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08
2022

„Das Grundschulalter ist das goldene Lernalter für koordinative Fähigkeiten, ein Zeitfenster für bestimmte Trainingsanreize“, sagt Kerstin Holze. - Foto: Horst Milde

Wir brauchen Vorbilder, Ausbildung, wieder Lehr- und Lernjahre – Von Lothar Pöhlitz*

By GRR 0

Die EM-München 2022 war toll – die Leichtathletik ist „back“, sie hat ihre Fans begeistert, aber erst einmal nur in Europa. Deshalb muß die Arbeit fürs Weltniveau am besten gleich morgen fortgesetzt werden.

Die Olympischen Spiele 2024 – 2028 – 2032 kommen, auch für uns. Hoffentlich haben die „Roten – Grünen und Gelben“ das tolle, begeisterte Sport-Millionen-Publikum bei den Europameisterschaften 2022 in München auch gesehen, auch wenn sie sich für Sport, neben Fußball und ihren Klimaaufmärschen, bisher nicht besonders interessiert zeigten, von Kinder-Fitness oder Schulsport ganz zu schweigen.

Sie übersehen das Sport den Charakter und Willen bildet und den jungen Organismus fitter auf ein möglichst langes gesundes Leben vorbereitet. Die sensationelle Begeister-ung für alle angebotenen Sportarten in München war Werbung für den deutschen Leistungssport und zeigte, was unsere Menschen auch wollen. Sie hoffen das nicht auch noch im deutschen Sport das Licht ausgeht.

Sport prägt nicht nur Persönlichkeiten, sondern tut auch der Gesellschaft gut  wie München 2022 gezeigt hat

Sie haben sicher auch bemerkt, wie euphorisch deutsche Medaillen, also Spitzenleistungen, gefeiert wurden. Da ging es nicht um Medaillen um der Medaillen willen, nicht um die bei den Medien so beliebten Holz- oder Blechmedaillen als Wiederspiegelung von Schwäche, sondern um den Stolz der Zuschauer über die gezeigte Leistungs- und Kampfkraft unserer Athleten, in der Hoffnung auch in der Welt konkurrenzfähig zu sein. Es waren auch Lücken „nur gegen Europa“ innerhalb der 48 LA-Disziplinen nicht zu übersehen, nach den enttäuschenden Weltmeisterschaften in den USA, wenige Wochen zuvor.

 Wir müssen neues Leben in den Kinder-, Jugend- und Schulsport bringen

Wir alle, auch s i e im Bundestag, müssen sich kümmern, es darf ihnen nicht länger sch…egal sein, wenn unseren Kleinen Erziehung, Fitness und Bildung fehlt, sie im Kinderzimmer unbemerkt die Kilos um sich versammeln und der Schulsport seine einstige hilfreiche Bedeutung längst verloren hat.

Die Hausaufgaben für GERMANY sind wichtiger als eine Olympiabewerbung

Was eine erneute deutsche Olympia-Bewerbung betrifft, die im Zusammenhang mit Olympia 1972 in München ins Spiel gebracht wurde, kann man DOSB-Präsident Thomas Weikert im Interview der „Stuttgarter Zeitung“ und „Stuttgarter Nachrichten“ nur zustimmen: „Uns motiviert das natürlich bei unseren Überlegungen. Aber wir dürfen uns auch nicht zu sehr davon treiben lassen, sondern müssen erst einmal ruhig und sachlich unsere Hausaufgaben erledigen“, sagte DOSB-Präsident Thomas Weikert im Interview von „Stuttgarter Zeitung“ und „Stuttgarter Nachrichten“. Wie Recht er hat.

Die Hausaufgaben erfordern, vor einer Olympia-Bewerbung, „alles mögliche Geld“ in die Trainerproblematik und den Kinder-, Schul- und Jugendsport zu investieren damit GERMANY wenigstens bei den Olympischen Spielen 2032 in Australien wieder konkurrenzfähig ist

Das Ziel muß bleiben die Welt zu besiegen – Wenn wir aber bei den Spielen 2036 erfolgreich sein wollen, müssen wir jetzt, es sind nur noch 14 Jahre bis dahin, mit der Vorbereitung außergewöhn-licher Talente beginnen, zumindest mit täglichem Training und bei Trainern, die sie im BASICS-Training entwickeln. Das euphorische Publikum im „alten Olympia-Stadion von 1972“ hat gezeigt, dass sie Leistungssport, deutsche Siegleistungen oder Medaillen wie die von Gina Lückenkemper, Niklas Kaul, Koko Klosterhalfen, Richard Ringer, den Marathon-Frauen, Malaika Mihambo, Christopher Linke, Saskia Feige, Lea Meyer, Julian Weber, der 4×100 m der Frauen  am liebsten wollen.

„Und wenn Du mal hinfällst mußt Du stärker wieder aufstehen“ sagte Lea Meyer den Verlierern und dem Nachwuchs

München 2022 war eine gewisse Rehabilitation für den DLV nach den Weltmeisterschaften in den USA. Die Abt. Olympische Leichtathletik beim DLV aber muß weiterarbeiten, die vielfältigen Bedingungen für das Weltniveau, für Olympia – Medaillen vielleicht schon 2024 in Paris, schaffen.

UBS-Kids-Cup 2014 zielte auch auf die Swiss-EM-Ergebnisse 2022 –  RUNNING KIDS – 1000 m bei swiss athletics 2014

Selbst die Medien haben aufmerksam registriert das swiss athletics bei der EM in München wie nie boomte, nicht nur in der Breite, auch in Wahnsinns-Fortschritten – dank ihrer Nachwuchsarbeit, dem UBS Kids Cup, der mit der EM 2014 entstand und seitdem Toptalente wie Simon Ehammer, Angelica Moser, Lore Hoffmann, Mujinga Kambundj oder Annik Kälin hervorbrachte. Sicher hat auch der DLV diese tolle Aktion damals verfolgt, gehandelt haben sie leider nicht. Aber es gibt eine Zukunft.

               „Wieder schneller-weiter-stärker-intelligenter“

müßte das neue Motto vor allem für unsere Kleinen in den BASICS-Jahren 7-12/14 lauten, zurück zu früheren Gewohnheiten. Wohlstand, Bildung und Sport gehörten Jahrzehnte zu unserem Leben. Wir müssen handeln. Wir brauchen weniger Negativberichterstattung, vielmehr Vorbilder, die von den Medien gefeiert werden und zum Nachmachen anregen. Zumindest so lange, bis eines Tages der Beruf sie so weit einschränkt, dass nur ein Sport-Studio in der Nähe oder der nahe Wald ein paar Stunden Bewegung ermöglichen.

Wir müssen unseren Kindern nicht nur „das Laufen oder Schwimmen“ lehren, sie bewegen, barfuß laufen lassen, zum Training im nahen Verein bringen, sie zu Wettkämpfen fahren und in einem möglichst täglichen Schulsport helfen neben der Bildung die Talente zu wecken, zu erkennen und ihnen zu Fitness und vielen, auch in der Regierung und dem Bundestag, zu weniger Gewicht zu verhelfen. Wir / Sie müssen die Nation zu einstiger Leistungskraft zurückführen. Wir haben es bitter nötig uns unserer einstigen Wirtschafts- und Exportkraft zu besinnen oder unserer Landwirtschaft die Ernährung der eigenen Bevölkerung – mit viel weniger Importen – zu ermöglichen.

Der IQ und auch sportliches Talent sind angeboren, das „Erbe, die Gene“ allein aber reichen nicht, wenn nicht ein hilfreiches Umfeld, eine die jeweiligen Stärken ausprägende Familie helfen, die individuellen Stärken zu erkennen, vor allem auch die sportlichen Fähigkeiten, in der Kindheit zu wecken, sie unterstützend auszuprägen. Deshalb brauchen wir die Eltern als Helfer sobald „sie“ kriechen, aufstehen, klettern, laufen, Ballspielen, Schwimmen lernen oder beim Kindersport in einem Verein lernen sich vielseitig zu bewegen. Sie müssen es ihren Kids sagen und am besten vorleben.

Es geht nicht mehr nur um den Niedergang in GERMANYS -Spitzensport, es geht um die reale Katastrophe Kinder-, Jugend- und Schulsport, ihre Fitness und Bildung.Aber nur wo Sportlehrer oder Trainer sind, werden Kinder bewegt – ein 10-Jahresplan könnte Talente zurück in die Weltspitze führen.

„Wenn wir jetzt nicht handeln, verspielen wir die Zukunft des deutschen Fußballs“, schrieb DFB-Direktor Oliver Bierhoff in der WELT vom 31.1.2021. Nein wir verspielen die Zukunft „des deutschen Sports“ und die Gesundheit und Fitness von 13,5 Millionen Kindern und Jugendlichen unter 18, wenn es nicht schon zu spät ist. Natürlich geht damit auch die Konkurrenzfähigkeit der Olympischen Leichtathletik noch weiter bergab.

Da bringen gerade „Veranstalter“ Olympische Spiele 2036 in Deutschland ins Gespräch, ohne zu bedenken, wie peinlich das für GERMANY werden könnte beim aktuellen Tiefstand des Sports. Die Welt wird sicher gern zu uns kommen, um Deutschlands Elite ihrer Bevölkerung zu Hause vorzuführen. Der Versuch nach 100 Jahren die „Hitler-Spiele 1936“ mit politischen Abwehrargumenten zu verhindern ist haarsträubend, zumal sich Deutschland in der Vergangenheit, vor allem auch nach der friedlichen Wiedervereinigung West – Ost, den Ruf einer Demokratie zurückgeholt hat. Die Wahrheit aber ist auch das diese Demokratie den Niedergang des einstigen „Sportlandes Deutschland“ ohne Widerstand ertragen hat. Unerwartet ist das die aktuell „regierende Ampel“ das fortsetzt, was Frau Merkel verwaltet hat und wieder dem Fußball die Aufwartung macht und die anderen noch nicht einmal erwähnt, wie kürzlich Bundeskanzler Scholz bei den Fußball-Frauen.

Trainingsqualität und Charakter machen Siege

Die vielfältige Literatur zum Lauftraining und meine eigene Praxiserfahrung haben mich zur Erkenntnis geführt, dass Trainingsqualität und Athleten-Motivation zwei entscheidende Schlüssel sind, wenn man Talente, Begabte für mehr in die jeweilige altersbedingte Spitze führen will. Natürlich müssen sie zu einem leistungsorientierten Training bereit sein.

Es reicht für Lauf-Trainer nicht zu glauben das man besser trainiert hat als die anderen, wenn man den Umfang, die Kilometer erhöht oder sich endlich mehr als bisher, meist zu spät, den für viele „Nebenkriegsschauplätzen“ Kraft, Beweglichkeit, Lauftechnik oder Koordination zugewendet hat oder sie ganz vergisst. Der geschwindigkeits-geführte Unterdistanz-Spezialstrecken- und Überdistanz – Umfangsaufbau, d.h. die Geschwindigkeit im Trainingsumfang in den 3-4x wöchentlich ausgewählten Program-men, entscheidet über die angestrebte Wirkung des Trainings in der jeweiligen Jahresperiode.

Wenn die Großen dieser Welt über die Ursachen ihrer Erfolge sprechen, steht das eigentliche Training meist nicht im Mittelpunkt, sondern solche Attribute wie Ehrgeiz, Disziplin, Fleiß, Selbstbewußtsein, Siegeswille, Kampfgeist und Konse-quenz. Immer öfter hört man wegen des inzwischen gestiegenen Weltniveaus das „man“ möglichst in früher Kindkeit den Weg zum Training, zu den besten Bedingungen und zu Trainern gehen muß.

Erfolge werden durch Ergebnisse definiert – nicht durch Wohlfühlen

Der immer öfter verfälschte Talentbegriff muß auf die hilfreichen Voraussetzungen eines Talents für „Außergewöhnliches“ zurückgeführt werden. Leider scheint zu vielen nicht klar zu sein das die Anerziehung von solchen Persönlichkeitseigenschaften wie Disziplin, Willensspann- und Willensstoßkraft, Fleiß, Motivation, Selbstbewußtsein, Konsequenz, Durchsetzungsfähigkeit in früher Kindheit beginnen muß, Und zwar auf der Basis besonderer Gene und früher Anstrengungsbereitschaft und Beste/r werden zu wollen. Der/die Beste sein zu dürfen hat auch mit der Überwindung von persönlichen Schwächen zu tun und auch wenn man es nicht aufs Podium schafft kann man ein Leben lang davon profitieren.

„Kenianer erleben eine unglaublich laufaktive Kindheit, während die Kinder im Westen den Hintern kaum noch vom Stuhl hochkriegen. Kenianer haben dazu eine ungeheure Zahl von erfolgreichen Vorbildern.“  (A. Finn GBR)

„Wenn ein Kenianer 16 wird hat er auf seinem breiten Fundament bereits ein Haus gebaut“ (Renato Canova), wir haben großen Nachholbedarf

Meine wichtigsten Faktoren für Erfolge                                             

  •  Engagement für Schüler – Talente im Vereins- und Schulsport
  • Auch Talente brauchen ein Team, Erziehung, sehr gute Trainer, sportmedizinische Begleitung und Ernährungsberater.
  • Sie brauchen mehr tägliche „Bewegung“, Führung, Wettkämpfe immer mehr Trainingszeit und Disziplin. Wenn Sie das nicht haben  sind die beiden ersten zu vergessen.

Erfolg setzt voraus alles in Deiner Macht zu tun, um alle Fähigkeiten in Deinem Körper zu maximieren. Erfolge in allen Bereichen unseres Lebens werden letztlich durch Ergebnisse definiert – aber sie werden von den ererbten Fähigkeiten, dem Talent und der Erziehung begrenzt. Erfolge resultieren aus der Kombination von harter Arbeit, Umfeld, Haltung, Ego und Vertrauen.

Der einzige Weg zurück zu einer erfolgreichen Leistungsgesellschaft führt über das Leistungsprinzip. In allen Bereichen unseres Lebens, in der Schule, der Lehre, im Beruf, der Berufsausbildung und auch im Sport.

Dazu gehören professionelle Strukturen bis hin zur Führung des Talent-Ausbildungsprozesses in den Bundesstützpunkten durch hauptamtliches Personal. Dazu gehört aber auch das Schulsport wieder zur Bildung gehört.

Lothar Pöhlitz

—————————————————————————————————————–© Lothar Pöhlitz* – Dipl.- Sportlehrer für Leistungssport / Sportwissenschaftler / Trainer und Cheftrainer im SC Chemie Hale / Nachwuchs-Verbandstrainer / 1971-1979 Leiter des Wissenschaftlichen Zentrums für Lauf-Trainingsmethodik im DVfL / 1980 – 1998 DLV-Bundestrainer Mittelstrecke – Langstrecke – Marathon / zuletzt Teamleiter Marathon / Straßenlauf / 3x Olympia-Trainer für Deutschland / Langjähriger Dozent an der Trainer-akademie Köln und DLV-Trainerschule / 2006-2020 Leichtathletik Coaching Academy /             4 Lauf-Fachbücher

 

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