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21
11
2010

Die Laufwelt ist auf die Füße fixiert. Da wird endlos über Laufschuhe, mit und ohne Überpronationsschutz diskutiert, über Einlagen, über Vorfuß oder Fersenlauf und dabei vergessen, dass man nicht nur Beine zum Laufen hat.

Wissen, wo der Hammer hängt – Mit einfachen Mitteln kann man sein Lauftraining ändern, seinen Laufstil verbessern und außerdem Kraft gewinnen. Manfred Steffny in SPIRIDON

By GRR 0

Meine Laufstrecke ist langweilig.”

Immer dieselbe Standardrunde zu laufen, das stört viele Läufer, sie empfinden sie mit der Zeit als langweilig. Zunächst sollte man sich eine Laufrunde suchen, die mindestens 3 km lang ist, dann gibt es weniger Wiederholungen.

Es sei denn, man macht bewusst einen Steigerungslauf, ein Crescendo: wobei man durch Uhrenvergleich auf z. B. vier Runden unterwegs präzise die Zeiten vergleichen kann. Aber selbst wenn man den Tick hat, immer das gleiche Tempo im Training zu laufen, gibt es einfache Möglichkeiten, Abwechslung ins Laufspiel zu bringen. Das simpelste Mittel ist, die Strecke einfach umzudrehen, das heißt statt links rum rechts rum zu laufen oder umgekehrt. Das liest sich auf den ersten Blick als Platitüde.

Aber aufgepasst: Im Neandertal bei Düsseldorf habe ich vor der Haustür eine jederzeit zu verlängernde Laufrunde, die ich rechtsrum von der Hochebene fast immer sanft bergab laufe, bis ich ans Ufer des Flüsschens Düssel komme. Das hat den Vorteil, dass ich die Einlaufphase schon ohne große Anstrengung mit langem Schritt laufen kann und wenn ich dann unten am Fluss bin und die Systeme eingespielt sind, kann ich Schritt und Tempo halten, ohne mich mehr anzustrengen.

Auf dem Rückweg – ich kann Runden von 3 km, 6 km, 12 km oder länger gestalten – muss ich wieder hoch und ca. 60 Höhenmeter überwinden. Normalweise fällt dieses Stück auf dem Rückweg an als letzte Kraftprobe auf einem steilen Straßenstück mit ca. 15% Steigung und einer Auslaufphase nach Hause. Insgesamt eine sehr effektive und abwechslungsreiche Strecke, die nie langweilig wird.

Aber auch die langweiligste Strecke wird wieder interessant, wenn man sie andersrum läuft. Ganz besonders eine kupierte Strecke mit unterschiedlichen Anforderungen. Fühle ich mich müde, dann laufe ich nicht rechts rum ins Neandertal, sondern links rum. Dann will ich nicht durch Bergablaufen mit moderaten 4% Gefälle in einen flotten Schritt gelenkt werden, sondern eher tapsig und langsam das Steilstück runter traben und mich dann im Tal allmählich läuferisch sortieren. Dann laufe ich eine längere Gerade ruhig und quere dann bergauf zu der leichten 1,5 km langen Steigung hoch zurück, wo ich mich dann schon wieder gut fühle und etwas stärker belasten kann, wie es ja für das letzte Trainingsdrittel effektiv ist. Die gefühlte Belastung ist insgesamt gleich stark.

Bei meinem normalen Rundenverlauf ist die Belastung mit insgesamt stärkerem Einsatz von Anfang an und zum Schluss an der anaeroben Schwelle, steil bergauf, viel stärker. Natürlich auch schneller, aber im Rhythmus der Trainingseinheiten sind beide Varianten nicht weniger effektiv.

Es hat natürlich nicht jeder abwechslungsreiche Runden zur Verfügung. Auch eine völlig flache Runde verschafft zumindest einen optisch unterschiedlichen Reiz, wenn man sie andersrum läuft, außerdem in der Rechts-links-Belastung der Beine. Auf alle Fälle sollte man sich nicht auf eine einzige monotone Wendepunktstrecke versteifen, so gut diese auch zur gelegentlichen Tempokontrolle sein kann.

 

„Ich schaukle mit den Schultern.”

 

Die Laufwelt ist auf die Füße fixiert. Da wird endlos über Laufschuhe, mit und ohne Überpronationsschutz diskutiert, über Einlagen, über Vorfuß oder Fersenlauf und dabei vergessen, dass man nicht nur Beine zum Laufen hat. Dass man außerdem mit dem Kopf laufen soll, hat sich inzwischen herumgesprochen. Unser Autor Lothar Pöhlitz, der ehemalige Bundestrainer, betont in seiner Folge für SPIRIDON über das Nachwuchstraining mehrfach, dass das Zentrum ausgebildet werden muss. Damit meint er, dass der Lauf vom Kreuz und von der Hüfte aus gesteuert wird und nur dadurch eine gute Laufkoordination gewährleistet ist.

Die Probleme beim Laufstil fangen aber noch höher an, bei Armen und Schultern. Viele Läufer, besonders Frauen, bewegen sich mit zu stark angewinkelten Unterarmen und schaukeln dadurch mit den Schultern hin und her. Diese Seitwärtsrotationen sorgen auch für Bewegung, von der Wirbelsäule abwärts bis zu den Füßen. Das bedeutet, dass sich ein Schaukeln in den Schultern fortsetzt bis zu Schlenkern und nach innen Kippen der Füße. Da hilft kein teurer Schuh, sondern nur eine Korrektur der Haltung des Oberkörpers. Schultern zurücknehmen und Unterarme tiefer halten ist die gängige Devise.

Das ist ohne Hilfe von außen nicht immer umzusetzen. Es gibt allerlei Gewichte für Läufer, kleine Hanteln, die man mit sich führen kann, Gewichtswesten oder (Horror!) Gürtel mit eingearbeitetem Eisen. Sie helfen bei der Verbesserung des Laufstils nicht, verursachen umgekehrt neue Beschwerden. Solche Gewichte sollen kraftstärkend wirken, versauen aber eher den Laufstil oder drücken auf den Bauch.

Beispiel Kleinhantel: die Hand umklammert die Hantel, wird zur verkrampften Faust, durch die seitwärtigen Kugelrundungen hält man beim Laufen das Gewicht zu weit vom Körper entfernt und schlenkert mit den Schultern. Also Hände weg!

Aber jeder hat einen Hammer zu Hause. Und dieser Hammer ist einem griffigen Staffelstab sehr ähnlich. Läuft man in jeder Hand mit einem Hammer, so werden automatisch die Unterarme tiefer gehalten und bemüht man sich um eine Armführung parallel zu den Füßen. Das leichte Gewicht (auch ein schwerer Hammer wiegt nicht über 1,2 kg, und er darf ruhig auch leichter bis ca. 400 g sein) zieht den Oberkörper nicht herunter und man kann dann bequem die Schultern zurücknehmen.

Wichtig ist dabei die Haltung des Hammers (am besten natürlich zwei gleich schwere Hämmer, ersatzweise geht es auch mit einem Handwechsel alle paar hundert Meter). Das Eisen gehört nach vorne, Spitze nach oben, kurz dahinter hat man das Holz im Gleichgewicht im Griff. Daumen oben anlegen und die übrigen vier Finger unten! In diesem Sinne kann man gelegentlich zur Stil- und auch Kraftschulung ein ganz normales Lauftraining abwickeln, besonders empfehlenswert beim Bergauflauf und für Bergaufläufer.

Auf einfache und preiswerte Weise lässt sich so die Armführung verbessern. Man muss halt wissen, wo der Hammer hängt.

Manfred Steffny in SPIRIDON – Oktober 10/2010

 

SPIRIDON Laufmagazin

author: GRR

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