langstreckenlauf zu widmen. Klaus konnte da schon auf einige Erfolge verweisen, wie den DDR-Jugendmeister mit der 3x1000m-Staffel. Für Lok Gera starteten die drei Gotterts bei vielen Straßenläufen. Zu damaliger Zeit gab es eine zahlenmäßig kleine aber leistungsstarke Straßenlaufszene in der DDR, die über 10-, 20-, 25 Kilometer bis zum Marathon bestritten.

Populär waren auch Stundenbahnläufe, wo die Gotterts als Dreierteam einen DDR-Rekord aufstellten und dafür 1962 in Gera „Sportler des Jahres“ wurden. Auch bei der Armee war Klaus Gottert, wie seine Brüder sportlich sehr aktiv beim Armeesportklub (ASK Vorwärts).

Alle drei Gotterts schafften dann im Verlaufe ihrer weiteren Karriere Marathonbestzeiten unter 2:20, was wahrscheinlich einmalig, zumindest in Europa, ist. Ihre Wege trennten sich aber während der Armeezeit und Klaus Gottert, der auf der Offiziersschule als Ingenieur für Hochfrequenztechnik ausgebildet wurde, konnte auf Grund seines sportlichen Engagements eine Funktion als Sportoffizier bekommen. 1966 wurde er als Marathonläufer in den Olympiakader aufgenommen, schaffte aber wegen einer langwierigen Verletzung den Sprung in die Mannschaft nicht und verließ auch die Armee.

Da er ein Fernstudium als Trainer hatte, bekam er die Möglichkeit an der Kinder- und Jugendsportschule in Bad Blankenburg anzufangen, von wo er 1974 zum SC Motor Jena delegiert wurde. Sportlich wurde er Anfang der 1970er Jahre wieder aktiv und schaffte sogar noch mal eine Marathonzeit von 2:25:01. 1974 wurde einer der ersten Rennsteigläufer und blieb bis heute als Seniorensportler sehr aktiv. In den letzten Jahren nahm er erfolgreich an Senioreneuropa- und –weltmeisterschaften im Gehen teil.

Nach dem Olympiasieg von Waldemar Cierpinski setzte auch im DDR-Leistungssport eine regelrechte „Marathonwelle“ ein. Klaus Gotterts Trainingsgruppe beim SC Motor Jena gehörte zu den führenden Teams, besonders bei den Frauen. Der Frauenmarathon, der erst ab 1982 bei DDR-Meisterschaften zugelassen wurde, gehörte neben den Männern zur Erfolgsdomäne von Klaus Gottert als Trainer.

Ute Möckel war 1984 die erste DDR-Meisterin auf dieser Strecke für Jena (2:42:30). 1985 folgte Birgit Weinhold (2:32:48), 1988 und 1990 Andrea Fleischer (2:41:59). Insgesamt fünf Mal wurde Kristina Garlipp DDR-Vizemeisterin. Ihre beste Zeit war dabei 2:35:05, und 1988 war Kerstin Herzberg mit einer Bronzemedaille erfolgreich. Birgit Stefans Bestzeit von 2:32:32 (1990) steht heute noch auf Platz 24 in Deutschland. Danach taucht dann als „Volkssportlerin“ Angela Nüske vom USV Jena mit 2:49:21 aus dem Jahre 1995 auf Platz 152 der ewigen Bestenliste auf.

Die gravierenden Änderungen bei der Förderung des Leistungssports nach 1990 auf dem Gebiet der ehemaligen DDR führten dazu, dass sich das Marathonzentrum in Jena auflöste.

Dr. Hans-Georg Kremer in der Thüringischen Landeszeitung

 

 

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