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2008

Professionelle Bedingungen, professionelle Einstellungen, für die Zeit ein progressives, geschwindigkeitsorientiertes Training waren Grundlage der Erfolge. Wie einige andere blieb aber auch Curt Eins als Trainer viel zu früh auf der Strecke als „von oben“, fehlinterpretiert, nach dem Marathontrainingsvorbild des Arthur Lydiard Mitte der 60iger Jahre der große Dauerlauf-Umfang verordnet wurde.

„Wir müssen im Winter schon wie die Afrikaner trainieren“ – Ein Rückblick auf das „Rhythmustraining“ des Curt Eins – Lothar Pöhlitz in Leichathletik Coaching-Academy

By GRR 0

© Lothar Pöhlitz – Es kann sein, dass bei dem Namen Curt Eins, einem der kreativsten deutschen Lauf-Trainer der Vergangenheit, viele außerhalb der ehemaligen DDR sofort zur Tagesordnung übergehen. Schließlich lagen seine großen Trainer-Erfolge der 9 (!) Olympiateilnehmer von der Mittelstrecke bis zum Marathonlauf so um das Jahr 1960, als Hans Grodotzki bei Olympia Silber über 5000 m und 10000 m holte.

Auch Hermann Buhl, Siegfried Valentin, Fritz Janke und Bernd Dießner (selbst später erfolgreicher Lauf-Trainer, noch heute in Chemnitz tätig) mischten damals beim ASK Vorwärts Potsdam, aber auch kräftig in der Weltspitze mit.

Professionelle Bedingungen, professionelle Einstellungen, für die Zeit ein progressives, geschwindigkeitsorientiertes Training waren Grundlage der Erfolge. Wie einige andere blieb aber auch Curt Eins als Trainer viel zu früh auf der Strecke als „von oben“, fehlinterpretiert, nach dem Marathontrainingsvorbild des Arthur Lydiard Mitte der 60iger Jahre der große Dauerlauf-Umfang verordnet wurde. Quantität anstatt Qualität war die Devise, weil man irrtümlich glaubte, dass für einen großen Leistungsfortschritt ein großer Umfang allein zum Wunder führt. Sogar Tempoläufe waren zeitweilig „verboten“!

Curt Eins war dazu nicht bereit, war plötzlich nicht mehr progressiv genug, stand trotz seiner Erfolge „dem und den Neuen“ wohl im Wege. So war das damals in der DDR. Also zurück ins dritte Glied, da spielte der Dienstgrad beim Armeesportclub keine Rolle; sein Hobby „das Zaubern“, das die Sportler oft, auch in Trainingslagern in der Regeneration „unterstützte“, wurde erst später zum Beruf.
Der Kampf um die politische Vorherrschaft in Deutschland war schon in den 60igern Hauptaufgabe Nr.1 in der DDR. Der verordnete Fortschritt auch im Sport ließ auch im Laufen auf sich warten, Stagnation über Jahre war das Ergebnis. Erst als sich später wieder ein komplexeres Training durchsetzte, einige Trainer klammheimlich vom vorgegebenen Weg abgewichen waren, ging es wieder aufwärts.
Komplexes Training geschwindigkeitsorientiert stand im Mittelspunkt

Eine gründliche Analyse des Trainings der bis dahin Erfolgreichen in der Welt ließ Curt Eins schon früh schlussfolgern, dass Basis für einen Tempolaufbau nach Tempotabellen, wie es in den 50iger Jahren schon weltweit üblich war, ein zweimal tägliches Training mit sogenannten Stoßtrainingsphasen (Gipfelwochen auch mit dreimal Training am Tag), Athletik-/Krafttraining mit spezieller Fußgelenkkräftigung und Sprungkraftentwicklung (auf alten Matratzen!) und immer neuen Ideen, auch barfuss Fußball, Fahrtspielen, Crosstraining auf der Pferderennbahn und Dauerläufen bis 30 km, ist. In einer möglichst systematischen Allmählichkeit, die ständige Reizerhöhung im Hinterkopf, sollten die Willensqualitäten und das Selbstvertrauen für die Wettkämpfe durch hohe Trainingsumfänge im Intervalltraining, durch Kontrollläufe mit Aufgabenstellungen, durch Handicap(Vorgabe-)-läufe, durch Endspurtentwicklung oder auch durch Maximalläufe am Ende eines umfangreichen Trainings, aufgebaut werden.

Schnelllaufen wenn es darauf ankommt und in Wettkämpfen gewinnen war das Ziel.

Mangels Trainingshalle mit Rundbahnen wurde im Winter der Schnee vom Rasen und der Laufbahn geräumt. Schnelllaufen wie die, die im Winter Sommer haben, wie die Afrikaner, war schon damals Trainingsphilosophie des C.E.

Vielleicht fehlten zwischen dem Rhythmustraining, wie es der Trainer nannte, in Spikes auch auf Eis neben einer regelmäßigen Physiotherapie, ein paar Dauerläufe mehr, ruhig im Wald, Training auf vielfältigen Bodenuntergründen, Tempolaufprogramme in Einlaufschuhen, die Achillessehnen schonend, ein paar Kilometer mehr für die Langstreckler, weil die 130 – 150 km pro Woche, von denen Hans Grodotzki später erzählte, für das System doch nicht ganz optimal waren. Aber nicht nur die Potsdamer hatten um diese Zeit Probleme mit den Achillessehnen. Es gab schmerzliche Verluste, viele fehlgeschlagene Operationen, auch beim „Wunderdoktor“ im Prager Armeekrankenhaus, brachten die Athleten nicht zurück auf die Laufbahn. So blieben trotz großer Bemühungen viele Reserven auf der Strecke

 Trainingsumfang nach Zielstrecken

  Basisausdauer Spezielle Ausdauer
Marathon ¾ – 1 ½ fache 30 – 60 km
10000 m 2 – 3 x 20 – 30 km wie 5000 m
5000 m 3 – 4 x 15 – 20 km 1 ½ – 2 x 7500 – 10000 m
3000 m 4 – 5 x 12 – 15 km 1 ½ – 2 x 4500 – 6000 m
1500 m 6 – 8 x 9 – 12 km 2 – 3 x 3000 – 4500 m
800 m 8 – 10 x 6 – 8 km 3 – 4 x 2400 – 3200 m

Rhythmustraining, Unter- und Überdistanz und kurze Pausen

Rhythmustraining bedeutete ein in Abhängigkeit von der individuell aktuellen Leistungsfähigkeit systematischer Trainingsaufbau nach Tempotabellen (s. u.) bis zum und über das Renntempo hinaus. Dabei wurden parallel Trainingseinheiten für das Unterdistanzziel (z.B. 800 m für den 1500 m Läufer) und das Überdistanzziel (z.B. 3000 m) und gemischte TE durchgeführt. Eins verfolgte damit eine mehrschichtige Ansteuerung der Muskulatur und des Stoffwechsels, im Verhältnis zum Leistungsziel auf der Spezialstrecke „von unten und oben“ und schuf damit zugleich Abwechselung und die Möglichkeit zu ständigen Vergleichen zum Training der letzten Wochen. Ziel war auch, mit ansteigender Leistungsfähigkeit systematisch die aktiven Pausen zu verkürzen.

Im Gruppentraining trainierten auch Mittelstreckler mit Langstrecklern, weil die Mittelstreckler aufs Tempo drückten und die Langstreckler sich mit kürzeren Pausen „rächten“.

Beispiele für 2 typische Trainingseinheiten (1500 m bzw. 5000 m Ziel)

1500 m Ziel
    30´ Einlaufen (4 km) + STL + 4 x (6 x 200 m), Tp: 50-55“ / Sp: 6´
    + 10´ Auslaufen (2 km)

5000 m Ziel
    30´Einlaufen (4 km) + 10 x 100 m STL, Tp: 100 m
    + 4 x (5 x 400 m), Tp: 100 m, Sp: 3-5´
    + 10´ Auslaufen (2 km)

Spürbare, sichtbare Ermüdung mit möglichst optimalen Reizen, um die funktionellen Möglichkeiten des Organismus zu erweitern, war das Credo, das beinhaltete aber zugleich, dass Morgen auch wieder gut trainiert werden sollte. Insofern bestand die Kunst darin den Umfang pro TE, die Streckenlängen, Geschwindigkeiten und Pausen so zu wählen, das dies auch möglich war. Hin und wider mussten sich die „Gewieften“ nach zwei oder drei solcher Wochen mit einer kleinen Blessur oder anderen Ausreden eine Auszeit nehmen, weil damals wie heute das Problem von Belastung und Erholung manchmal eine „kleine Schwachstelle“ der Trainer ist. Die nachfolgenden Tabellen, die wir bei Leichtathletik KONKRET 26/2000 fanden, zeigen auf alle Fälle, dass die Trainingsbelastungen vor 50 Jahren auf keinen Fall unterschwellig waren.

 Umfang (Wiederholungen) im Intervalltraining

Im Unterdistanztraining 800 – 1500 m 5000 – 10000 m
30 – 50 m 10 – 20 x  
100 m 15 – 20 x 20 – 40 x
150 m 10 – 12 x  
200 m 8 – 10 x 15 – 20 x
     
Rhythmus Renntempo    
100 m 30 – 40 x 60 – 80 x
200 m 15 – 20 x 30 – 40 x
300 m 10 – 15 x 20 – 30 x
400 m 8 – 12 x 16 – 20 x
600 m 4 – 6 x 8 – 12 x
800 m 4 – 5 x 6 – 8 x
1000 m 3 – 4 x 4 – 6 x
     
Allgemeine Ausdauer    
400 m 12 – 16 x 20 – 30 x
1000 m 4 – 6 x 8 – 10 x
1200 m 5 x 6 – 8 x
2000 m   5 – 6 x
Cross-/Querfeldeinläufe 8 – 12 km 15 – 20 km


Tempo-Tabelle (Beispiel: Ziele: 800 m: 1:50,0 – 1500: 3:45,0 – 3000 m: 8:15,0)

  Nov. Dez. Jan. Feb. März Apr. Mai Juni Juli/August
800 m       2:00 1:58 1:56 1:54 1:53 1:52 1:50,0
100 m   15,0 14,8 14,5 14,2 14,1 14,0 13,7
200 m       30,0 29,5 29,0 28,5 28,1 28,0 27,5
300 m       45,0 44,5 43,5 42,7 42,3 41,9 41,2
400 m       60,0 59,0 58,5 57,0 56,4 56,0 55,0
600 m       90,0 88,5 87,9 85,5 84,6 84,0 82,5
                     
1500 m 4:08 4:04 4:00 3:58 3:56 3:54 3:50 3:48 3:45  
200 m   33,0 32,5 32,0 31,6 31,4 31,0 30,5 30,3 30,0
300 m   49,5 48,8 48,0 47,4 47,0 46,5 46,0 45,6 45,0
400 m   66,0 65,0 64,0 63,2 62,8 62,0 61,2 60,8 60,0
600 m   1:39 1:37,5 1:36,0 1:34,8 1:34,2 1:33,0 1:31,8 1:31,2 1:30,0
800 m   2:12 2:10 2:08 2:06 2:05,5 2:04 2:02 2:01,5 2:00
1200 m 3:18 3:15 3:12 3:10 3:08 3:06 3:04 3:02 3:00  
                     
3000 m   9:00 8:45 8:45 8:40 8:35 8:30 8:25 8:20 8:15
200 m   38,0 35,5 35,0 34,5 34,2 34,0 33,6 33,3 33,0
300 m   54,0 53,3 52,5 51,9 51,5 51,0 50,4 49,8 49,5
400 m   72,0 71,0 70,0 69,2 68,6 68,0 67,2 66,6 66,0
600 m   1:48 1:46 1:45 1:44 1:43 1:42 1:41 1:40 1:39
800 m   2:24 2:22 2:20 2:18 2:17 2:16 2:14 2:13 2:12
1200 m   3:38 3:33 3:30 3:28 3:26 3:24 3:22 3:20 3:18

aus: Leichtathletik konkret 26/2000

 Lothar Pöhlitz
 Email: document.write('lothar.poehlitz@la-coaching-academy.de'); lothar.poehlitz@la-coaching-academy.de

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