Übermittelte Beobachtungen deutscher Läufer von den Kenianern „zu Hause im Rift Valley" über gelaufene Intensitäten, noch dazu im „30iger Partnertraining" lassen den Schluß zu, dass immer noch der Glaube vorherrscht, dass man in der Höhe vor allem langsam und viel laufen muß. ©Victah Sailer
Die ‚Neuen‘ müssen zuerst zu höhenleistungsfähigen Läufern aufgebaut werden – Lothar Pöhlitz in Leichtathletik Coaching-Academy
(© Lothar Pöhlitz) – Im Höhentraining verringert sich die Sauerstoffmenge die zur Laufmuskulatur transportiert wird durch einen verminderten Sauerstoffpartialdruck und damit auch die Sauerstoff-Hämoglobin-Bindung. Je höher das Trainingszentrum liegt umso größer wird das Problem, weil damit ja auch die individuell aerobe Kapazität verringert wird.
Dagegen wird im Höhentraining angekämpft. Ein Vorteil ist allerdings, dass die geringere Luftdichte ein kürzeres schnelleres Laufen ermöglicht. Besonders in der 2. und 3. Woche eines Höhentrainings sollten sie sich im Trainingsumfang, in den DL-Streckenlängen an ihrem normalen Trainingsprogrammen von zu Hause orientieren oder sie sogar übertreffen und in der Geschwindigkeit auch nicht auf TE verzichten, die sich innerhalb ihres Aufenthaltszeitraumes von 80 -> zu 90 % ihrer HFmax hin entwickeln.
Mittelstreckler sollten im Höhentraining auch nicht auf Schnelligkeits- und Schnelligkeitsausdauertraining verzichten bzw. 1x wöchentlich Schnelligkeit und anaerobes – spezielles Ausdauertraining einfügen. Es kommt ja bekanntlich im Training darauf an sich nie zu weit weg von der Wettkampfgeschwindigkeit zu bewegen. Wenn nötig können die Streckenlängen der Tempoläufe geringfügig verkürzt (z.B. 300 m anstatt 400 m) oder die Pausen verlängert werden. Für die gewohnten Trainingsumfänge in den TE gilt das aber nicht, d.h. sie sollten dann beispielsweise bisherige 10 x 400 m durch 14 x 300 m ersetzen.
Auch in der Höhe setzt Fortschritt mehr Qualität voraus
Vor allem 2011 konnte man den Eindruck gewinnen dass deutsche Läufer das Höhentraining ernster nehmen als in den Jahren zuvor. Sicher hat sich auch die Erfahrung herumgesprochen, dass ein einmaliger 3 wöchiger Aufenthalt um 2000 m Höhe das Wunder nicht schafft und das die „Hilfen" für die Mittelstrecken oder Langstrecken unterschiedliche Inhalte, vor allem zu differenzierende Trainingsumfänge voraussetzen und die Langzeitausdauerdisziplinen Marathon und Gehen von längeren Aufenthaltszeiträumen oder „Höhenketten" mehr profitieren.
Übermittelte Beobachtungen deutscher Läufer von den Kenianern „zu Hause im Rift Valley" über gelaufene Intensitäten, noch dazu im „30iger Partnertraining" lassen den Schluß zu, dass immer noch der Glaube vorherrscht, dass man in der Höhe vor allem langsam und viel laufen muß. Deshalb verwundert die immer wieder zuerst gestellte Frage nicht, wie viel langsamer muß man in der Höhe im Dauerlauf oder im Intervalltraining laufen. Jedes Höhentraining ist Voraussetzungstraining für danach. Deshalb sollte jeder Höhenaufenthalt mit dem Ziel verbunden sein die Voraussetzungen für morgen auf ein immer besseres Niveau zu heben.
Das neue Höhentrainingsjahr kündigt sich an
Nun steht ein neues Höhentrainingsjahr bevor. Eine Reihe von Kaderathleten zieht es erfreulicherweise bereits im Herbst nach Flagstaff, Kenia, Südafrika, Marokko oder St.Moritz um sich eine neue bessere Ausgangsposition für das notwendig folgende Höhentraining im Frühjahr zu erarbeiten. Da muß man zuerst darauf verweisen dass Wirkung nur dann erzielt wird, wenn sie „gesund und in einen schon guten aeroben Zustand" anreisen werden. Wer nicht mit dem Ziel in die Höhe reist, seine aerobe Schwelle und seine aerobe Kapazität aus dem Vorjahr zumindest zu erreichen, besser aber verbessern zu wollen, könnte eigentlich diese Aufgabe auch zu Hause unter NN lösen.
Das werden sicher alle die Läufer als motivierend zur Kenntnis nehmen, die wegen Beruf oder Studium oder aus finanziellen Engpässen nicht am Höhentraining teilnehmen können. Bleib zu Hause und trainiere redlich, müsste dann aber ihre Devise sein. Das heißt das man die Unterstützung durch die Höhe auch durch einen etwa 20 – 30 % höheren Trainingsumfang, durch individuelle Gipfel-wochen, ausgewählte, anspruchsvolle aerobe Qualitätseinheiten und die nebenbei Aktivitäten zum Kraftgewinn in einem „individuellen Trainingslager" ausgleichen könnte. Es ist also möglich unter den Meeresniveaubedingungen ähnliche Leistungsverbesserungen zu erarbeiten wie durch Höhentraining, man braucht dazu nur länger und sollte schon ein wenig schneller laufen als „oben".
Junge Talente bereiten im sanften Reizklima um 1000 m spätere Höhenaufenthalte vor Die Höhe macht Jugendliche nicht krank sondern leistungsfähiger
Unwirksames Höhentraining hat immer mehrere Ursachen, beruht meist auf trainings-methodischer Unerfahrenheit, Ungeduld und Missachtung der Prinzipien eines Höhen-trainingsaufbaus, einschließlich einer systematischen Aufeinanderfolge. Ich habe die Erfahrung gemacht dass es nur Wenige gibt bei denen Höhentraining weniger wirksam ist (sogenannte Nonresponder) ist. Deshalb ist mit Höhenanfängern oder bereits fortge-schrittenen Jugendlichen ein Einstieg ins Höhentraining im sanften Reizklima um 1000 m nicht falsch.
Ersetzen Sie ihre Trainingslager im Süden oder „weit weg im Ausland" zukünftig durch Aufenthalte in entsprechenden Höhenlagen in Deutschland. Erwarten sie aber keine Wunder, Anpassungen, vor allem in der aeroben Leistungsfähigkeit oder beispielsweise zur Entwicklung der Herzleistung, brauchen Zeit und Reize durch aerobes Anspruchstraining. Haben sie in ihrer Jahresplanung mehrere Trainingslager vorgesehen, führen sie sie im sanften Reizklima durch und verkürzen damit ihre längerfristige Höhenanpassung. Die Trainingsinhalte sollten vom geplanten Training zum gleichen Zeitpunkt zu Hause abgeleitet werden.
Im Mittelpunkt könnten, natürlich jahreszeitabhängig, die Entwicklung der aeroben Ausdauer, der Ganzkörperkraft und der Schnelligkeit stehen. Das beinhaltet aber auch einmal Herzfrequenzen oberhalb 160 Schl./min, ansteigend bis zu 10 % unter der individuellen maximalen Herzfrequenz innerhalb des Aufenthaltszeitraumes! Es ist anzunehmen, dass das bekannt hohe Fettstoffwechselniveau der Afrikaner vor allem auch durch den Bewegungsreichtum der Kinder in 2000 – 3000 m Höhe ausgeprägt wird.
Für Höhenanfänger und Jugendliche sind bereits Höhen zwischen 800 – 1200 m über NN wirksam und helfen schon früh erste Erfahrungen zu sammeln. Unter diesem Gesichtspunkt sind die in solchen Höhen lebenden Jugendlichen bevorteilt, voraus-gesetzt sie nutzen diese Bedingungen für einen schnelleren Leistungsfortschritt indem sie schrittweise auch einmal gegen Sauerstoffdefizite gezielt ankämpfen!
Besonders im Langstreckenlauf ist längerfristig der/die „höhenleistungsfähige LangstrecklerIn" das Ziel. Ziel muss sein eines Tages im Höhentraining in Quantität und Qualität wie zu Hause unter NN, wenn möglich aber besser, zu trainieren. Erst dann werden sich die erwarteten Leistungssprünge auch einstellen.
Hauptziel des Höhentrainings ist eine steigende Sauerstoffversorgung der Muskulatur und eine erhöhte Sauerstofftransportfähigkeit des Blutes, d.h. mehr Sauerstoff – mehr Leistung! Das erfordert Zeit und ein längerfristig aerobes Qualitätstraining. Höhentraining dient vor allem der Entwicklung der aeroben Leistungsfähigkeit, kann aber auch z.B. in einer Marathonvorbereitung, der direkten Vorbereitung auf den Wettkampfhöhepunkt, nicht nur in Höhenlagen, auch unter NN dienen. Es ist davon auszugehen, dass sich im Schlaf oder bei Aufenthalten „ohne körperliche Belastung" kaum leistungsfördernde Anpassungen vollziehen. Wenn europäische Läufer und Geher gegen die afrikanischen Höhenbewohner konkurrenzfähig sein wollen ist eine langjähriger systematischer Aufbau und im Spitzenbereich eine Höhenvorbereitung mit Höhenketten zwingend. |
Es ist wie unter NN, die Belastung muß systematisch erhöht werden
Praxiserfahrung ist auch, dass durch mehrjähriges systematisches Höhentraining sich die Höhenleistungsfähigkeit und in der Regel auch die Leistungen im Ergebnis des Höhentrainings verbessern. Es muss für die gleiche Wirkung immer wieder eingesetzt, für immer bessere Leistungen aber auf ein systematisch höheres Niveau angehoben werden. Dabei wirken die Aufenthaltsdauer mit großen Umfängen, die Länge der eingesetzten Trainingsstrecken, die genutzte Höhe, die Trainingsqualität und die Dichte der Wiederholung von Höhenaufenthalten (Höhenketten) auch auf die Nachhaltigkeit der Anpassung und den Leistungsfortschritt.
Am besten ist, wenn sie Wettkämpfe oder auch eine Leistungsdiagnostik frühestens nach 10 Tagen, Mittelstreckler Wettkämpfe erst nach einer sich anschließenden mindestens 3 wöchigen Intensivierungsphase unter NN nach dem Höhentraining in Angriff nehmen.
Endziel sind höhenangepasste Langstreckler, die in Höhen zwischen 2000 – 3000 m ohne Abstriche wie zu Hause unter NN trainieren können.
Auch im Höhentraining ist ein komplexes Training zu realisieren
- Dauerlauf aerob (der Umfang orientiert sich am realisiertem Umfang zu Hause und bisher gewohnten Streckenlängen) und im aerob-anaeroben Übergang (V02max)
- Fahrtspiele mit kurzen Tempoeinlagen und kurzen Pausen (1-3´ Belastung : 1-2´ Pausen)
- Intervallprogramme mit kurzen Streckenlängen (aerob-mittel und im aerob-anaeroben Übergang 300 – 800 m), mit zunehmender Anpassung auch länger. Soll heißen für Fortgeschrittene dann aber auch ab 1000 m „aufwärts"
- Athletik / Kraftübungen / Beweglichkeitstraining / Koordination / Sprünge
- Aerobe Kraftausdauer – Laufen im profiliertem Gelände, Berganläufe
- Schnelligkeit / Motorik
- Auch Training mit anderen Sportarten (Skilanglauf, Schwimmen, Rad o.ä.)
- Regeneration auch mit anderen Sportarten (Schwimmen, Rad, Ergometer o. ä.)
Gewissenhafte Trainingsaufzeichnungen erleichtern ihnen Schlussfolgerungen und Konsequenzen, wenn das nächste Trainingslager noch wirksamer werden soll. Eine Leistungsdiagnostik kurz vorher und mindestens 10 Tage nach dem Höhenaufenthalt geben Sicherheit und Informationen über die Effektivität des absolvierten Trainings und Hinweise für die Wochen danach. Erfahrung ist auch, dass eine Blutanalyse unmittelbar vor und nach der Höhe vor unliebsamen Überraschungen (z.B. Eisen) schützt.
Höhentraining ist Voraussetzungstraining und dient vorwiegend in den Langstrecken der direkten Wettkampfvorbereitung. In den „schnellen Laufdisziplinen 800 – 5000 m" folgt nach der Schaffung der aerob-anaeroben Leistungsbasis (vL3 und V02max Verbesserung) und einem disziplinspezifischen Kraftausdaueraufbau in der Höhe anschließend unter NN die Nutzung des aeroben Fortschritts zur Weiterentwicklung der speziellen Ausdauer durch anspruchsvoll – harte, intensive Trainingseinheiten im Bereich zwischen 93 – 105 % der Leistungszielgeschwindigkeit und der Schnellig-keitsausdauer (> 110 %).
Lothar Pöhlitz