Johannes Vetter - Foto: 2019 World Outdoor Championships Doha, Qatar Sept 27-Oct 06, 2019 Photo: Victah Sailer@PhotoRun Victah1111@aol.com
„Auf nach Tokio“ – Institut für Angewandte Trainingswissenschaft – Speerwerfen: Mit individuellem Training zum Erfolg in Richtung Tokio Unterstützung der Olympiavorbereitung
Liebe Leserinnen, liebe Leser, am 23. Juli 2021 werden in Tokio die 32. Olympischen Spiele feierlich eröffnet, gefolgt von den Paralympics ab dem 24. August.
Klar ist schon heute, dass diese Spiele in der Olympischen Geschichte ganz sicher ein besonderes Kapitel schreiben werden. Noch nie wurde Olympia um ein Jahr verschoben, noch nie spielten neben den sportlichen Wettbewerben Kontaktvermeidungs- und Abstandsregeln eine größere Rolle als die Begegnung, Austausch und Spaß mit Gleichgesinnten aus der ganzen Welt.
Und noch nie war die Vorbereitung so unberechenbar, was Trainingsmöglichkeiten, vor allem aber auch was die Gelegenheiten für Wettkampfteilnahmen betraf. Denn dieses Olympia-Jahr war und ist immer noch in hohem Maße von Einschränkungen in Training und Wettkampf geprägt, die weltweit sehr unterschiedlich ausfielen. Vor diesem Hintergrund sind auch Medaillenprognosen in diesem Jahr nicht möglich.
Nicht nur in den Medien wurde zuletzt immer wieder die Frage aufgeworfen, ob es richtig und verantwortbar sei, Olympische Spiele unter diesen Vorzeichen durchzuführen. Für den Sport ist mit den Olympischen Spielen wie auch mit den Paralympics in Tokio ein ganz wichtiges Signal verbunden, das dringend notwendig ist. Beide Events machen die Vielfalt der Sportarten in einzigartiger Form sichtbar und unterstützen damit den Wiederbeginn im Sport, der hoffentlich nun wieder dauerhaft für alle Sportarten und Leistungsebenen möglich sein wird.
Ein solcher Impuls ist wichtig, damit das Sporttreiben und besonders das Trainings- und Wettkampfsystem für den Nachwuchs schnell wieder ins Laufen kommt und auch wieder Talente entdeckt und entwickelt werden können, die die Zukunft dieser Spiele sind. Für die meisten aktuellen Spitzensportlerinnen und -sportler stellt die Teilnahme an Olympischen Spielen den absoluten Höhepunkt ihrer sportlichen Karriere dar.
Sie sind das Ziel und der Lohn für viele, viele Jahre hartes Training und persönliche Entbehrungen. Auch für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des IAT war es eine ungewöhnliche Olympia-Vorbereitung.
Sie haben die Zeit genutzt, um mit Expertise, Kreativität und Flexibilität die wissenschaftliche Unterstützung in der Vorbereitung von Team D unter ungewöhnlichen Rahmenbedingungen abzusichern und die Reduzierung der Wettkämpfe dazu zu nutzen, Neues auszuprobieren
Die vorliegenden Informationen geben einen kleinen Einblick in die Arbeit des IAT in den vergangenen Wochen und Monaten.
Dr. Ulf Tippelt
IAT-Direktor
Wir haben von den vielfältigen Informationen des IAT eine Leichtathletik-Disziplin herausgesucht, nämlich Speerwerfen, um die Arbeit des Instituts vorzustellen
Individuelle Trainingsanpassungen haben sich bei Johannes Vetter und Christin Hussong ausgezahlt.
Johannes Vetter zeigt in diesem Jahr herausragende, stabile Leistungen mit Würfen über 91 Metern. „So eine Leistungsentwicklung passiert nicht von heute auf morgen.
Es steht langjährige, systematische Arbeit dahinter“, erklärt IAT-Wissenschaftler Stefan Erlewein von der Fachgruppe Wurf/Stoß beim Medienworkshop mit Blick auf Olympia. Zumal der Weltmeister von 2017 mit Verletzungen zu kämpfen hatte. Generell werden jedes Jahr in den Wintermonaten unter anderem komplexe Leistungsdiagnostiken am Messplatz Wurf/Stoß am IAT vorgenommen und ausgewertet.
Dabei werden die Wurfleistungen auf dem Messplatz mit den Kraft- und Schnellkraftwerten aus dem Biomechaniklabor im Zusammenhang betrachtet. „Somit bekommen wir ein sehr detailliertes Bild vom Athleten und können zur Saison hin in den Trainingslagern systematisch an der sportlichen Technik arbeiten.“
Wie all das durch den Athleten im Wettkampf umgesetzt werden kann, wird mittels dreidimensionaler Videoanalysen überprüft. Johannes Vetter warf 2017 deutschen Rekord. Ab Ende 2018 hatte er dann Verletzungsprobleme, „die Arbeit mit ihm war somit 2019 relativ schwer, weil nicht alles möglich war“, sagt Erlewein. „Deshalb haben wir uns sehr individuell auf Athlet und Trainer eingestellt. Wir wussten durch die Diagnostiken, woran zu arbeiten ist.“
Als Vetter 2019 wieder werfen konnte, sollte er bewusst die Anlaufgeschwindigkeit etwas reduzieren. „Da er generell sehr gute athletische Voraussetzungen mitbrachte, war er in der Lage, auch mit geringeren Anlaufgeschwindigkeiten weit zu werfen – unter der Voraussetzung, dass die Technik passt.“ Das Ziel wurde erreicht. „Seine Leistungen haben sich entwickelt, Würfe über 90 Meter waren wieder möglich.“
Vetter langsamer, Hussong schneller im Anlauf
Das Jahr 2020 mit der relativ langen Wettkampfpause war für Vetter dabei vorteilhaft. „Wir konnten weiter systematisch an der technischen Sportentwicklung arbeiten. Mit geringerer Anlaufgeschwindigkeit. Ohne aus dem Vollen zu werfen, konnten wir die Körperpositionen so optimieren, dass schon Ende 2020 sehr große Weiten und der deutsche Rekord kam“, resümiert Erlewein die Arbeit.
„Es war noch nicht auf dem Stabilitätsniveau in diesem Jahr, aber ein wichtiger Grundstein dafür wurde 2020 gelegt.“ Es konnte also über einen längeren Zeitraum verletzungsfrei gearbeitet werden.
Bei der Nummer eins der deutschen Speerwerferinnen, Christin Hussong, wurde im Gegensatz zu Vetter an der Erhöhung der Anlaufgeschwindigkeit gearbeitet. Bei ihr ging es darum, die Dynamik gegen das Stemmbein zu erhöhen. „Insbesondere im Kraft- und Schnellkraftbereich konnten wir Entwicklungen erzielen.“
Christin Hussong – 2019 World Outdoor Championships – Doha, Qatar Sept27-Oct 06, 2019 Photo:VictaSailer@PhotoRun
Victah1111@aol.com – www.photorun.NET – #victahsailer
Ziel war, mehr Geschwindigkeit auf das Stemmbein zu bringen und diese dann aber auch auf den Speer zu übertragen. An der entsprechenden Technik wurde in den Trainingslagern gearbeitet.
Der Erfolg: Mit ihren geworfenen 69,19 Meter schaffte Hussong es auf die ewige Weltrangliste Nummer acht.
Kerstin Henschel
Institut für Angewandte Trainingswissenschaft
Leipzig
Leiterin
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