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25
06
2024

Start zum 100 km Lauf in Japan - Kazimierz Bak mit der Nummer 81. - Foto: privat

Deutsche Rekorde im 100-km-Lauf – Vor 30 Jahren! – Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

By GRR 0

Vor 30 Jahren, am 26. Juni 1994, wurden bei der World Challenge in Saroma / Japan die noch heute gültigen deutschen Rekorde der Männer im 100-km-Lauf aufgestellt. 

Das deutsche Männerteam konnte alle angetretenen Nationalmannschaften, einschließlich der als unschlagbar eingestuften Russen und Japaner, besiegen und nach 1990 und 1992 zum dritten Mal die Goldmedaille in der Mannschaftswertung gewinnen.

Grundlage für den Sieg war eine geschlossene Mannschaftsleistung und die absolute Weltklasseleistung von Kazimierz Bak (MTB Hersbruck), der in 6:24:29 h seinen erst im April gleichen Jahres in Rodenbach gelaufenen deutschen Rekord erneut deutlich verbesserte und den 3. Platz erreichte. Für das deutsche Team erreichte Dr. Dr. Lutz Aderhold (Spiridon Frankfurt) in 6:48:39 h den 15. Platz und Michael Sommer (EK Schwaikheim) komplettierte in 6:53:53 h als 18. das Mannschaftsergebnis.

Mit 20:07:01 h wurde damit der deutsche Rekord für Mannschaften aufgestellt. Auch Heinz Hüglin (LV Ettenheim) blieb in 6:56:10 h noch unter der internationalen Klassemarke von 7:00 h. Das deutsche Team siegte mit knapp 3 Minuten Vorsprung vor Gastgeber Japan und den USA. Erstmals erzielten bei einem 100-km-Lauf 24 Männer Zeiten unter 7 h. Von einer solchen Leistungsdichte sind wir heute weit entfernt. Zeiten unter 7 h im 100-km-Lauf sind in Deutschland mittlerweile zur Seltenheit geworden.

In den westlichen Ländern zeigt sich in den letzten Jahren im Langstreckenlauf teilweise ein deutlicher Rückgang in der Leistungsdichte. Zweifellos haben sich die Gene nicht verändert, denn Lauftalente gibt es nach wie vor. Diese Talente müssen erkannt und in Schulen und Vereinen konsequent gefördert und gefordert werden. Allerdings haben sich das gesellschaftliche Umfeld, der Zeitgeist und die Motivation geändert.

Die führende Gruppe beim 100 km Lauf in Japan – Lutz Aderhold mit der Nummer 83 – Foto: privat

Spielten Kinder früher auf der Straße oder waren im Turnverein und legten den Schulweg zu Fuß zurück, verbringen heute viele ihre Freizeit mit dem Handy oder Computer, Bewegungsmangel ist an der Tagesordnung. Sportliches Image und Anerkennung ist nicht mehr in, materielle Dinge, häufig auch der Druck einer Schul- und Berufsausbildung stehen im Vordergrund. Sport wird eher passiv konsumiert (Fankult) oder es zieht zu den Fun-Sportarten.

Um Spitzenleistungen im Laufsport zu erreichen, bedarf es eines jahrelangen gezielten Aufbaus. Aber wer will sich unter den gegebenen Bedingungen diesen Belastungen noch aussetzen? Schule und Sportvereine sind die Kristallisationskerne und Motivationsgeber für den Spaß an der Bewegung. Leider fristet die Leichtathletik im Schulsport ein Schattendasein und die Berichterstattung im Fernsehen ist deutlich geringer geworden. Spitzensportler können durch ihre Leistungen eine Vorbildfunktion für Zielstrebigkeit und Beharrlichkeit gerade für die zunehmende Verunsicherung und Orientierungslosigkeit der Jugend darstellen.

Um der jahrelangen negativen Leistungsentwicklung im Langstreckenlauf entgegen zu wirken, bedarf es eines langfristig angelegten Konzepts, um mit den beschränkten Ressourcen die vorhandenen Lauftalente im Leistungssport wieder zu Spitzenleistungen zu führen, ihnen aber auch gleichzeitig eine berufliche Zukunft für den späteren Lebensweg zu sichern.

Im Breiten- und Spitzensport wird heute nur zu gerne irgendwelcher Schnickschnack wie Pulsmessung, GPS, Auswertung am Computer, Nahrungsergänzung, Bekleidung u.a. überbewertet. Ich will damit nicht behaupten, dass dies alles überflüssig ist. Im Grunde genommen reicht es aber, wenn man sich auf die Basics der Trainingsgestaltung konzentriert und überflüssigen Ballast abwirft. Wenn Motivation und Kilometer fehlen, hilft auch die beste Auswertung nichts.

Ein gutes Training muss qualitativ und quantitativ stimmen. Training muss eben auch manchmal wehtun, denn Qualität bedeutet in mancher Hinsicht auch Qual. Mit wenig Aufwand ist im Langstreckenlauf nichts zu gewinnen. Aber wer ist heute noch bereit, diesen großen Aufwand bei eher bescheidenen Perspektiven auf sich zu nehmen?

Es wird auch in der Zukunft immer wieder einzelne herausragende Lauftalente geben, nur eine breite Spitze wie in früheren Jahren werden wir nicht mehr erleben.

Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

Essstörungen: ein Problem auch im Laufsport – Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

 

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