Der Lauf ist ohne Zweifel kurz nach dem Jahreswechsel DAS Sportereignis auf der Insel.
Großartig von Nihon TV in allen Facetten in Szene gesetzt, verfolgen mehrere 10 Millionen Zuseher das Geschehen landesweit am Bildschirm, einige Millionen Zuschauer (und diese Zahlen sind belastbar) stehen in mehreren Reihen am überwiegenden Teil der Strecke.
Nachdem im Vorjahr das Team der Toyo University die Serie von vier Erfolgen der Aoyama Gakuin University (AGU) unterbrechen konnte, liegt nach dem ersten Tag und der Hälfte des Rennens etwas überraschend auf der Basis der individuellen Leistungen Aoyama Gakuin vorne. Erst im letzten Jahr konnte die Toyo University für den 107,5 km langen Hinweg in 5:26:31 Stunden einen neuen Hakone-Rekord aufstellen.
Aktuell hat AGU in kaum fassbaren 5:21:16 die Führung, womit man über 5 Minuten schneller war als jemals ein Team in der 100-jährigen Geschichte des Hakone. Gut eine Minute dahinter liegt die Tokai University in 5:22:45 – also auch noch deutlich unter der alten Bestmarke – , danach sind die Abstände zu den weiteren Teams so groß, dass nur noch AGU und Tokai für den Sieg nach dem Rückweg ins Stadtzentrum von Tokyo in Frage kommen dürften.
Zur Einordnung der Leistungen der japanischen Studenten auf den jeweils etwa einen Halbmarathon langen Etappen (es gibt nur wenige afrikanische „Gast-Studenten“ in den Teams) sei angemerkt, dass die Zeit von AGU einem km-Schnitt von 2:59 Minuten entspricht. Dabei ist noch zu beachten, dass die letzte Etappe des ersten Tages hinauf nach Hakone über einen Pass mit 874 m Seehöhe führt. Ansonsten waren fast alle der insgesamt 230 Aktiven durchweg mit km-Splits von unter 3 Minuten auf den über 20 km langen Etappen unterwegs.
Sekunden vor dem Start des 96. Hakone Ekiden im Zentrum von Tokyo. (c) NTV/Livestream
Mit japanischer Pünktlichkeit wurde das Rennen in der Nähe des Kaiserpalastes pünktlich um 8 Uhr Ortszeit gestartet und gegenüber dem Vorjahr extrem schnell angelaufen. 2:45 Minuten wurden für den ersten Kilometer gestoppt – im letzten Jahr waren das 3:03 – und nach einem km-Abschnitt in 3:05 ging es mit Splits von 2:48, 2:53, 2:53, 2:51, 2:54 und 2:53 weiter. Bei 5 km nach 14:23 lagen noch 19 Teams vorne zusammen, von denen 3 bis 10 km nach 28:48 zurückfielen. Bei 15 km in 43:15 blieben an der Spitze noch 10 Läufer übrig, was sich im folgenden stetig reduzierte. Am Ende war es Rei Yonemitsu (Soka Univ), der die erste Etappe von 21, km Länge in 1:01:13 gewann und dabei den Kursrekord für dieses Segment um nur 7 Sekunden verpasste.
Kota Fujiki von Koku Gakuin University (KGU) hatte als Zweiter 5 Sekunden Rückstand, die Nittai University mit Yohei Ikeda lag weitere 3 Sekunden zurück. Erst auf Platz 7 folgte Aoyama Gakuin University mit 18 Sekunden Rückstand. Damit war für die Folgezeit die Bühne für ein sehr schnelles Rennen bereitet. Auf der zweiten Etappe fanden sich nach einem ersten Kilometer in 2:52 vier Läufer an der Spitze, was sich bald darauf auf 7 Läufer erhöhte. Erst nach 15 km blieben vorne 4 Akteure übrig, von denen AGU mit Hironori Kishimoto als Erste wechselten, eine Sekunde später folgte die Wasada University. Die schnellste Zeit auf der 2. Etappe lief aber etwas zurück Akira Aizawa (Toyo Univ), der mit 1:05:57 für die 23,1 km einen neuen Streckenrekord schaffte. Wie großartig die Leistung des jungen Japaners ist, verdeutlicht sein Halbmarathon-Split von 1:00:14!
Vicent Yegon überragte auf der dritten Etappe mit einer Fabelzeit. (c) NTV/Screenshot
Für die Sensation auf der folgenden Etappe sorgte der Freshman von der Tokyo Kokusai University Vincent Yego, der mit einem Rückstand von 48 Sekunden das Band („Tasuki“) von seinem Teamkameraden auf Platz 8 überreicht bekam. Yegon legte sofort mit einem Höllentempo los, passierte schnell die vor ihm liegenden Teams, bis er bereits nach 11,2 km allein an der Spitze lag und in der Fabelzeit von 59:25 für die 21,4 km den vorletzten Wechsel erreichte. Erst nach 1:21 Minuten trafen AGU und nach 1:26 die Waseda University ein, beiden Läufern hatte Yegon über 2 Minuten auf dem Teilstück abgenommen.
Dies lag aber weitgend an der Ausnahmeleistung des 20-jährigen Kenianers mit PBs von 13:28,17 über 5000 m und 27:47,76 über 10.000 m, dessen Zeit auf den Halbmarathon bezogen unfassbare 58:35 Minuten bedeuten. Dabei liefen die Nächstplatzierten – wie z.B. Daichi Endo (Teikyo Univ) mit 1:01:23 – Zeiten, die einer Zeit über den Halbmarathon von 60:31 entsprechen. Sicherlich waren die Bedingungen mit Temperaturen um 8°C und kaum Wind nahezu ideal und fast alle Studenten hatten die „VaporFlys“ an den Füßen, aber auch dann macht den Fachmann ein derartiges Leistungsniveau schlichtweg sprachlos. An dieser Stelle nur ein kurzer Vergleich: Beim Berliner Halbmarathon im April 2019 schaffte keiner der eingekauften Elite-Afrikaner eine Zeit von unter 61 Minuten. Beim Hakone verkommen sub-61 Minuten-Zeiten zur Dutzendware – gelaufen von jungen japanischen Studenten. Eigentlich fehlen da die Worte.
Diese fand Yuya Yoshida von AGU aber schnell wieder, denn er holte den Rückstand auf Tokyo Kokusai von fast 1 1/2 Minuten flott auf, nach 13,8 km lag er an der Spitze und stellte auf dem leicht ansteigendem 20,9 km langen Teilstück mit 1:00:30 gleichfalls den Tages üblichen Streckenrekord auf. AGU lag jetzt 1:02 Minuten vor Tokyo Kokusai und 1:28 vor Koku Gakuin University. Nun kam die „Königsetappe“ hinauf in die Sommerfrische Hakone, wo ein Pass mit 874 m Seehöhe zu überwinden war. Natürlich kann man diesen gewaltigen Anstieg innerhalb 10 km Strecke nicht mehr im 3 Minuten/km-Schnitt heraufeilen.
Die Präsentation des führenden Teams der Aoyama Gakuin University mit Coach Hara. In der Einblendung rechts die Rückstände der einzelnen Teams zu AGU. (c) NTV/Screenshot
Aber auch Takayuki Iida von AGU zeigte eine außergewöhnliche Leistung und brauchte für die 20,8 km lange Etappe 1:10:40, womit er für dieses Segment unter dem alten Streckenrekord absolvierte. Als er nach 5:21:16 das Tagesziel in Hakone erreichte, hatte AGU Geschichte geschrieben und den Rekord für den ersten Tag in neue Höhen katapultiert. Die Bestmarke aus dem Vorjahr von 5:26:31 wurde im Sinne des Wortes „pulverisiert“. Und auch Koku Gakuin mit 5:22:49, Tokyo Kokusai mit 5:24:33 und die Tokai University mit 5:24:38 blieben noch unter der alten Bestmarke. Der schnellste Läufer in den Serpentinen hinauf anch Hakone war allerdings Hayato Miyashita von der Toyo University, der den Streckenrekord auf 1:10:25 steigerte. Sein Team liegt allerdings auf Platz 11 mit 5:29:15 aussichtslos zurück.
Mit einem Vorsprung von 1:33 Minuten auf das nächste Team (Koku Gakuin University) und einer sehr starken Besetzung am zweiten Tag ist das Team der Aoyama Gakuin University unter Coach Hara der große Favorit auf den Gesamtsieg. Hara gab bekannt, dass auf dem Rückweg alle fünf Läufer des Teams auf Jagd nach den Streckenrekorden gehen wollen.
Damit würde AGU den Hakone zum fünften Mal innerhalb von sechs Jahren gewinnen und den Eventrekord von 10:52:09 Stunden aus dem Vorjahr deutlich unterbieten. Eine in der Tat einmalige Erfolgsbilanz, zumal die Studenten ja nur maximal 4 Jahre den Teams zur Verfügung stehen und immer wieder neu rekrutiert werden müssen.
Die schnellsten Läufer auf den ersten fünf Etappen: | |||||
1 | 21.3 km | Rei Yonemitsu | Soka Univ | 1:01:13 | (1:00:36) |
2 | 23.1 km | Akira Aizawa | Toyo Univ | 1:05:57 CR | (1:00:14) |
3 | 21.4 km | Vincent Yegon | Tokyo Kokusai | 59:25 CR | (58:35 !!) |
4 | 20.9 km | Yuya Yoshida | Aoyama Gakuin | 1:00:30 CR | (1:01:04) |
5 | 20.8 km | Hayato Miyashita | Toyo Univ | 1.10:25 CR uphill 800m |
(1:11:25) |
Die TOP10 nach dem ersten Tag: Tokyo – Hakone (107,5 km) |
||
1. | Aoyama Gakuin University | 5:21:16 CR |
2. | Koku Gakuin University | 5:22:49 (CR) |
3. | Tokyo Kokusai University | 5:24:33 (CR) |
4. | Tokai University | 5:24:38 (CR) |
5. | Meiji University | 5:27:11 |
6. | Teikyo University | 5:27:15 |
7. | Soka University | 5:27:34 |
8. | Komazawa University | 5:27:44 |
9. | Waseda University | 5:28:48 |
10. | Takushoku University | 5:29:08 |
Helmut Winter
Weitere Infos zu Hakone bei: Japan Running News (Brett Larner, Tokyo)