Während Chinas Propaganda von einer „fröhlichen Stimmung“ berichtete, sprachen ausländische Beobachter von einer „massiven Militärpräsenz“ und einer „Atmosphäre der Angst“.
Wo ist die FACKEL? Der Tagesspiegel begleitet die Fackel. Jetzt ist sie in der PROVINZ QINGHAI, QINGHAI HU.
Die kommenden Tage reist das olympische Feuer durch die Provinz Qinghai, die im Nordosten des tibetischen Hochlands liegt. Heute wird die Fackel den Qinghai-See, den größten Salzwassersee Chinas, erreichen.
Am Samstag hatte der Fackellauf durch Tibets Hauptstadt Lhasa geführt. Vor drei Monaten eskalierte die Situation in Tibet – bei Demonstrationen gegen die chinesische Regierung war es zu gewalttätigen Unruhen gekommen, bei denen mehr als 200 Menschen starben. Das olympische Feuer wurde unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen durch Lhasa getragen.
Vor sorgfältig ausgesuchten Zuschauern ging der Fackellauf über eine auf 9,3 Kilometer verkürzte Strecke.
Während Chinas Propaganda von einer „fröhlichen Stimmung“ berichtete, sprachen ausländische Beobachter von einer „massiven Militärpräsenz“ und einer „Atmosphäre der Angst“.
Tibets Parteichef Zhang Qingli sagte zum Abschluss, Chinas Flagge werde „für immer am Himmel über Tibet wehen“. „Wir werden mit Sicherheit in der Lage sein, den separatistischen Komplott der Dalai Lama Clique völlig zu zerschlagen.“ Dem religiösen Oberhaupt der Tibeter war unterstellt worden, den Fackellauf sabotieren zu wollen, obwohl er seine Landsleute aufgefordert hatte, den Lauf nicht zu stören.
ARD-Korrespondentin Nicole Böllhof, die als einzige Deutsche mit einer Gruppe ausländischer Journalisten zu einem streng reglementierten Besuch nach Lhasa reisen durfte, berichtete: „Es sieht aus wie in einer Festung.“
Die Bewohner seien aufgefordert worden, ihre Häuser nicht zu verlassen. Im Zentrum um den Yokhang-Tempel seien schon am Vortag keine Mönche oder Pilger mehr zu sehen gewesen.
An den Gassen zur Altstadt seien jeweils sechs bis zehn Sicherheitskräfte postiert gewesen, „was offenbar der Einschüchterung dienen sollte“, sagte Böllhof.
QINGHAI HU
Der Tagesspiegel vom Montag, dem 23.06.2008