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08
10
2021

Tokyo 2020 - Foto: 2020 Tokyo Olympic Games Tokyo, Japan July 29-August 8, 2021 Photo: Andrew McClanahan@PhotoRun Victah1111@aol.com 631-291-3409 www.photorun.NET

Wohlfühlen im Ungefähren – Kommentar zum Bericht von Annett Stein zur DLV-Analysetagung in Kienbaum – Von Dr. Wolfgang Blödorn

By GRR 0

Die DLV-Cheftrainerin, Annett Stein, bemüht immer wieder den Begriff des Potentials, welcher im DLV-Team stecken soll. Offen bleibt allerdings dabei stets die Frage – so auch bei der Veröffentlichung der Ergebnisse der DLV-Analysetagung zu der DLV-Homepage in der vergangenen Woche in Kienbaum – mit welchen (neuen?) Maßnahmen dieser Schatz gehoben werden soll.

Die bisherige Struktur war anscheinend nicht gut genug. Dies darf man jedenfalls der geäußerten Unzufriedenheit Steins mit den Leistungen bei Olympia entnehmen.

Aber nicht nur bei den zukünftigen Maßnahmen des DLV, wie das vorhandene Potential erweckt werden soll, bleibt Stein äußerst wortkarg. Auch, was sie unter Potential verstehen möchte, bleibt vage. Versteht sie den Begriff „Potential“ als ein Potentiales, als ein mögliches Geschehen in der Mannschaft des DLV, oder versteht sie darunter die Fähigkeit der DLV-Athleten den Weltklassestandard zu erreichen?

Nehmen wir einmal an, Stein meint letzteres Verständnis – das erstere wäre in diesem Zusammenhang einem Wunschdenken ähnlich – von Potential. Sie meine mit ihrer Verwendung des Begriffes Potential das vorhandene Leistungspotential. Also dann, Frau Stein, nennen Sie Fakten; Butter bei die Fische! Nennen Sie Ross und Reiter, bei welchen Athleten Sie das Leistungspotential sehen, um bei den Weltmeisterschaften 2022 in Eugene/Oregon oder bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris sehen! Das ist die DOSB-Anforderung an den Perspektivkader!

Die Tabellen 1 und 2 geben den gegenwärtigen Leistungsstand der DLV-Athleten im europäischen und Weltmaßstab wieder.

Tab. 1: Stand der DLV-Besten männlich 2021 (18.09.2021) im Vergleich zu Platz 10 in der Welt- und Europa-Bestenliste sowie der DLV-Kadernormen 2020/21

1 Welt-Bestenliste (WB)L vom 15.09.2021

2 Europa-Bestenliste (EBL) vom 27.09.2021

3 DLV-Kadernorm für Jahrgang 1996 Kader 2020/21

Tab. 2: Stand der DLV-Besten weiblich 2021 (18.09.2021) im Vergleich zu Platz 10 in der Welt- und Europa-Bestenliste sowie der DLV-Kadernormen 2020/21

1 WBL vom 15.09.2021

2 EBL vom 27.09.2021

3 DLV-Kadernorm für Jahrgang 1996 Kader 2020/21

Um eine berechtigte Chance zu besitzen, bei Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen unter die ersten Acht zu gelangen, darf man realistischerweise den Leistungsstand von Platz Zehn in der Weltbestenliste (WBL) annehmen. Platz 30 oder mehr erscheint wenig realistisch. Unter dieser Annahme besitzen sieben DLV-Athleten unter den ersten Zehn der WBL zurzeit diese Perspektive.

Aber nun soll nicht nur kritisiert werden. Schließlich lädt Stein dazu ein, „nach Lösungen zu suchen, wie man künftig die Potentiale besser abrufen kann.“ Diese Einladung lässt vermuten, der DLV besäße dafür keinen Plan! Deshalb an dieser Stelle ein konstruktiver Vorschlag.

Leistungspotential setzt Leistungsvermögen voraus.

Anders formuliert: Wenn der DLV Leistungsvermögen erwartet, dann muss sich dieses auch in den erwarteten Leistungsanforderungen, wie z.B. Kadernormen niederschlagen. Hierüber geben die Tabellen 1 und 2 ebenfalls Aufschluss. So waren die Leistungsanforderungen für den Perspektivkader 2021 für 24jährige bei den Männern und Frauen über die Mittelstrecken doch schon ziemlich weit von Platz Zehn der WBL entfernt.

Kurz: Die Kadernormen müssen für diese Strecken deutlich angehoben werden.

Als Alternative böte sich an, den Athleten den Perspektivkaderstatus zu streichen und ihn auf einen europäischen Leistungsstatus herunterzubrechen. Europa ist – wie die Tabellen zeigen – nicht die Welt. Insofern dürfen mögliche, positive Ergebnisse bei der Heim-Europameisterschaft 2022 in München nicht über den international wahren Leistungsstand in DLV hinwegtäuschen.

Ein weiterer Vorschlag geht in die Richtung, die Nachwuchskader für den Block Lauf im Stadion nicht nach nur einer Kadernorm oder den Platzierungen bei Deutschen Meisterschaften zu nominieren. Bezugnehmend auf den von Stein gerne benutzten Begriff des Potentials sollte der DLV für die Berufung in die Nachwuchskader ein Anforderungsprofil, was zumindest die Leistungen auf der unteren und oberen Nachbarstrecke umfasst, aufstellen.

Ein solches Anforderungsprofil – besonders im Bereich der Grundschnelligkeit – würde dem Begriff Potential wesentlich näherkommen. Die Anwendung des letzten Vorschlages könnte auch dazu führen, mittel- und langfristig wieder an die europäische und vor allen Dingen Weltspitze zu rücken.

Ich weiß, ich weiß, meine Vorschläge betreffen im Ansatz die vom DLV vielgelobte Struktur.

Aber, ist nicht das potenziell Bessere der Feind des Guten?

Dr. Wolfgang Blödorn

https://germanroadraces.de/?p=185247

 

 

  

 

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