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25
09
2009

Um Weltklasse zu werden bzw. auch zu bleiben muss man zweimal täglich trainieren, mittags die Ruhezeit einhalten und früh zu Bett gehen. Regeneration ist genauso wichtig wie das Training selbst“ (Gebrselassie / Kostre 2003)

Zur Organisation des Trainings- und der Wettkampfleistung – U-18-WM – U-20-EM – mit erfreulichen Fortschritten des DLV – Nachwuchses – Aber dringender Handlungsbedarf im Mittel-, Langstreckenlauf und Gehen – Lothar Pöhlitz in Leichtathletik Coaching-Academy

By GRR 0

 

(© Lothar Pöhlitz) – Unser Nachwuchs lässt hoffen, könnte man nach den erfreulichen Ergebnissen vor allem bei der U – 20 – EM das Jahr 2009 überschreiben. 34 Medaillen bei gleich zwei Höhepunkten des DLV-Nachwuchses im Ergebnis des Jugend – Aufbautrainings.

Erfreulich, es geht voran! Allerdings mit einem gewaltigen Wermutstropfen, wenn man dabei nur insgesamt 3 Medaillen (1x Gold durch Hagen Pohle im Gehen, 1 x Silber durch Corinna Harrer über 800 m und 1 x Bronze durch Elina Sujew über 1500 m) für den großen Bereich der Mittelstrecken, Langstrecken und des Gehens bei der U-18-WM und U-20-EM registrieren kann. Dazu nur 5 weitere Finalplatzierungen (1- 8) in 24 Lauf-Gehdisziplinen bei 2 Top-Events, als Arbeitsbilanz der letzten Jahre.

Die anderen sind uns wohl davongelaufen.

Insgesamt kann man nicht meckern, aber was ist mit Lauf / Gehen???

Neun Medaillen (2 G – 1 S – 6 B), eine mehr als 2007, gewannen unsere B-Jugendlichen bei der U 18- WM in Brixen, davon 1 x sensationelles Gold durch Geher Hagen Pohle und zwei 7.Plätze im Endkampf (Platz 1- 8) aller Mittel- und Langstreckendisziplinen. Aber eine Schwalbe macht ja bekanntlich noch keinen Sommer. Sensationelle 25 Medaillen (10 G – 8 S – 7 B) wurden bei der U – 20 – EM erkämpft, toll ! Aber auch hier wiederum nur 2 Medaillen als Beitrag aus dem großen Bereich der Läufer und Geher.

Bedenkt man, dass beispielsweise bei der 6. U 18-WM 1331 Teilnehmer an den Start gingen und 46 Nationen Medaillen mit z.T. sehr ansprechendem Niveau gewannen, wird klar, dass das Engagement weltweit für diesen Altersbereich in den vergangenen Jahren beträchtlich zugenommen hat.

Im Bereich Lauf / Gehen- der Gegenstand dieses Beitrages ist – wurden dort von Germany in 10 Disziplinen – bei 20 Startplätzen – nur 5 besetzt und in den Mittelstreckendisziplinen 800 m und 1500 m konnten sowohl bei Jungen als auch Mädchen keine SportlerInnen die Nominierungsanforderungen erfüllen. Eine denkbar schlechte Ausgangsposition, wenn man jetzt schon an die nächsten U – 20 – Höhepunkte denkt.

Dazu kommt dass in den letzten Jahren die Weiterentwicklung durchaus vorhandener junger Talente bis in den Spitzenbereich nur punktuell gelungen ist und deshalb nun einmal ernsthaft über die zukünftigen Aufgaben auch für das Anschlusstraining nachgedacht werden müsste.

Jürgen Mallow mahnte in Richtung Personal, Anschlusstraining und Finanzen

Sportdirektor Jürgen Mallow mahnte in leichtathletik 30/2009 in einer Nachbetrachtung zur U-20-EM in Novi Sad: „Diese Erfolge sind bei uns auch künftig nicht auf die Situation der Männern und Frauen übertragbar. Da fehlt es uns entscheidend an Personal und Finanzen. Das kostet richtig Geld und das haben wir nicht“. Um dem dann noch hinzuzufügen, dass nicht alle Nachwuchsathleten, auch wenn sie Gold gewonnen hätten oft nicht das Potential hätten um später auch in der Männer und Frauenklasse zu gewinnen.

Ist das aber nicht ein wenig zu einfach? Er könnte doch einmal sagen, was der DLV tun könnte, müsste, oder hätte tun müssen oder ob die Mannschaftsaufstellung stimmt. Vielleicht ist aber eine zu wünschende Öffentlichkeitsarbeit im Verband tabu? Die nach Olympia angekündigte Strukturreform ist kaum spürbar. Die von ihm angesprochene Personalproblematik scheint vor allem diskussionsbedürftig. Dabei war er doch Jahre für das beim DLV angestellte Personal zuständig, es sind doch alle Bundestrainerstellen besetzt.

Gibt es Probleme in der Führung, ihrer Qualität, an der Auswahl oder vielleicht an einer unzureichenden Qualifikation für diesen Job. Es muß ihm doch in den vergangenen Jahren aufgefallen sein, dass auch im Nachwuchs ein ganzer Bereich nicht vorankommt. 3 Medaillen in 24 Disziplinen, da kann man doch nicht einfach zur Tagesordnung übergehen und die Verantwortung vor allem bei den anderen und beim Geld suchen.

Die besondere Situation und die insgesamt Entwicklungsrückstände im Bereich Lauf / Gehen könnten aber nicht nur eine Frage des Personals, sondern auch der Organisationsformen, der Talentausbildungskonzepte, des Wettkampfsystems, der Trainerqualifizierung, der Arbeit mit den Heimtrainern, des Teamplayings etc. sein. Mallow hat aber auch deutlich auf die bevorstehenden Probleme im Anschlusstraining aufmerksam gemacht. Wenn der DLV im nächsten Jahrzehnt bei den internationalen Höhepunkten EM, WM und OS Erfolge will muss auch dieser Bereich reformiert werden. Leider bedeutet Problem erkannt noch lange nicht Problem gelöst.

Nachfolgend soll mit einigen ausgewählten Ideen zur Problematik die sicher bereits angedachte Diskussion unterstützt werden.

Zu wenig Talente – zu wenig Training – was machen andere besser?

Eine besondere Schwachstelle innerhalb der deutschen Leichtathletik ist also die Nachwuchsarbeit im Bereich Lauf / Gehen. Besonders im Zeitraum zwischen 14 – 17 Jahren wurden in der Talentsuche und – ausbildung Versäumnisse zugelassen, die sich in den aktuellen Ergebnissen widerspiegeln und sicherlich auch nicht mit einem euphorischen Blick in die Zukunft zu verbinden sind.

Beobachtungen weisen darauf hin, dass in vielen Vereinen, in denen Trainer engagiert arbeiten, derzeit sehr viele Kinder in die Leichtathletik drängen, das Problem aber offensichtlich mit der inhaltlichen Arbeit bis in die ersten Jugendjahre hinein zusammenhängt, wenn bei A-Jugendwettkämpfen nur ein Bruchteil der ehemaligen Kinder noch trainiert. Nur wo kompetente Trainer mit Leidenschaft arbeiten, das beweist die aktuelle Praxis, werden Talente gefunden und entwickelt. Die im letzten Jahrzehnt entstandenen weißen Flecken in der Leichtathletiklandschaft sind vor allem entstanden, weil es dort keine Trainer mehr gab oder Talente nicht dorthin geleitet wurden, wo kompetente Trainer arbeiten!

Betrachtet man einmal die derzeitige Jugendbestenliste kann man nur staunen wie viele kleine Vereine mit ihren jungen Athleten unter den ersten 20 platziert sind, Wahnsinn. Das Problem aber ist, sie konkurrieren auf zu niedrigem Niveau, der Anreiz nach oben wurde in den letzten Jahren immer geringer, ein forderndes Wettkampfsystem mit Blick auch auf eine zukünftige internationale Konkurrenzfähigkeit gibt es nicht. Eigentlich eine Aufgabe für die Leichtathletik-Landesverbände ? Vielleicht soll aber gar nichts geändert werden?

Im Juli wurde gemeldet, dass mit weiteren 4 Eliteschulen des Fußballs inzwischen 28 (!) solcher Leistungszentren für Talente für den Fußball arbeiten, obwohl sie 2009 mit ihrem Nachwuchs international glänzen konnten. Und das erstaunliche, die Talente streben dorthin.

In der Leichtathletik wurde offensichtlich noch nicht erkannt, dass eine zukünftige internationale Konkurrenzfähigkeit für die Vielzahl der Disziplinen vor allem durch eine Konzentration der Kräfte, auch über die Nutzung und Optimierung der Arbeit an den Eliteschulen des Sports in allen Bundesländern besser möglich sein könnte.

Leistungsanalysen sollten immer auch Auswege aufzeigen
Das Nachwuchs-Training und das Wettkampfsystem brauchen frischen Wind

In einem Jahres – Rahmenterminplan findet man in der Regel von internationalen Top-Events, Landesmeisterschaften oder Länderkämpfen einmal abgesehen, eine zufällige Ansammlung von angebotenen Vereinsveranstaltungen. Dabei werden sowohl die Termine, als auch die ausgeschriebenen Disziplinen von Traditionen, von Vereinsinteressen und den Erwachsenenklassen bestimmt. Laufstrecken für den Nachwuchs sind „Anhang“ im Vorprogramm und meist regional ausgerichtet.

Der seit Jahren zu beobachtende Rückgang vor allem in der Leistungsfähigkeit in den Kinder- und Jugendklassen, die allerorts zu beobachtenden Überschätzungen von mittelmäßigen Leistungen, das aus dem Wege gehen der Besten außerhalb Deutscher Meisterschaften, auch ungenügende Anforderung der jungen Kaderathleten durch die Bundes- und Landestrainer und ein unorganisiertes Nachwuchswettkampf-System sollten Anlass sein, die Trainings- Wettkampfgestaltung für den Nachwuchs auf den Prüfstand zu stellen. Erfahrung ist, dass am Ende eines Ausbildungs – Makrozyklus eine Leistungsausprägung durch eine Wettkampfetappe den Leistungsfortschritt unterstützt, vor allem bei jungen Athleten die sich messen wollen.

System bedeutet ganzjährig systematisch und in Abhängigkeit von den Ausbildungsaufgaben

Wenn Kaderarbeit im Nachwuchsleistungssport perspektivisch zu Anschlussleistungen im Spitzenbereich führen soll, muss der Abstand zum Weltniveau beim Übergang in den Erwachsenenbereich auch in Deutschland deutlich verkürzt werden. Dazu ist den jungen Athleten zu vermitteln, dass nicht nur eine notwendige Steigerung der Trainingsbelastung, sondern auch eine fordernde Wettkampfgestaltung von ihnen und ihren Trainern persönliche Konsequenzen erfordern.

Nur durch Wettkämpfe und ein tägliches Training kann im Leistungssport mit Talenten die Ausprägung einer komplexen Leistungsfähigkeit erreicht werden.

Wettkämpfe, Tests und Kontrollläufe sind nicht nur Mittel um in die Bestenlisten zu kommen, sondern immer auch wettkampfnahe Belastungen und Mittel zur Überprüfung der Trainingswirksamkeit, sowie zur Trainingssteuerung. Das schließt ein, dass nicht ganzjährig Wettkämpfe ohne ausreichend lange Trainingsphasen aneinander gereiht werden. Einem meist verspäteten Beginn des Jahresaufbautrainings folgt bereits im November die Cross-Saison, der folgen die Hallen – Saison, die DM – Cross in einer entscheidenden Trainingsphase nach der Hallensaison, Straßenläufe und schon Anfang Mai die ersten Deutschen Meisterschaften. Dies sind doch gute Gründe zumindest einmal ernsthaft darüber nachzudenken.

Leistungssport erfordert: Lerne zu planen und Prioritäten zu setzen – Zuerst neue Wege in der Organisation des Trainings konzipieren

Die Vergangenheit zeigt, dass jetzt neue veränderte Formen zur Organisation des Trainings und der Wettkampfleistungen Voraussetzung für ein höheres Tempo der Leistungsentwicklung wären. Im stagnierenden System des Trainings im Bereich Lauf / Gehen wird ein höheres Entwicklungstempo nur möglich wenn mehr Trainingseinheiten und eine teilweise Verlängerung ihrer Zeitdauer zu organisieren sind.

Deshalb sollten Trainer gemeinsam mit ihren vor allem talentierten Athleten immer vor Beginn des neuen Trainings- und Wettkampfjahres beraten und festlegen, durch welche neuen veränderten Organisationsformen die schulischen bzw. beruflichen Anforderungen mit der Trainingsbelastung, als auch den Maßnahmen zur Sicherung aller notwendigen sportmedizinischen Maßnahmen und der Physiotherapie auf ein neues Niveau angehoben werden können. In einem gemeinsam zu erarbeitenden Tageszeitplan für die nächsten überschaubaren Wochen sollten sowohl Trainer als auch die Sportler einen Trainingszeitplan erarbeiten und Zeiten für ein möglichst oftmaliges gemeinsames Training festlegen.

Gleichzeitig sind dabei natürlich die schulischen, beruflichen bzw. individuellen Interessen außerhalb des Sports zu berücksichtigen. Im Rahmen einer solchen Beratung sollten die jungen Sportler von dem notwendigen mehr und in Abhängigkeit von ihrem Entwicklungsniveau und der Überzeugungskraft des Trainers auch von den 3 – 4 „Morgenläufen über eine Stunde“ überzeugt werden. Es sollen doch Rückstände aufgeholt werden.

Wo keine physiotherapeutische Begleitung möglich ist, sollte den jungen Athleten z.B. der Umgang mit „Selbstmassagen, Entmüdungsbädern, optimaler Ernährung oder ausreichend Schlaf“ gelehrt werden. Dabei ist ihnen zu vermitteln, dass Leistungsfortschritte an ihre Mithilfe und an bestimmte Gesetzmäßigkeiten gebunden sind und es eines solchen Zeitaufwandes, einer entsprechenden Belastungsdynamik, einschließlich der Regeneration oder auch ihrer Bewusstheit in der Qualität der Übungsausführung bedarf. Dabei müssen sie möglichst schnell spüren, dass sich ihr veränderter Einsatz auch lohnt.

Vielleicht können sie ihrer Überzeugungskraft noch zu etwas Nachdruck verhelfen, wenn sie die nachfolgenden Argumente in ihr Gespräch einfließen lassen:

  • Nichtbeanspruchte genetisch angelegte Potenzen führen zu keiner Entwicklung. Defizite können nur aufgearbeitet werden, wenn sie in einem längeren Zeitraum auch Bestandteil des Trainings sind.
  • Ein zu später Einsatz, auch falsche Zeitpunkte oder zu geringe bestimmte zielgerichtete Belastungen verhindern letztendlich einen optimale Leistungsfortschritt bzw. auch eine optimale Ausprägung von Fähigkeiten.
  • Zur Stabilisierung von erarbeiteten Leistungsfähigkeiten sind ständige Belastungsreize erforderlich.
  • Je besser ein funktionelles Basisniveau umso sicherer ist der angestrebte Belastungs- / bzw. Leistungsfortschritt. In Zeiträumen von 6 – 8 Wochen werden die Voraussetzungen geschaffen, damit in den nächsten 6 – 8 Wochen auf einem verbesserten, höheren Niveau trainiert werden kann.
  • Je mehr Wettkämpfe in den Sommermonaten absolviert werden umso weniger stabilisierendes Training ist möglich. Die aerobe Leistungsfähigkeit z.B. geht bereits nach spätestens 3 Wochen zurück, wenn dafür keine Reize mehr im Trainingsprozess enthalten sind.

Zum leistungsorientierten Laufen gehört ein forderndes Wettkampfsystem

Im Gegensatz zu den Sprüngen und Würfen als „Einzelwettkampfdisziplinen“ lebt der Lauf von der Gegnerschaft, von der Tempogestaltung und dem Kampf Mann gegen Mann bzw. auch Frau gegen Frau. Für die neue persönliche Bestleistung auf hohem Niveau ist vor allem der junge Sportler auf die Hilfe eines leistungsstarken Feldes und ein möglichst gleichmäßiges Tempo (Rekord-Taktik) angewiesen. Die im letzten Jahrzehnt abnehmende Quantität führte aber nicht nur allerorts zu kleineren Starterfeldern, sondern auch auf Grund fehlender Qualität zu schlechteren Ergebnissen in den Schüler- und Jugendklassen oder sogar zum Ausfall von Vorläufen bei Meisterschaften! Da müssen doch die Alarmglocken läuten.

Auch ein nicht ausreichend organisiertes Wettkampfsystem im frühen Schüleralter (< AK 10) leistet dazu einen nicht unerheblichen Beitrag. Dazu kommt, dass die ehemals weit verbreitete Leichtathletik inzwischen in allen Landesverbänden viele weiße Flecken bekommen hat und die Sportartenkonkurrenz und der vielerorts „gestorbene außerschulische Sport“ immer weniger Talente für die Leichtathletik übrig lässt. Bei einem Besuch einer Landesmeisterschaft im Blockmehrkampf der Schüler liefen im abschließenden 800 m Lauf keineswegs die besten 800 m Läuferinnen in einem Lauf gegeneinander, sondern nach der bisherigen Gesamtpunktzahl in 4 verschiedenen Läufen jeweils eine 800 m – Beste 20-50 m vor dem Feld. Alle 4 erzielten allein in etwa die gleiche Endzeit! Da fragt man sich doch: wer ist eigentlich für eine solche Verhinderung schnellerer Leistungsfortschritte zuständig?

Weniger Wettbewerb führt zu leichteren Siegen oder guten Platzierungen auf einem niedrigeren Niveau. Leichtere Siege führen zu abnehmenden Anstrengungen im Training.

Deshalb ist es an der Zeit, den Überlegungen zu wieder mehr Anstrengungen im Training (wird auch durch die überarbeiteten DLV-Jugend – Rahmentrainingspläne deutlich, es kommt aber darauf an, dass aufgeschriebene zu organisieren) neue Überlegungen zu einem wirksameren Nachwuchswettkampfsystem für alle anzufügen. Dabei muss mit dem Wort System systematisch im Sinne der Unterstützung des Leistungsfortschritts aller Altersklassen verbunden sein. Der Aufbau von umfassenden Leistungsvoraussetzungen muss sehr früh beginnen. Dafür ist keineswegs der DLV allein, sondern auch die Landesverbände zuständig.

„Wenn Spitzenverbände die Richtlinienkompetenz für die Trainingskonzepte haben, fällt ihnen auch die konzeptionelle Verantwortung für die Ausgestaltung von Wettkampfsystemen zu. Jedoch kann das nur im Zusammenspiel mit den Landesfachverbänden geschehen“ (ROST 1993)

An dieser Stelle soll noch auf Ziele, Mittel und Ergebnisse zu dieser Problematik hingewiesen werden, die wir bei Schnabel, Harre u.a. 2008 finden:

Leistungs-
bereich
Ziel Mittel Ergebnis
       
Spitzensport sportliche
Höchstleistung
Trainings als
Haupttätigkeit
Sieg, Niederlage,
Rekord, persönliche
Bestleistung
       
Nachwuchssport Schaffung von
Voraussetzungen für
künftige Leistungen
Training in Abstimmung
mit schulischer und
berufl. Ausbildung
Zugehörigkeit zu
Kaderfördergruppen

Ziel – Mittel – Ergebnis in Wettkämpfen des Spitzen- und Nachwuchssports (SCHNABEL u.a. 2008)

Ein Kader – Pflichtwettkampf – System wäre ein Weg

Auch wenn im Mittelpunkt der Nachwuchsausbildung nicht die höchste Leistungsausprägung, sondern ein langfristiger Leistungsaufbau Ziel ist, sind durch die Olympischen Jugendspiele ab 2010, die Junioren-EM und – WM die Aufgaben und Ansprüche innerhalb des Nachwuchsleistungssports für die Besten größer geworden. Der Druck durch das IOC erhöht auch den Druck auf den DLV. Dies gilt nicht nur für das Training, sondern auch für das Niveau der Wettkämpfe und einen höheren Anspruch an die Wettkampferfahrung, wenn unsere jungen Läufer und Geher nach einer Nominierung auch den Erwartungen in den Finals bei solchen Höhepunkten gerecht werden sollen. Wie sollen unsere Besten auf solche Höhepunkte vorbereitet werden, in denen es selbstverständlich VL, HF und Finals gibt, wenn bei unseren Meisterschaften Vorläufe mangels Masse ausfallen?

Mit der Aufnahme junger Sportler in einen Kader sollte sowohl im Landesverband (D-Kader), als auch im DLV (C-Kader) ein Pflicht – Wettkampfsystem verbunden sein, durch das sowohl ein systematischer Aufbau der Leistungsfähigkeit unterstützt wird, als auch durch die verantwortlichen Trainer die Leistungsentwicklung überwacht werden kann. Dabei ist ein ausgewogenes Verhältnis von Unterdistanz-, Überdistanz- und Spezialstreckenwettbewerben, aber auch ein sinnvolles Verhältnis von Trainingsphasen zu Wettkampfabschnitten (mit Zwischentrainingsphasen) wichtig.

Jahrestrainingsaufbau bedeutet immer zuerst Lösung der Ausbildungsaufgaben, zugleich aber auch Vorbereitung auf Wettkampfetappen, weil ja auch Wettkämpfe Bestandteil der Ausbildung sind. Die Effizienz der Ausbildung und Aufgabenrealisierung kann durch folgende Schritte in den MAZ erhöht werden:

  • Vervollkommnung der Lauftechnik und der Techniken der Trainingsübungen
  • Verbesserung der Beweglichkeit und der Kraftvoraussetzungen, die die erforderlichen Bewegungsamplituden und Abstoßkräfte im Sinne einer optimalen Laufökonomie im Schrittzyklus ermöglichen
  • Erhöhung der speziellen Ausdauer auf der Grundlage der technischen Fertigkeiten, wobei die Beweglichkeit zunächst Vorrang gegenüber der Kraft hat
  • Schnelligkeitsorientiertes Training ist ganzjährig akzentuiert Bestandteil der Nachwuchsausbildung
  • Zusammenfügen aller Komponenten die für den Leistungsfortschritt gebraucht werden
  • Transformation des Trainingszustandes in Wettkampfleistungen

Zu den Wettkämpfen hin sind im Rahmen der individuellen Möglichkeiten die Anteile der Mittel der speziellen Vorbereitung auf einen Disziplinbereich, als auch die Intensität der Übungsausführung zu erhöhen.

Kooperation benachbarter Landesverbände

Ein rückläufiges Talentangebot zwingt zu neuen Überlegungen vor allem für die Besten, aber auch für die zweite und dritte Reihe innerhalb der Landesverbände. Deshalb sind vielfältige Möglichkeiten benachbarter Landesverbände zur Kooperation vor allem in der Wettkampforganisation, aber auch in der Talentsuche und dem gesamten Nachwuchsleistungssportförderung zu diskutieren und entsprechende Vereinbarungen abzuschließen.

Überwinden Sie den Föderalismus, alle sind gefordert, es geht um die deutsche Leichtathletik und ihre internationale Konkurrenzfähigkeit.

Ein Nachwuchsleistungssystem eines Verbandes funktioniert nur dann, wenn für alle Leistungsbereiche des Nachwuchses ausreichende, und in den Altersklassen qualitativ gute Wettkämpfe gut organisiert angeboten werden.

Dabei sollten die Landesverbände Einfluss nehmen, dass die Trainingsphasen gegenüber der derzeit gängigen Praxis besser genutzt und konzentrierte Wettkampfabschnitte mit Zwischentrainingsphasen organisiert werden. Hilfreich zur Aufholung von Rückständen wäre, wenn die Monate Mai und September „zusätzliche“ Trainingsmonate würden und im Zeitraum Juni bis August eine mindestens 14 – tägige wettkampffreie Zeit (für ein Trainingslager zu nutzen oder bei den jüngeren Jahrgängen evtl. auch Urlaub) eingefügt würde. Die Tatsache, dass viele Nachwuchsathleten im Jahr z.T. deutlich mehr Wettkämpfe absolvieren als die besten Erwachsenen weist auf Defizite zwischen Trainingsphasen und Wettkampfabschnitten im GLT und JABT eindringlich hin.
Von den 14 – 19 jährigen Kenianer-Talenten wissen wir, dass sie immer in den Ferien selbstverständlich qualitativ hochwertige Trainingslager besuchen, in denen mehr trainiert wird als „normal“.

Während für das Nachwuchswettkampfsystem der Besten / C-Kader der Verband zuständig ist, müssen für die D-Kader, aber auch für die meist vernachlässigten Spätentwickler und Anfänger die Landesverbände gemeinsam mit den Veranstaltern planmäßig steuernd, emotional motivierende Wettkämpfe organisieren.
Ganzjährig heißt in „Schwerpunktphasen“ (wie z.B. zeitlich abgegrenzte Crossphasen oder Hallen – WP) ohne zu große Häufigkeit / Dichte, damit ausreichend wettkampffreie „Ausbildungszeiträume“ bleiben.

Es darf nicht übersehen werden, dass in 4 – 5 Jahren Jugend-Aufbautraining nicht nur die Trainingsbelastung, sondern auch die Wettkampfanforderungen vor allem in der Qualität der Anforderungen steigen müssen.

Auch Jugend-Länderkämpfe mehrerer Landesverbände wären ein Weg

Im Rahmen einer vielseitigen, ausbildungsbezogenen, perspektivisch ausgerichteten Wettkampfgestaltung innerhalb des Jugend-Aufbautrainings mit dem Ziel sowohl den Anspruch, als auch das Gegnerniveau anzuheben, könnten Jugend-Länderkämpfe von 4 – 6 Landesverbänden gegeneinander (mit den jeweils 2 besten Startern pro festzulegender Disziplinen aus der B- und A-Jugend) – die sogar zum DLV-Nachwuchs-Cup der LV mit Vorkämpfen im Mai und einem Finale der besten 8 im August ausgebaut werden könnten – einen wichtigen Beitrag leisten.

Anspruchsvolle Wettkämpfe sind in jeder Altersklasse wichtig, dabei kommt es darauf an möglichst oft gegen leistungsgleiche zu kämpfen. Mit einer solchen Zielstellung könnte auch einmal darüber nachgedacht werden, bei Landesmeisterschaften z.B. der B-Jugend auf Vorläufe zu verzichten und die Sieger und Platzierten durch „vollbesetzte“ Zeitläufe zu ermitteln, die auf der Grundlage aktueller Bestleistungen zusammengestellt wurden. Damit würde sicher auch gegen die in den letzten Jahren immer mehr zunehmenden Doppelstarts – mit den Ergebnissen immer mehr mittelmäßiger Leistungen – wirksam vorgegangen. Auch gegen die „Unart“ den Sportlern mit unehrlichen Meldezeiten Vorteile verschaffen zu wollen, sollten wirksame Maßnahmen ergriffen werden.

Gemischte Wettbewerbe nach dem Leistungsprinzip

Außerhalb von Meisterschaftswettbewerben sollten Frauen und weiblichen Jugendlichen mit einer außergewöhnlichen Leistungsfähigkeit die Möglichkeit eingeräumt werden in Männer- bzw. Rennen der männlichen Jugend zu laufen, die ihrem Leistungsniveau entsprechen. Frauen die sich für Weltmeisterschaften oder Olympische Spiele qualifizieren sollen oder auch Jugendliche, die bei den U-18 oder U-20 EM / WM in den Finals bestehen sollen finden derzeit in Deutschland kaum Rennen, in denen sie grenzwertig gefordert werden, in denen sie Geschwindigkeiten laufen müssen die auch den Zielen des Verbandes nahe sind.

Dabei geht es nicht in erster Linie nur um Qualifikationswettbewerbe, vielmehr bleiben wichtige Belastungen, notwendige grenzwertige Reize als Voraussetzungen für ihre Weiterentwicklung, für neue Anpassungen aus. Dies muss auch für Jugendliche gelten, die in ihren Altersklassen dominieren, den Jungen in ihrer Entwicklung in der Regel um 2 Jahre voraus sind und in den AK der weiblichen Jugend z.B. im LV keine „Gegner“ finden.

Wettkämpfe müssen auch das schnelligkeitsbetonte Training unterstützen

Obwohl ROST (IAT Leipzig) bereits 1993 dies nachdrücklich forderte sind Unterdistanzstarts und Wettkämpfe im Sprintdisziplinen bis heute in den Laufdisziplinen des Schüler- aber auch frühen Jugendbereiches wenig gängige Praxis.

„Die funktionelle Prägung zentralnervaler und neuromuskulärer Strukturen der Schnelligkeit folgt nicht einem natürlichen Reifeprozess, sondern ist tätigkeitsabhängig. Schnelligkeit ist insbesondere zwischen dem 7. – 15. Lebensjahr trainierbar“ (BAUERSFELD 1988)

Durch Wettkampfanforderungen die hohe Bewegungs- und Handlungsgeschwindigkeiten bedingen, wird die Entwicklung der Schnelligkeitsfähigkeiten oder auch der Unterdistanzleistungsfähigkeit wesentlich unterstützt. Deshalb müssen Wettkämpfe in den Sprintdisziplinen (60 – 400 m) oder auf Unterdistanzstrecken z.B. für Langstreckler, wichtige Bestandteile der Ausbildung sein. Dies und natürlich immer auch ein ganzjähriges, schnelligkeitsorientiertes Training sollten die Trainer nicht nur für zukünftige Mittelstreckler sichern. Das bedeutet nicht, dass „geborene Langstreckler“ nicht früher ihre Stärken ausprägen müssen.

„Um als Läufer erfolgreich zu sein, muss man hart und diszipliniert arbeiten. Nicht nur beim Training. Man muss sich seinen Tag einteilen und viele Dinge delegieren. Außerdem braucht man ein Team (Umfeld), auf das man sich verlassen kann. Ein intensives Lauftraining, bei dem man so richtig gefordert wird, entwickelt Eigenschaften, die einem später auch auf anderen Gebieten (Beruf) voranbringen.

Um Weltklasse zu werden bzw. auch zu bleiben muss man zweimal täglich trainieren, mittags die Ruhezeit einhalten und früh zu Bett gehen. Regeneration ist genauso wichtig wie das Training selbst“ (Gebrselassie / Kostre 2003)

© Lothar Pöhlitz in "Leichtathletik Coaching-Academy"

Leichtathletik Coaching-Academy

author: GRR

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