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10
09
2021

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Zum Weltsuizidpräventionstag: 25 Menschen versterben in Deutschland jeden Tag durch Suizid Schätzungsweise

By GRR 0

500 Suizidversuche täglichLeipzig/ Frankfurt am Main 10. September 2021 – Anlässlich des heutigen Weltsuizidpräventionstages macht die Stiftung Deutsche Depressionshilfe darauf aufmerksam, dass in Deutschland jeden Tag 25 Menschen durch Suizid versterben und schätzungsweise 500 Personen einen Suizidversuch begehen.

Durch die Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie ist eine Zunahme der Suizidversuche zu vermuten. Auch die geplanten Neuregelungen zum assistierten Suizid könnten zu erhöhten Suizidzahlen führen.

In Deutschland versterben jährlich ca. 9.300 Menschen durch Suizid – das sind mehr Menschen, als im Verkehr (ca. 3.300), durch Drogen (ca. 1.400) und durch AIDS (ca. 280) zu Tode kommen (Statistisches Bundesamt 2019). Die Zahl der Suizidversuche wird mehr als 20-mal so hoch eingeschätzt. Zwei von drei Suiziden werden von Männern verübt. Insbesondere ältere Männer über 70 Jahre haben ein drastisch erhöhtes Suizidrisiko. Suizidversuche werden hingegen am häufigsten von jungen Frauen verübt.

Mehrheit der Suizide erfolgt im Kontext psychischer Erkrankungen
Lebensmüde Gedanken kommen im Rahmen von Lebenskrisen auch in der gesunden Bevölkerung vor. Suizide erfolgen hingegen fast immer vor dem Hintergrund einer nicht optimal behandelten psychischen Erkrankung, am häufigsten einer Depression. „Die überwältigende Mehrheit der Suizide in Deutschland sind keine Freitode, sondern die tragische Folge schwerer psychischer Erkrankungen. So gehen Depressionen mit großem Leiden und tiefer Hoffnungslosigkeit einher. In der Depression werden bestehende Probleme vergrößert wahrgenommen, und es geht der Glaube verloren, dass sich dieser leidvolle Zustand je wieder bessern wird. In ihrer Verzweiflung sehen Menschen dann im Suizid den einzigen Weg, diesem unerträglichen Zustand zu entkommen“, erklärt Prof. Ulrich Hegerl, Psychiater und Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe

In den letzten 40 Jahren hat sich die Zahl der Suizidopfer halbiert. „Der Rückgang der Suizide dürfte vor allem auf die bessere Versorgung der Menschen mit Depressionen und anderen psychiatrischen Erkrankungen zurückzuführen sein“, so Prof. Ulrich Hegerl, der auch die Senckenberg-Professur an der Universität Frankfurt/M. inne hat. Denn die professionelle Behandlung der Depression ist die wichtigste Maßnahme, um Suizide zu verhindern. Den allermeisten Menschen mit Depressionen kann mit Medikamenten und Psychotherapie geholfen werden. Deshalb ist es wie bei jeder anderen Erkrankung entscheidend, sich rasch professionelle Hilfe zu holen. Ansprechpartner sind Psychiater, Psychologische Psychotherapeuten oder Hausärzte.

Mehr Suizide während der Pandemie?
Im Februar 2021 gaben in einer bundesweit repräsentativen Erhebung der Stiftung Deutsche Depressionshilfe 44% der Befragten mit diagnostizierter Depression an, dass sich Corona-bedingt ihre Erkrankung in den letzten 6 Monaten verschlechtert habe. 8% hatten Suizidgedanken oder suizidale Impulse entwickelt. Unter den Befragten mit Depression berichten sogar 13 Personen, im letzten halben Jahr einen Suizidversuch unternommen zu haben. Hochgerechnet auf die Gesamtbevölkerung würde das allein für diese Gruppe Betroffener circa 140.000 Suizidversuche innerhalb eines halben Jahres ergeben. „Die Maßnahmen gegen Corona haben zu Versorgungsdefiziten und spezifischen Belastungen für die 5,3 Millionen Menschen mit Depression in Deutschland geführt. Besonders die Zahl der Suizidversuche ist alarmierend. Da suizidale Handlungen im häuslichen Umfeld möglicherweise weniger tödlich verlaufen, muss eine Zunahme der Suizidversuche jedoch nicht zwingend mit einer Zunahme der Suizide einhergehen“, erläutert Hegerl. Er betont, dass es dringend notwendig sei, bei der Entscheidung über eventuelle künftige Maßnahmen gegen Corona auch Leid und Tod systematisch zu erfassen, die durch diese Maßnahmen entstehen: „Nur so kann das Nutzen-Risiko-Verhältnis solch tiefgründiger Maßnahmen zukünftig optimiert werden“, betont Hegerl. Bisher werden Suizidversuche in Deutschland jedoch nicht systematisch erfasst. Eine repräsentative Erhebung der Suizidversuche wäre deshalb ein wichtiger Baustein.

Neuregelungen zum assistierten Suizid
Mit Sorgen schaut die Stiftung Deutsche Depressionshilfe auch auf die gesetzliche Neuregelung zum assistierten Suizid. „Wird der assistierte Suizid zu einer offiziell geregelten Wahlmöglichkeit, so besteht das Risiko, dass hierdurch die bisher bestehende Schwelle für suizidales Verhalten gesenkt wird, und es zu einem Anstieg der Suizidraten kommt“, befürchtet Hegerl. In den Niederlanden war im Zuge der Liberalisierung der Sterbehilfe nicht nur eine Zunahme bei den assistierten Suiziden zu beobachten, sondern auch der einsamen, nicht-assistierten Suizide – entgegen der positiven Entwicklung der Suizidraten in fast allen anderen europäischen Ländern. Bei der Neuregelung zum assistierten Suizid muss deshalb eine „Normalisierung“ des Suizids vermieden werden, damit es nicht in der Folge zu einem Anstieg der Suizide durch psychisch erkrankte Menschen kommt“, betont Hegerl.

Hilfehinweis für Menschen mit Suizidgedanken
Wenn Sie sich in einer akuten Krise befinden, wenden Sie sich bitte an Ihren behandelnden Arzt oder Psychotherapeuten, die nächste psychiatrische Klinik oder den Notarzt unter 112.

Stiftung Deutsche Depressionshilfe
Heike Friedewald
Goerdelerring 9, 04109 Leipzig
Tel: 0341/22 38 74 12
www.deutsche-depressionshilfe.de

Über die Stiftung Deutsche Depressionshilfe
Ziel der 2008 gegründeten Stiftung Deutsche Depressionshilfe ist es, einen wesentlichen Beitrag zur besseren Versorgung depressiv erkrankter Menschen und zur Reduktion der Zahl der Suizide in Deutschland zu leisten. Vorstandsvorsitzender ist Prof. Dr. Ulrich Hegerl, der auch die Senckenberg-Professur an der Goethe Universität Frankfurt innehat. Die Schirmherrschaft hat der Entertainer und Schauspieler Harald Schmidt übernommen. Neben Forschungsaktivitäten bietet die Stiftung Betroffenen und Angehörigen vielfältige Informations- und Hilfsangebote wie das deutschlandweite Info-Telefon Depression (0800 33 44 5 33). Unter dem Dach der Stiftung Deutsche Depressionshilfe koordiniert das Deutsche Bündnis gegen Depression zahlreiche lokale Maßnahmen: In über 87 Städten und Kommunen haben sich Bündnisse gebildet, die auf lokaler Ebene Aufklärung über die Erkrankung leisten.

author: GRR