EM Berlin 2018 - Foto: Kiefner
3000 m – die wichtigste Nebenstrecke für die Bahndisziplinen – Lothar Pöhlitz in Leichtathletik Coaching-Academy
Die aktuellen 3000m WR-Leistungen bedeuten für Männer 30×100 m in 14,7“ / Frauen in 16.6“ ohne Pausen
Die Bedeutung einer unterstützenden individuellen 3000 m Leistung für die Olympischen Laufstrecken 1500 m, 3000 m Hindernis, 5000 m und 10000 m wird unterschätzt. Besonders in der Nachwuchsausbildung ist diese Strecke wichtig.
Zunächst wären die bisher besten Leistungen (Stand 1.6.2019) von Dieter Baumann (1998) und Konstanze Klosterhalfen (2017) ansprechende Ziele:
- 3000 m 7:30,50 Dieter Baumann (TSV Bayer Leverkusen)
- 3000 m 8:29,89 Konstanze Klosterhalfen (Bayer Leverkusen)
Nun verbesserte „Koko“ Klosterhalfen am 30.6.2019 als Zweite in einem stark besetzten Frauen 3000er in Stanford/USA mit 8:20,07 den Deutschen Rekord um knapp 10 Sekunden! Sicher sind für Trainer und Athleten die Zwischenzeiten interessant: 32,1 – 67 – 67,8 – 68,5 – 68 – 66,4 – 65,8 – 64,4, dabei waren die letzten 1000 m um 2:43 Minuten die schnellsten !
Das Ziel des Trainings in den leichtathletischen Ausdauerdisziplinen besteht darin, die unterschiedlich langen Wettkampfstrecken in einer möglichst kurzen Zeit, bei einem möglichst geringem Geschwindigkeitsverlust in den Endphasen, zu absolvieren. Dafür muss die Erhöhung der Reizwirksamkeit des Trainings vor allem in den Intensitätsbereichen bis 10 % oberhalb und unterhalb des angepeilten Renntempos im Mittelpunkt stehen. Der entscheidende Trainingsbereich liegt dafür zwischen 95-105 % vom Renntempo.
Nachwuchs- Mittel- und Langstreckler müssen schneller laufen wollen
Die 3000 m Strecke hat sich für solch ein trainingsmethodisches Vorgehen bewährt. Sie ist für die 1500 m, 3000 m Hindernis und 5000 m eine sehr wichtige Basis- und Zubringerstrecke. Der junge Organismus braucht Zeit um sich allmählich an die sich verändernden Reize und hohen Laktatauslenkungen anzupassen.
Sie bereitet im hohen Tempo vor allem Langstreckler auf längere Läufe mit hoher Geschwindigkeit „unter Laktat“ vor. Gleichzeitig verhindern sie, dass die vorhandene FT-Faserstruktur auf Grund längerfristigen geringen Gebrauchs, ungenügender Intensitäten, nicht stimuliert werden und an Leistung verlieren.
3000 m ist 3,75 x länger als 800 m, doppelte 1500 m und Basis für 5000 m
Auf dem Weg zu den klassischen Langstrecken 5000 m, 3000 m Hindernis und 10000 m ist die 3000 m Strecke hervorragend geeignet, um die Voraussetzungen für schnelles Laufen in er Nähe zum angestrebten Renntempo auszubilden.
Die von Dr. Peter Löffler schon in der Leichtathletik Coaching–Academy vom 20.4.2007 publizierten Untersuchungsergebnisse in 3000 m Wettkämpfen von Jugendlichen verschiedenen Alters wiesen Blutlaktatkonzentrationen weit oberhalb der aerob-anaeroben Kapazität (V02max) im Bereich von 12 – 15,8 mmol/l Laktat aus, die sich von Laktatkonzentrationen der gleichzeitig untersuchten Mittelstreckler nicht unterschieden.
Diese Zahlen machen deutlich das eine solche Azidose im Blut und in den Muskeln von Läufern aller Altersklassen, gut vorbereitet, auch hilft, wenn nach einem auf eine Bestleistung ausgerichteten möglichst gleichmäßig schnellen Rennen im Endspurt auch noch um den Sieg gekämpft werden soll. Dies unterstreicht, dass diese „kurze Langstrecke oder lange Mittelstrecke“ sehr nah bei den Anforderungen der Bahndisziplinen bis 5000 m liegt, allerdings eine gute aerobe Basis und eine sehr gute aerobe Kapazität (VO2max) verlangt. Mit einer gut ausgebildeten Laktattoleranz über 7 ½ Runden werden zugleich die jungen Läufer aus dem Nachwuchsleistungsbereich besser auf ihre Zukunft vorbereitet.
Eine goldene Regel für effektives Lauf-Training
Auf einer breiten Grundlage müssen letztendlich alle Trainingseinwirkungen, die ausgewählten Trainingsübungen, Geschwindigkeiten und Pausen so nah wie möglich den Wettkampfanforderungen der gewählten Zielstrecke entsprechen bzw. mit ihnen übereinstimmen. Alle Trainingsreize müssen der Verbesserung der speziellen Ausdauerfähigkeiten, der laufspeziellen Kraft und der Laufökonomie dienen die für das schnellstmögliche „leichte“ Laufen auf der jeweiligen Mittel- oder Langstrecke bis ins Ziel erforderlich sind. Der Organismus muss auf die „Wettkampf-Laktate“ optimal vorbereitet sein.
3000 m „schnell“ ist Grundlage für 1500 m – 10000 m
Die in den letzten Jahren vollzogene internationale Leistungsentwicklung in den Langstrecken der Spitze und Breite weist auf notwendige Konsequenzen in der Ausbildung hin. Auch für die in der Ausbildung befindlichen Jugendlichen sagt die 3000 m Leistung Entscheidendes über die ererbte aerobe Kapazität aus. Wer schnelle Wettkämpfe will muss schneller trainieren, mehr gemischte Trainingseinheiten, zuerst im aerob-anaeroben Übergang und auch anaerob absolvieren.
Deshalb müssen, unabhängig von späteren Streckenzielen, auf der Grundlage einer guten aeroben Basis (vL-3) sowohl die Schnelligkeitsausdauer- als auch die Schnellkraftfähigkeiten ausgebildet werden. Das bedeutet, dass neben der Ausrichtung des Trainings auf die 3000 m, zugleich an der Entwicklung der Unter- bzw. Überdistanzleistungsfähigkeit dafür zu arbeiten ist.
Nur ein solches komplexes Vorgehen versetzt die Sportler in die Lage die notwendige Geschwindigkeit mit der entsprechenden Ausdauerkomponente (1500 m/3000 m), auch mit Straßenrennen am besten über Streckenlängen von 5 – 8 km – die Anforderungen aus der Überdistanzsicht hochwertig zu trainieren.
Schwächen in der Ausdauergrundlage können durch Stärken in der Unterdistanz-leistungsfähigkeit zeitweilig kompensiert werden. Für eine Langstreckenperspektive aber müssen möglichst komplexe Voraussetzungen erarbeitet werden.
3000 m Ziele erfordern Training in einem breiten Geschwindigkeitsbereich
Angemessene Erfolge sind möglich, wenn die erforderlichen Belastungen und Inhalte, auch mit dem Ziel der Schaffung von Voraussetzungen für später, innerhalb eines Makrozyklus zu trainieren sind. Dies erfordert die gleichzeitige, harmonische Ausbildung der Kraftfähigkeiten, der Schnelligkeit und Schnelligkeitsausdauer, der Ausdauerfähigkeiten, der Gelenkbeweglichkeit, der Laufökonomie und auch einer entsprechenden anaeroben Belastbarkeit (Tempohärte, Tempogefühl, Fähigkeit zum Tempowechsel).
Im Jugendtraining bedeutet das, das ganzjährige Training mit unterschiedlichen Tempis bei fließenden Übergängen und veränderter Schwerpunktsetzung als Bestandteil der Vorbereitung zu nutzen. Dies wird durch „schnelle“ Wettkämpfen (Halle, Straße, Bahn) und eine optimale Lauftechnik (Vor- / Mittelfußlaufen) unterstützt.
„Um die V02max zu optimieren, muß der Läufer die Sauerstoffversorgung und –verarbeitung während des Laufens bis zu ihren Grenzen belasten. Diese Phase des Intervalltrainings ist für viele die schwierigste Phase. Das sind beispielsweise wiederholte Läufe von bis zu 5 Minuten Dauer bei einem etwa 3000 – bis 5000 m Wettkampftempo mit relativ kurzen Erholungspausen zwischen den Läufen“ (J.Daniels USA – Running Formula 1998)
Belastungsanforderungen für 3000 m „flach“ (Beispiel Frauen + Nachwuchs)
Im systematischen Belastungsaufbau mehr Wiederholungen im RT wollen
Bei jungen, noch in der Entwicklung befindlichen Läufern, sollte die individuelle Belastbarkeit, die Muskelfaserausstattung (ST- bzw. FT-Faseranteile), die notwendige Konditionierung und die Sicherung des komplexen Trainings den Lauftrainingsumfang bestimmen. Stärken, ererbtes zu verstärken ist die vordringliche Orientierung vom frühen Jugendtraining an. Deshalb können zukünftige Langstreckler oder 1500 m Spezialisten „im Aufbau“ mit einem Wochenumfang von 80 – 130 – 150 km in den Jahren ansteigend, auskommen, wenn die Qualität des geschwindigkeitsgeführten Belastungsaufbaus die komplexen Anforderungen der Leistungsstruktur der Zielstrecke (hier 3000 m) auch beinhaltet.
Hohe Komplexität – Geschwindigkeit ansteigend
Eine hohe Komplexität, eine möglichst optimale Mischung der Trainingsmittel schließt eine allmähliche Schwerpunktverlagerung innerhalb eines Makrozyklus von z.B. umfassender Konditionierung mit quantitativer Ausdauerarbeit und Basiskraft zu mehr Geschwindigkeit und Schnellkrafttraining in Verbindung mit Schnelligkeitsausdauer ein. Vergegenwärtigen sie sich vor jeder TE welche Wirkung die heute verordnete Rezeptur im Organismus der Athleten hinterlässt.
Das Ziel „neue persönliche Bestleistung“ auf den Langstrecken setzt auch ein möglichst gutes Tempogefühl, ein langstreckenorientiertes Training sehr nahe an der Wettkampfzielgeschwindigkeit, Tempohärte um dieses Tempo über die geplante Wettkampfdistanz auch durchzuhalten und die mentale Bereitschaft dafür voraus.
Für schnelle 3000 m brauchen Läufer das Langstreckentraining eines 5000 m Läufers und das Geschwindigkeitstraining eines 1500 m Läufers. Die mentale Stärke für das schnellere Laufen von Anfang an und die zwei letzten Runden kann man sich auch in Aufbauwettkämpfen mit „Tempomacher“ erarbeiten.
Das Selbstvertrauen für eine erfolgreiche Bewältigung der Spezialdisziplin erwächst vor allem aus wettkampfspezifischen Trainingseinheiten (möglichst lange Teilstrecken im Wettkampftempo) und offensiv (nach Zeit) gestalteten streckennahen Rennen. Außer bei Meisterschaften sind die 3000 m die geeignetste Ausbildungsstrecke für Spitze und Nachwuchs.
Komplexes Training bedeutet Training in 3 Energiebereichen plus Motorik
Für das Nachwuchsleistungstraining in Vorbereitung auf das Hochleistungstraining stellt sich als erste wichtigste Aufgabe die Vermittlung einer guten „Leicht-Lauftechnik“, die Schaffung einer hohen allgemeinen und zugleich aber auch speziellen Belastbarkeit, bei Sicherung und Entwicklung des „schnellen Erbgutes“ von Anfang an, weil die im Verlaufe der Trainingsjahre erforderliche Belastungserhöhung und zunehmende Spezialisierung nur ohne größere Verletzungsausfälle zu Spitzenleistungen im Erwachsenenalter führt.
Trotzdem muß innerhalb der bisher dargelegten Prinzipien berücksichtigt werden:
- die 400 / 800 m – Typ – 800 / 1500 m – Typ – 1500 / 3000 m – Typ – Voraus-setzungen
- TEAM – Begleitung zur Sicherung der Trainingsbelastung und der Wettkämpfe, der Gesundheit, der tiefen und schnellen Regeneration, ganzjährig (Trainer – Leistungssport-Arzt – Physiologe – Physiotherapeut – Psychologe – LD- / Laktatbegleitung – Gynäkologe – Ernährungsberater)
- Die Nutzung von Gipfelwochen in Ferien und Trainingslagern
- Traineranwesenheit „möglichst immer“ – komplexes Training sichern – mentale Stärke aufbauen – Wettkampferfahrung sammeln
- Erschließung von Trainings – Zeitreserven belastungsabhängig für 7-10 TE / Woche und Gipfelwochen – Regeneration – Höhentraining früher
- Alles Training muss dem Ziel dienen im Wettkampf schneller zu laufen. Die neue persönliche Bestleistung zum jeweiligen Jahreshöhepunkt ist ein wichtiges Ziel auch schon im Nachwuchstraining.
Lothar Pöhlitz in Leichtathletik Coaching-Academy
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*Lothar Pöhlitz – Dipl.- Sportlehrer für Leistungssport / Sportwissenschaftler / 1971- 1979 Leiter des Wissenschaftlichen Zentrums Lauf / Gehen beim DVfL / DLV-Bundes-trainer 1980 – 1998 i. R. / Teamleiter Marathon / Straßenlauf / 3x Olympia-Trainer für Deutschland / Langjährig Dozent an der Trainerakademie und DLV-Trainerschule / seit 2006 Leichtathletik Coaching -Academy