Premieren-Überraschung durch Julia Bleasdale - Foto: Wilfried Raatz - wus media
Swissalpine Irontrail Davos St. Moritz 2018 – Premieren-Überraschung durch Julia Bleasdale – Wilfried Raatz berichtet
Die Deutsch-Britin mit Wohnsitz Pontresina lief der favorisierten Jasmin Nunige auf und davon beim 84,9 km langen Trail von St. Moritz nach Davos – Tofol Castanyer wiederholte Vorjahressieg auf deutlich anspruchsvoller Strecke – Ramon Casanovas gewinnt mit über eineinhalb Stunden Vorsprung den T127.
Die neue Königsdisziplin beim Swissalpine Irontrail sorgte für viele Diskussionen im Vorfeld der 33. Auflage des hochalpinen Ultralaufspektakel mit dem Dreh- und Angelpunkt Davos -und überzeugte trotz der deutlich anspruchsvolleren Strecke über nunmehr 84,9 km und +3641 m/-3933 Höhenmetern. Mehr Trails und weniger breite Forstwege, das ist der Trend nun auch beim traditionsreichen Lauf in der Landschaft Davos und damit auch die Abkehr von der zuletzt über 78 km führenden Strecke von Davos über Bergün, die Keschhütte und den Sertigpass wieder zurück nach Davos.
Während der Spanier Tofol Castanyer seinen Vorjahressieg im Wettbewerb K78 nun auch vom neuen Startort St. Moritz im Oberengadin nach Davos mit einer eindrucksvollen Leistung nach 8:20:43 Stunden wiederholen konnte, gab es bei den Frauen eine große Überraschung: Die in Pontresina lebende Deutsch-Britin Julia Bleasdale überraschte die siebenfache Swissalpine-Siegerin Jasmin Nunige mit einer eindrucksvollen Vorstellung und letztlich fast 27 Minuten Vorsprung bei einer Siegerzeit von 9:42:14 Stunden.
„Eine mega schöne Strecke mit so vielen Abwechslungen“, freute sich die 37jährige frühere britische 5000 m-Olympiastarterin, die seit 2016 auch den deutschen Pass besitzt und für den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) bei den Cross-Europameisterschaften 2016 an den Start gegangen war. „Ich wollte mein Rennen laufen – und das ist mir gelungen. Der Wechsel zwischen steilen Passagen und eher flachen Strecken, bei denen man gutes Tempo laufen kann, liegt mir besonders!“
Deshalb war es keineswegs überraschend, dass die Deutsch-Britin schon nach zwölf Kilometern bei der Bergstation Muottas Muragl auf 2.456 m gut vier Minuten Vorsprung auf Jasmin Nunige hatte – und diesen Vorsprung kontinuierlich ausbauen konnte. Nach der Streckenhälfte in Bergün lag Julia über 12 Minuten voraus, büßte aber keineswegs auf dem besonders von Jasmin geliebten Aufstieg zur Keschhütte und dem Sertigpass nichts ein, vielmehr vergrößerte den Abstand zur Königin des Swissalpine.
„Zwischen 30 und 50 Kilometern fiel es mir schon schwer, nach 50 Kilometern noch schwerer. Schließlich war meine bislang längste Wettkampfstrecke die Marathondistanz und jetzt hatte ich mir die doppelt so lange Strecke vorgenommen!“
Julia Bleasdale – Foto: Wilfried Raatz – wus media
Aber wie kommt eine Top-Langstrecklerin auf eine derartige Idee, einen hochalpinen Ultralauf zu bestreiten? „Ein Freund, mit dem ich regelmäßig laufe, hat mich dazu vor zwei Wochen überredet!“ In ihrer Wahlheimat Pontresina genießt sie die Läufe in der herrlichen Oberengadiner Natur. „Tempoläufe bestreite ich keine mehr, dafür genieße ich das Laufen im Hochgebirge!“ Mit 9:42:14 Stunden setzte sie das erste Maß auf der neuen Königsstrecke, die sich allerdings erst noch etablieren muss im Konzert der kaum zu überblickenden Trailläufe.
Keineswegs enttäuscht zeigte sich Jasmin Nunige, die nach ihrem wegen Fußbeschwerden bedingten Ausstieg im Vorjahr eindrucksvoll zurückkehrte und dabei einer wie entfesselt laufenden Julia Bleasdale unterlegen war. „Ich bin glücklich, dass es gut gegangen ist. Natürlich fehlt mir die Leichtigkeit, die Julia heute zweifellos hatte!“ Und zur neuen Königsdisziplin? „Sie ist sehr schön, aber technisch anspruchsvoll. Die vielen wunderschönen Passagen sind einfach Highlights. Mit einer Laufzeit von neun bis zehn Stunden ist sie allerdings um einiges härter….!“
Seinen Anteil an einem raschen Bekanntwerden jedenfalls lieferte Tofol Castanyer in eindrucksvoller Manier ab. Der 36jährige Spanier mit Wohnsitz auf der Ferieninsel Mallorca geht in die Annalen des Swissalpine als letzter K78-Sieger – und nun auch als Premierensieger auf der neuen T88-Distanz ein. Nach einem Alleingang erreichte er das Ziel im Sportzentrum Davos nach 8:20:43 Stunden und einem überaus komfortablen Vorsprung von 47 Minuten auf Vajin Armstrong (Neuseeland/ 9:08:23) und dem nur wenige Sekunden dahinter einlaufenden Schweizer Patrick Cathry (9:08:55). „Das ist ein phantastisches Rennen. Für mich deutlich besser als im Vorjahr, weil es technisch anspruchsvoller ist als der bisherige Kurs!“
Der Spanier wollte die Premiere des Swissalpine Irontrail über 84,9 km allerdings mehr als einen Testlauf verstehen, denn in vier Wochen startet er beim Ultra Trail du Mont Blanc über 119 km und 7200 Höhenmetern.
Auf der T127-Distanz, die in Samedan gestartet wurde und über 125,1 km und einer Höhendifferenz von +6236 m/-6421 m führt, setzte sich mit Ramon Casanovas der Irontrailsieger (über 214 km) des Jahres 2015 durch. Der Geschäftsführer der Schweizer Naturfreunde sah praktisch nur 500 m lang nach dem Start einen Konkurrenten neben sich, dann war der 38jährige Bieler alleine – und dies 15:40:36 Stunden lang. „Ich bin die ersten 30 km hohes Tempo gelaufen, dann habe ich es ruhiger angehen lassen!“ Und gab zu, in der Nacht die beleuchteten Dörfer entlang der Strecke genossen zu haben wie auch den eindrucksvollen, blutroten Vollmond.
Im Ziel dauerte es eine Eindreiviertelstunde, bis mit Patrick Wilcock der Zweitplatzierte die Zeitmessung auslöste. Der Südafrikaner, der seit 2007 in der Schweiz lebt, musste allerdings mit dem Handikap laufen, sich bei einem Sturz im frühen Streckenabschnitt eine schwere Handverletzung zugezogen zu haben.
Bei den Frauen war Denise Zimmermann nach 18:47:17 Stunden als überlegene Siegerin im Ziel.
Wilfried Raatz