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23
05
2008

In meiner Doktorarbeit musste ich Patienten mit Herzinfarkt untersuchen und sie zu typischen Risikofaktoren befragen.

Schlechter Zug – Dr. Hartmut WEWETZER fahndet nach guten Nachrichten in der Medizin. Heute: Vom Nutzen des Nicht-mehr-Rauchens

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Es ist jetzt gut 15 Jahre her, dass ich mir das Rauchen abgewöhnt habe. Ich hatte einen ziemlichen Schnupfen und deshalb mit den Zigaretten pausiert. Als die Nase wieder frei war, habe ich gar nicht erst wieder mit dem Rauchen angefangen. Und bis heute durchgehalten. Das Schönste war für mich: Schluss mit dem morgendlichen Husten.

Natürlich denkt man beim Nichtrauchen zuallererst an die freien Atemwege. Aber genauso wie Bronchien und Lunge profitieren die Gefäße von der Abstinenz. Es wird leicht vergessen, welchen enormen Schaden das Rauchen am Herz anrichtet. Es beschleunigt die Gefäßverkalkung und erhöht damit das Infarktrisiko. Also die Gefahr, dass eine verengte und verkalkte Herzkranzarterie verstopft.

In meiner Doktorarbeit musste ich Patienten mit Herzinfarkt untersuchen und sie zu typischen Risikofaktoren befragen. Was schätzen Sie, wie viele von den rund 50 Patienten, die am Ende in meiner Studie berücksichtigt wurden, Raucher waren? Die Antwort wird Sie genauso überraschen, wie sie mich überrascht hat: alle. Auch wenn da sicher der Zufall im Spiel war – eindeutiger geht’s nicht. Übrigens ist bei zwei von drei Rauchern Tabak als wesentliche Todesursache im Spiel.

Die gute Nachricht: Wer mit dem Rauchen aufhört, bei dem sinkt vor allem das Risiko für eine Herzattacke rasch. Das ergab eine große Untersuchung der Harvard Medical School in Boston. In der Untersuchung wurde das Gesundheitsverhalten von mehr als 100 000 Krankenschwestern von 1980 bis 2004 genau beobachtet. Fünf Jahre nach Beginn der Abstinenz hatten sich bereits 60 Prozent des zu erwartenden gesundheitlichen Nutzens für die Herzkranzgefäße eingestellt.

Das Herz erholt sich also ziemlich rasch. Andere Organe brauchen länger. Die Verringerung des Sterberisikos durch Lungenkrebs etwa beträgt in dieser Zeit nur rund 20 Prozent, verglichen mit dem von Menschen, die weiterrauchen. Und es dauert durchschnittlich 30 Jahre, ehe sich die erhöhte Sterblichkeit durch Lungenkrebs normalisiert hat. Übrigens: Wer 35 und mehr Zigaretten am Tag raucht, dessen Lungenkrebs-Risiko steigt um das 40-Fache!

Insgesamt, so berichten die Wissenschaftler um Stacey Kenfield im Fachblatt „Jama“ weiter, ging die Sterblichkeit an allen Todesursachen in den ersten fünf Nichtraucherjahren um 13 Prozent zurück, verglichen mit der von Frauen, die weiter schmökten. Im Großen und Ganzen ist nach 20 Nichtraucherjahren wieder alles im Lot.

Und noch etwas fanden die Forscher heraus. Je früher die Frauen rauchten, umso größer waren die Gesundheitsschäden. Wer mit 17 das Rauchen anfing, dessen Sterberisiko im Studienzeitraum lag um 22 Prozent höher als das von Frauen, die erst mit 26 oder später anfingen. Es lohnt sich also, besonders bei jungen Leuten in die Vorbeugung zu investieren. Schließlich kann man für seine Gesundheit nichts Besseres tun, als gar nicht erst mit dem Rauchen anzufangen. Ich habe mit 17 angefangen und mit 31 aufgehört.

Dr. Hartmut WEWETZER leitet das Wissenschaftsressort des Tagesspiegels.
Erschienen im Tagesspiegel am Sonntag, dem 18. Mai 2008

author: GRR

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