Die Bedeutung Asiens für die Entwicklung der modernen Olympischen Spiele ist von unschätzbarem Wert und reicht weit über die bloße Teilnahme an den Spielen hinaus. Asien hat nicht nur eine lange Geschichte und Tradition im Bereich des Sports, sondern hat auch entscheidend dazu beigetragen, die Olympischen Spiele zu dem weltweiten Phänomen zu machen, das sie heute sind.
In diesem zweiteiligen Beitrag sollen die verschiedenen Aspekte der asiatischen Einflüsse auf die Olympischen Spiele beleuchtet werden.
Erste Teilnahme bei den Spielen
Um zu verstehen, wie Asien die modernen Olympischen Spiele geprägt hat, ist es wichtig, einen Blick auf die olympische Geschichte zu werfen. Die Ursprünge der Olympischen Bewegung reichen bis ins antike Griechenland zurück. Doch die modernen Spiele, wie wir sie heute kennen, wurden im 19. Jahrhundert in Europa wiederbelebt. Die Idee, die Olympischen Spiele zu revitalisieren, wurde von Pierre de Coubertin philosophisch und politisch vorangetrieben und hat zu den ersten modernen Olympischen Spielen der Neuzeit in Paris im Jahr 1896 geführt. Doch die Verbreitung und Popularisierung der Spiele über Europa hinaus verdanken wir allen übrigen Kontinenten dieser Welt. Von besonderer Bedeutung ist dabei der Einfluss Asiens.
Ein entscheidender Moment in der Geschichte der Olympischen Spiele war die Teilnahme von Japan an den Spielen 1912 in Stockholm. Japan war das erste asiatische Land, das an den Olympischen Spielen teilnahm, und sein Erfolg in bestimmten Sportarten trug dazu bei, das Interesse der Welt an den wiederbelebten Spielen zu wecken. Insbesondere im Schwimmen, im Turnen, im Judo und in einigen weiteren Kampfsportarten stellten japanische Athleten[1] ihre Fähigkeiten unter Beweis und erregten internationale Aufmerksamkeit. In der Leichtathletik zeichneten sich japanische Athletinnen und Athleten vor allem durch außergewöhnliche Leistungen im Marathonlauf aus.
Asiatische Sportarten als olympische Bereicherung
Asien weist als Kontinent eine reiche Tradition an Sportarten auf, die mittlerweile bei den Olympischen Spielen vertreten sind. Sportarten wie Judo, Taekwondo, Tischtennis und Badminton haben ihre Wurzeln in Asien und sind seit Jahrzehnten fester Bestandteil des olympischen Programms. Diese Sportarten haben nicht nur die Vielfalt der Olympischen Spiele bereichert, sondern auch dazu beigetragen, die kulturelle Vielfalt und den Reichtum Asiens auf die globale Bühne zu bringen.
Asien – ein begehrter Kontinent für die Austragung Olympische Spiele
Ein weiterer entscheidender Beitrag Asiens zur Entwicklung der modernen Olympischen Spiele war die Austragung von Olympischen Spielen. Seit der Austragung der Olympischen Sommerspiele in Tokio im Jahr 1964 war Asien mehrere Male Gastgeber von Olympischen Sommer- und Winterspielen. So in Korea mit Seoul 1988 (Sommer), in Pyeongchang 2018 (Winter), in China mit Peking 2008 (Sommer) und 2022 (Winter) und in Russland mit Moskau 1980 (Sommer) und Sotschi 2014 (Winter). Japan war 2022 mit Tokio erneut Gastgeber der Olympischen Sommerspiele und führte in Nagano 1998 und Sapporo 1972 olympische Winterspiele durch. Auch die ersten Olympischen Jugendspiele wurden 2010 in Singapur ausgetragen. Im Jahr 2014 war China mit der Stadt Nanjing bereits ein weiteres Mal Gastgeber dieser Jugendspiele. Auch in diesem Jahr 2024 haben sie in Gangwon in China stattgefunden.
Die vermehrte Austragung von Olympischen Spielen geht mit einer steigenden Anzahl von herausragenden sportlichen Leistungen einher, die asiatische Athleten und Athletinnen bei Olympischen Spielen erbracht haben und erbringen. Dies wird über einen beträchtlichen Anstieg der erreichten Medaillen bei den Spielen mit Nachdruck belegt und China, Japan und Südkorea können schon seit längerer Zeit besonders in den Sportarten Tischtennis, Badminton, Turnen, Gewichtheben, Eisschnelllauf und Eiskunstlauf im Weltsport eine dominante Rolle einnehmen. Indien, mit der größten Bevölkerungszahl der Welt, zeigt zunehmend ebenfalls Erfolge im Olympischen Sport und man kann bereits heute von einer Renaissance des indischen Sports sprechen. Dies gilt vor allem in den Sportarten Hockey, Schießen und Boxen.
Die Austragung der Spiele in asiatischen Städten hat nicht nur dazu beigetragen, die Spiele über die Grenzen Europas und Nordamerikas hinaus zu internationalisieren, sondern auch die Infrastruktur und den Sport in den jeweiligen Regionen zu fördern.
Darüber hinaus wurde Asien ein wichtiger Markt für die Olympischen Spiele. Die wachsende Begeisterung für den Sport in Ländern wie China, Singapur, Indien, Südkorea, Thailand, Indonesien und Malaysia hat dazu geführt, dass die Spiele eine breite globale Zuschauerschaft ansprechen. Die wirtschaftliche Bedeutung dieses Kontinents spiegelt sich auch in Sponsoring- und Vermarktungsverträgen wider, die die finanzielle Stabilität der Olympischen Bewegung unterstützen. Japanische, chinesische und koreanische Welt- Unternehmen sind seit Jahrzehnten wichtige Sponsoren der Olympischen Sportfachverbände und das äußerst erfolgreiche Top- Sponsoren Programm des IOC weist ebenfalls schon seit längerer Zeit Sponsoren aus China, Japan und Korea auf.
Asiens Pflege des modernen Olympismus
Asien spielt auch eine außergewöhnliche Rolle in Bezug auf die Förderung des modernen Olympismus wie er von Pierre de Coubertin begründet wurde. Dieser Kontinent weist heute bereits 33 Nationale Olympische Akademien auf. Der „Olympic Day“ wird dort mehr gepflegt als auf jedem anderen Kontinent. Die wichtigsten Programme des IOCs, wie zum Beispiel das „Olympic Values Education Program“ (OVEP) für Lehrer wird konsequent befolgt. „National Olympic Education“ Conferences“ und „Management Courses“ finden nahezu jährlich statt. Bachelor–, Master– und PHD- Programme mit olympischem Schwerpunkt werden an mehreren asiatischen Universitäten angeboten. “Youth Sports Leaders Training Camps“für junge Führungskräfte werden in den Olympischen Sportarten Basketball, Rudern, Hockey, Tischtennis, Judo, Alpin- Ski und Snowboard angeboten. 40 Teilnehmer pro Verband sind dabei zugelassen. Unter dem Slogan „Fresh, Fair, Fit, Fail“ und mit dem Titel „Decoding Olympic Education for Youth Development“ gibt es jährlich für 600 Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren attraktive Aktivierungsprogramme. Besondere Verdienste haben sich dabei der Japaner Jigoro Kano (Begründer des Judo Sports und“Father of the Olympic Movement“in Japan), der Chinese He Zhenliang und die Inder Raja Randhir Sing (fünfmaliger Olympiateilnehmer im Schießen in der Zeit von 1964-1984) und Abhinav Bindra (erster indischer Olympiasieger und Begründer der Stiftung „Jugend und Olympia“ (OVEP India).
Zur Bedeutung Japans
Im Kreis der asiatischen Olympischen Nationen nimmt Japan eine Sonderstellung ein. Japan trat erstmals bei den Olympischen Spielen 1912 in Stockholm an und war damit das erste asiatische Land, das an den Spielen teilnahm. Diese Teilnahme markierte einen bedeutenden Schritt in der Internationalisierung der Spiele und weckte weltweit Interesse an der olympischen Bewegung. Seitdem hat Japan an fast allen Olympischen Spielen teilgenommen und dabei eine Vielzahl von Sportarten und Disziplinen repräsentiert.
Ein entscheidender Moment in der Geschichte der modernen Olympischen Spiele war die Austragung der Spiele in Tokio im Jahr 1964. Die Olympischen Spiele in Tokio waren die erste Austragung der Spiele in Asien und markierten einen Meilenstein in der Globalisierung des Sports. Die Spiele waren ein technologischer, architektonischer und ästhetischer Triumph und zeigten Japans Fähigkeit zur Organisation von Großveranstaltungen sowie seine Bereitschaft, internationale Gäste willkommen zu heißen. Die Olympischen Spiele von 1964 in Tokio legten den Grundstein für die Austragung weiterer Spiele in Asien und trugen dazu bei, die Spiele über die Grenzen Europas und Nordamerikas hinaus zu popularisieren.
Darüber hinaus hat Japan eine Reihe von Sportarten maßgeblich geprägt, die heute weltweit ausgeübt werden oder gar bereits fester Bestandteil des olympischen Programms sind. Judo, Karate und Sumo sind nur einige Beispiele für Sportarten, die ihren Ursprung in Japan haben und weltweit praktiziert werden. Judo trug nicht nur zur kulturellen Vielfalt der Olympischen Spiele bei, sondern hat auch dazu beigetragen, das Interesse an japanischer Kultur und Tradition weltweit zu fördern.
Japan hat auch eine bedeutende Rolle bei der Förderung der olympischen Werte gespielt. Japanische Wissenschaftler haben mit ihren Forschungsarbeiten ganz wesentlich zur Weiterentwicklung der Theorie des modernen Olympismus beigetragen. Besonders bedeutsam ist dafür dabei vor allem das Centre for Olympic Research and Education (CORE). Dieses Zentrum besteht in Tokio seit 2010 und arbeitet mit der University of Tsukuba auf das engste zusammen. Landesweit sind ihm weitere elf Institute zugeordnet. In im Mittelpunkt von deren Arbeit stehen Studiengänge zum modernen Olympics muss und die Bedeutung von Sportinternaten.
Das Land hat sich immer für den Frieden und die Völkerverständigung durch den Sport eingesetzt und war Gastgeber für zahlreiche internationale Sportveranstaltungen und olympische Konferenzen. Darüber hinaus hat Japan eine starke Tradition der Fairness und des Respekts im Sport, die die Grundprinzipien der Olympischen Spiele widerspiegeln.
Zur Bedeutung der arabischen Staaten
Die arabischen Staaten hatten im ersten Jahrhundert der modernen Olympischen Spiele so gut wie keine Rolle in der Gemeinschaft der olympischen Bewegung gespielt. Dies hat sich jedoch in den vergangenen 30 Jahren entscheidend verändert. Insbesondere Katar und Saudi-Arabien und die Vereinigte Arabischen Republik wurden zu entscheidenden Playern bei der Weiterentwicklung olympischen Sportarten und sind heute bereits aussichtsreiche Kandidaten als Gastgeber zukünftiger Olympischer Spiele. Mit der mehrfachen Ausrichtung der Asienspiele, der Fußballweltmeisterschaft und der Weltmeisterschaften fast sämtlicher Olympischer Fachverbände haben sie längst unter Beweis gestellt, dass sie finanziell und organisatorisch dazu in der Lage sind. Selbst Olympische Winterspiele scheinen dabei keineswegs utopisch zu sein.
Arabische Staaten sind seit vielen Jahren Teilnehmer an den Olympischen Spielen. Die Teilnahme von Athleten aus arabischen Ländern an den Spielen trägt zur Vielfalt und Internationalisierung des Wettbewerbs bei. Diese Athleten haben oft beeindruckende Leistungen erbracht und Medaillen in verschiedenen Sportarten gewonnen, was die Stärke und das Potenzial des Sports in der Region unterstreicht.
Fast sämtliche arabische Staaten haben beträchtliche Anstrengungen unternommen, um den Sport auf nationaler und internationaler Ebene zu fördern. Dies umfasst die Entwicklung von Sportinfrastruktur, die Förderung von Sportprogrammen in Schulen und Gemeinden sowie die Unterstützung von Athleten und Sportorganisationen. Diese Bemühungen haben dazu beigetragen, die Präsenz und Wettbewerbsfähigkeit arabischer Athleten bei den Olympischen Spielen zu stärken.
Das Nationale Olympische Komitee von Katar wurde 1979 gegründet und seit den Spielen 1984 nahm Katar an allen weiteren Olympischen Sommerspielen teil. Bei den Spielen 1984 in Los Angeles bestand die Olympiamannschaft Katars aus Leichtathleten, Sportschützen und einer Fußballmannschaft. In der Folgezeit gingen katarische Athleten in den Sportarten Segeln (1988), Tischtennis (1996), Gewichtheben und Schwimmen (2000) und danach auch mit Bogenschießen, Fechten Taekwondo, Beach-Volleyball, Reiten, Boxen, Handball und Judo an den Start. Mit den eigentlichen Angehörigen des Emirats Katar konnten diese Olympiamannschaften nicht nominiert werden. Katar bediente sich deshalb einer fragwürdigem Einbürgerungspraxis. Es wurden vor allem Athletinnen und Athleten aus Afrika, später aber auch professionelle Athleten aus Europa eingebürgert.
So konnte Katar in Barcelona 1992 den ersten Medaillengewinn feiern. Der Leichtathlet Mohammed Suleiman gewann Bronze in 1500 m Lauf. Bei den Spielen in Sydney waren weitere Erfolge dank der aggressiven Einbürgerungspolitik Katars zu verzeichnen. Der als Angel Popov geborene Bulgare Said Saif Azaad war 1999 katarischer Staatsbürger geworden. Er wurde mit sieben Teamkameraden für 1 Million $ von Katar, bzw. dessen Gewichtheber-Verband gekauft.
2012 erfolgte auf Druck des IOC der erste Start einer Katarerin bei Olympischen Spielen. Es war die Sportschützin Bahya Al-Hamad. Bei diesen Spielen gewann auch der Weltrekord- Hochspringer Barshim seine erste Medaille im Hochsprung. 2016 gewann er in Rio Silber und ist damit der erfolgreichste Athlet aus Katar bei Olympischen Spielen. Für viele Experten des Handballsports war die erste Nationalmannschaft Katars, die bei Olympischen Spielen teilnahm, ein besonderes Ärgernis. Von 15 Spielern waren nur vier Spieler gebürtige Katarer, der Rest der Mannschaft bestand aus Spielern aus Montenegro, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Frankreich, Spanien, Kuba. Das damalige Team scheiterte im Viertelfinale gegen Deutschland mit 22: 34. Bei den Spielen in Tokyo 2020 gewann Katar seine erste Goldmedaille durch Fares Ibrahim im Gewichtheben und Barshim krönte seine Hochsprungkarriere mit dem Gewinn der Goldmedaille, nachdem er in London und Rio de Janeiro bereits Silber gewonnen hatte. Im Beach-Volleyball der Männer gewannen die Katarer Ahmed Tijian und Cherif Younousse die Bronzemedaille.
Seit 2002 ist Tamim bin Hamad Al Thani, ein Sohn des Emirs, Mitglied im IOC.
Das Nationale Olympische Komitee von Saudi-Arabien wurde 1965 gegründet und nahm zum ersten Mal bei Olympischen Sommerspielen 1972 in München teil; die Spiele in Moskau wurden von Saudi-Arabien boykottiert. Nachdem Saudi-Arabien bis zu den Spielen 2008 gemeinsam mit Brunei und Katar keine Frauen bei Olympischen Spielen starten ließ, nominierte Saudi-Arabien auf Druck des IOC 2012 zum ersten Mal zwei Athletinnen für die Olympischen Spiele in London. Bei den folgenden Spielen nahmen auch Sportler aus den Sportarten Fechten, Schießen, Bogenschießen, Radsport, Schwimmen, Tischtennis, Reiten, Gewichtheben, Taekwondo, Judo und Fußball teil. Bei den Spielen in Sydney im Jahr 2000 gab es den ersten Silber-Medaillengewinn über 400 m Hürden durch Hadi Soua`an Al Somaily.
Einige arabische Staaten – allen voran, Katar, die VAR und Saudi-Arabien – haben vermehrt bedeutende internationale Sportveranstaltungen ausgerichtet. Katar war Gastgeber von Weltmeisterschaften in nahezu sämtlichen Olympischen Sportarten. Bisheriger organisatorischer Höhepunkt war die Austragung der FIFA-Weltmeisterschaft 2022. Dabei wurden modernste Sportinfrastrukturen und touristische Einrichtungen geschaffen.
Solche Veranstaltungen tragen nicht nur zur Förderung des Sports in der Region bei, sondern stärken auch das Bewusstsein für die Bedeutung von Sport und Wettkampf weltweit.
Katar, die VAR und Saudi-Arabien haben sich auch dafür eingesetzt, die olympischen Werte wie Fairplay, Solidarität und Völkerverständigung zu fördern. Durch die Gründung olympischer Museen und Akademien, durch ein internationales Trainings-, Betreuungs- und Forschungszentrum (ASPIRE in Doha), durch Unterstützung von Bildungs- und Kulturaustauschprogrammen sowie die Organisation von Sportveranstaltungen und -initiativen, die diese Werte betonen, tragen sie zur Stärkung der globalen olympischen Bewegung bei.
Arabische Staaten haben bislang eher nur eine nachgeordnete Rolle in der Entwicklung und Förderung der modernen Olympischen Spiele selbst gespielt. Ihre vermehrte Teilnahme, ihre Bemühungen um die Förderung des Sports und ihre Unterstützung der olympischen Werte haben in jüngster Zeit jedoch dazu beigetragen, dass sich der Sport auch in der arabischen Welt zumindest teilweise für Frauen geöffnet hat und dass einige moderne Sportarten gezielt gefördert wurden, womit hoffentlich auch in den arabischen Ländern die Olympischen Spiele zu einem Symbol der universellen Menschlichkeit werden können.
Letzte Bearbeitung: 20. 6. 2024
[1] Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf „gendergerechte“ Sprachformen – männlich weiblich, divers – verzichtet. Bei allen Bezeichnungen, die personenbezogen sind, meint die gewählte Formulierung i.d.R. alle Geschlechter, auch wenn überwiegend die männliche Form steht.
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