Wie Deutschland bei Olympia 2024 oft aufs Podium kommt - Ein Kommentar von Lothar Pöhlitz – 18 Jahre Bundestrainer des DOSB/DLV ©Horst Milde
Wie Deutschland bei Olympia 2024 oft aufs Podium kommt – Ein Kommentar von Lothar Pöhlitz – 18 Jahre Bundestrainer des DOSB/DLV
„Medaillen und Spitzenplätze sind das Ziel der Spitzensportförderung. Am Ende sollen mehr Medaillen stehen als jetzt", sagte Innenminister de Maizière in einem Doppel-Interview mit DOSB-Präsident Alfons Hörmann ("Die Welt").
Endlich! Was zu dieser Problematik der neue Leistungssportchef beim DOSB Dirk Schimmelpfennig (bisher Trainer und Sportdirektor im Tischtennis-Bund) und Vizepräsident Ole Bischof in einem Interview der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" verkündeten ist kühn, macht Hoffnung und wird sie und ihre Crew hoffentlich nicht eines Tages noch einmal in Erklärungsnot bringen.
Deutschland wieder im absoluten Topniveau des Spitzensports, in der „Beletage“ schon beim großen Fest des Weltsports, bei den Olympischen Spielen 2024 – also in nur knapp 9 Jahren. Der Olympische Sport soll und will endlich seinen Aufgaben wieder gerecht werden. Dabei malen die Mühlen wie auch auf anderen Gebieten in Deutschland gerade sehr langsam. Das würde ja viele Plätze auf dem Podium des Weltsports erfordern – wie es Deutschland vor Jahren schon einmal schaffte.
Haben wir dafür überhaupt noch Geld und Personal? Bereits 2016 – 2018 soll schon ein gegenüber 2012 nachweis-barer Schritt wieder nach oben gelingen.
Man räumt mit diesen Aktivitäten ein dass es gegenüber dem derzeitigen Stand richtig Veränderungsbedarf gibt. Da wird die Qualität der Arbeit entscheiden und nicht ob alle Stellen besetzt sind. Hat die bisherige DOSB – Führung mit seinem General Vesper diese Notwendigkeit in den letzten Jahren übersehen? Hätte die nächste Olympiavorbereitung, eine neue Orientierung für den Spitzensport, nicht bereits 2013 so beginnen müssen?
Schimmelpfennig bescheinigt diesen seinen Vorgängern gute aber nicht umgesetzte Spitzensportkonzepte. Beruhigen Konzepte? In der Tat hörte man seit 2012 wenig aus der Spitzensportzentrale in Frankfurt über Wege wieder ins internationale Sport-Topniveau. Die mehrfache Präsenz der Kanzlerin beim Fußball signalisierte bisher das scheinbar geringe Interesse auch der Regierung für den Hochleistungsport außerhalb des Fußballs.
Die Rede vom 6.12.2014 des Innenministers Thomas de Maiziére hat nun endlich klargestellt: „Der deutsche Sport muß sich entscheiden zwischen Mittelmaß und Weltspitze“.
Ihm wird dabei vor der Verkündung klar geworden sein das dies ohne die Regierung unmöglich ist. Eine weitere Milliarden-Spritze müßte bestimmt auch von „privat“ kommen. Bisherige Taten zur Problematik Olympia 2016 oder zu einer Trendwende im Hochleistungssport kamen in der Vergangenheit kaum an die Öffentlichkeit, nun geht es um 2024 – hoffentlich unabhängig vom Olympiaort.
Deutschland könnte Leistung auch im Sport – das verlangt Aufbruch, de Maiziére hat recht. Nun soll es endlich losgehen, zuviel Zeit wurde bereits versäumt. Nun wird wieder die deutsche Konkurrenzfähigkeit im Weltsport nicht nur punktuell sondern auf breiter Front gewollt, damit die Fans auch außerhalb des Fußballs wieder richtig Stolz sein können auf ihr Deutschland.
Es müssen aber auch de Maiziéres Innenministerkollegen aus den Ländern wollen. Die Eltern werden dann betimmt ihre Kinder wieder zum Training schicken damit sie eines Tages leistungsfähiger als derzeit auch Teil der Erfolge sein können.
Talentarbeit muss ein wichtiger Teil des Konzepts werden
Aus der Leichtathletik – die 2024 zusammen mit vor allem Schwimmen, Turnen, Rudern, Kanu und den Kampfsportarten mit reichlich Medaillen und Nationenpunkten zum angestrebten Topniveau beitragen könnten – ist eine veränderte Basisarbeit für einen solchen Aufschwung in der Talentarbeit bisher zu wenig zu erkennen.
Auch der Wintersport beklagte erst kürzlich die große deutsche Nachwuchsleistungssport-Problematik. Von den gerade zu Ende gegangenen LA – Hallen – Europameister-schaften wären Generaldirektor Hensel und Cheftrainer Gonschinska bestimmt lieber mit mehr als einer Goldmedaille, deutlicheren Fortschritten in den vielen nicht erfolgreichen Disziplinen und einer insgesamt erfolgreicheren Bestandsaufnahme vor der Sommer–WM nach Hause gefahren. Die Gegner kamen schließlich nur aus Europa. Auch hier hat sich offensichtlich die Entwicklung nach unten verfestigt.
Für die derzeitige Anzahl und Ausgangsposition des jungen LA – Leistungs-sportnachwuchses (laut Bestenlisten) für solch einen vorgegebenen Wunschweg nicht nur in den Laufdisziplinen bedarf es vor allem hauptamtlicher Trainer für mehr als 7 TE/Woche die in 9 Jahren die DOSB – Träume in Hamburg oder Berlin oder anderswo erfüllen könnten.
Verlorene Zeit – verlorene Medaillen
Schimmelpfennig: „wir haben uns mit dem Innenministerium darauf geeinigt dass Medaillengewinne bei Olympischen Spielen, WM und EM vorrangiges Ziel des Leistungssports sind“.
Sicher wird man nun aufmerksam verfolgen wie das Gespann Schimmelpfennig & Bischof mit ihrem Mitarbeiterstab im DOSB in kürzester Zeit die Rahmenbe-dingungen für Athleten und Trainer hochleistungssporttauglich und die Sportverbände in dieser Richtung handlungsfähig macht.
Am 6.12.2014 gab Innenminister de Maiziére die Richtung für den Spitzensport vor und formulierte "dass wir an einem Scheideweg sind. Entweder wir gehen langsam Schritt für Schritt in Richtung Mittelmaß – verdeckt durch einige großartige Spitzensportler, die das ein bisschen kaschieren oder wir gehen entschlossen und mutig wieder zurück in die Weltspitze, wo wir hingehören."
Dazu bedarf Geld, Bedingungen und Personal; vielmehr Geld. Die Vorbereitung Großbritanniens auf erfolgreiche Olympics 2012 hat allen deutlich gemacht was Erfolge kosten. Jetzt gilt: verlorene Zeit bedeutet verlorene Medaillen. In der Spitze muß – aus Trainersicht die Sicherung der notwenigen Trainingszeit von ganz- und mehrjährig 12 TE/Woche und der dazu gehörigen sportmedizinisch-physiothera-peutischen Begleitung und Teamarbeit stehen.
Und das muss durch den DOSB und die Verbände ermöglicht werden. Das ist ein, zumindest in der Leichtathletik bei mehr als 40 Disziplinen, nicht so einfach zu finanzierendes und organisierendes Problem und verlangt eine Konzentration der Kräfte und eine schnelle Überwindung des immer noch dominierenden Gießkannenprinzips.
Der Kindersport entscheidet über die Leistungsfähigkeit unserer Nation
„Wichtigste Trainererfahrung ist das junge Talente etwa 10 Jahre brauchen bis sie Olympiareif sind. Das würde bedeuten das heute bereits 12 jährige am besten unter Elite-Sportschulbedingungen von Profi-Trainern auf die Olympischen Spiele 2024 langfristig vorbereitet werden müssten!“ (Lothar Pöhlitz LCA 1.2.2015)
Man könnte sich außerdem vielfältige Initiativen vorstellen die zusammen dem deutschen Leistungssport auf einen neuen erfolgreichen Weg helfen bzw. ihn begleiten müssten. Es müssten alle, wie ich, die parallele Überarbeitung der Prinzipien des deutschen Schulsports an die Spitze stellen, weil der Aufbau von Bildung und Leistungsfähigkeit eines Menschen fürs ganze Leben spätestens im Grundschulalter, im Alter zwischen 6 – 10 Jahren beginnen sollte.
Alle wissen wie groß die Versäumnisse in diesem Bereich sind. Auch dafür müsste Deutschland einmal 1 Milliarde für seine Kinder von den Milliarden-Hilfen für die armen Länder Europas und der Welt – die uns wie Griechenland auch noch dafür bösartig beschimpfen – abzweigen. Die Mängel bei uns sind gravierend, nicht nur auf Brücken und Strassen, Flughäfen und der Bahn. 2-3 halbe Sportstunden für die Fitness unserer Kinder eine Farce. Wie Innenminister de Maiziére für den Sport analysiert hat gilt auch für den Schulsport: “die Entwicklung nach unten hat sich verfestigt“:
Außerdem wären hilfreich:
* die Einbeziehung der TV-Sender und Medien ins Konzept, damit der angestrebte Aufschwung ganzjährig optimal begleitet und ein besseres Gleichgewicht zwischen der Präsentation von Fußball und den anderen Sportarten wiederhergestellt würde
* eine Trainerfortbildung in Richtung des angestrebten Topniveaus,
* eine hohe Qualität der Arbeit an den Eliteschulen des Sports
* eine hochleistungstauglichen Struktur und Ausstattung der bereits benannten Bundesstützpunkte, z.B. zeitweilige Konzentration der Kräfte, d.h. auch der besten Trainer und Athleten
* die Talent- und Scoutarbeit und einen diesen DOSB – Konzepten ge- recht werdenden Nachwuchsleistungssport in den Landesverbänden,
* die Professionalisierung des Leistungssport- Personals
* eine Optimierung der Arbeit der Olympiastützpunkte für den Leistungsfortschritt in ihren Regionen etc.
Die das neue Konzept unterstützenden Notwendigkeiten gäbe es viele. Wenn die Rahmenbedingungen für Trainer und Athleten aber in den Mittelpunkt müssen – wie man Dirk Schimmelpfennig beipflichten sollte – muß auch über die Qualität des Führungspersonals nachgedacht werden die diese wichtigste aller Aufgaben in der Vergangenheit offensichtlich nicht hochleistungsadäquat lösen konnten.
Die Besten an die Spitze. Nach solch kühnen Plänen bedarf es nun eines schnell umsetzbaren Konzeptes. Der DOSB muss jetzt nicht nur liefern sondern auch noch in eine neue starke Führungsrolle schlüpfen! Dabei wird wohl in der Kontrolle der Umsetzung der Beschlüsse vor Ort wo die Medaillen vorbereitet werden sollen der Schlüssel für den Erfolg liegen.
Es wird nicht leicht die dafür notwendige Leistungssportatmosphäre wieder in Deutschland zu schaffen, ein Großteil der Bevölkerung wäre bestimmt dabei. Die aktuellen Abstimmungsprozente in Berlin und Hamburg präsentieren uns allerdings auch die Reserven.
Lothar Pöhlitz
Leichtathletik Coaching-Academy
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