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09
06
2022

GERMANY - Medaille bei den European Masters - Foto: Koller

Wenn Senioren-Läufer/innen die Mittelstrecken schneller wollen – TRAININGSLEHRE Altersklassen – LEISTUNGSTRAINING – LAUFEN – Lothar Pöhlitz* –

By GRR 0

Training oberhalb der individuellen Höchstgeschwindigkeit durch Entlastung und gute lockere Lauftechnik sind seit Jahrzehnten Teil der Lauf-Trainingsmethodik.

Auch wenn die meisten AK-Läufer und Läuferinnen lieber „Länger“ laufen, gibt es heute ein paar Tipps für die mit der mehr Schnellkraft-/ Schnellkraft-Ausdauer-Muskulatur, die die Mittelstrecken bevorzugen. Kürzer bedeutet natürlich immer auch schneller. Neben Schnellkraft-TE helfen Trainingseinheiten auf leicht abschüssiger Strecke, was es leichter macht „schneller zu laufen als man kann oder der Körper gewohnt ist“.

Das war Praxis beispielsweise schon während der Glanzzeit von Lasse Viren, aber auch Bestandteil deutschen Trainings in den sechziger Jahren.

Das unterstützt auch Senioren, die auf den kurzen Strecken, den Mittelstrecken unterwegs sind. Es sind immer wieder Versuche bekannt geworden (Owen Anderson), u.a. durch eine Gewichtsentlastung „auf dem Laufband im Gurt den Beinen bei bisher noch nicht möglicher Geschwindigkeit schnelleres laufen beizubringen“. Wie gut die Übertragung später auf die Bahn gelang, ist leider nur als „Gefühl“ übermittelt. Wichtig ist das die Muskulatur dies nach optimalen Regenerationsmaßnahmen und gut vorbereitet, auch zulässt.

Eigene Experimente mit Training durch submaximales Sprinten, Seilzugunterstützung, schnellen Sprüngen, durch kurzes schnelles Laufbandtraining, Bergabsprints oder Schnellkrafttraining mit leichten Gewichten den Unterdistanzbereich von jungen Läufern und Läuferinnen und Senioren zu entwickeln waren erfolgreich, allerdings sind sie später durch andere Trainingsformen wieder „aus der Mode gekommen bzw. in Vergessenheit geraten oder verschüttet worden. Weil sie in der Praxis lieber länger laufen.

Schnelle Sprünge und KHL bereiten das schneller vor –  Foto: Pöhlitz

 

400 m / 800 m / 1500 m erfordern mit 30 – 60 m à 1000 m vorzubereiten – Supramaximale Schnelligkeit auch für AK-Mittelstreckler

„Die supramaximale Schnelligkeit ist eine über der individuell-maximal erreichbaren Schnelligkeit liegende Geschwindigkeit. Sie wird beim Sprinttraining unter sogenannten Zwangsbedingungen (z.B. Zugläufe, Bergabläufe, die 5 – 10 % über der Frequenzfähigkeit oder der Laufgeschwindigkeit von normalen maximalen Sprints liegen) erreicht und kann zur Erhöhung der Bewegungsschnelligkeit und Überwindung der Schnelligkeitsbarriere führen, bedingt durch die Verbesserung der neuronalen Aktivierung und Verkürzung der Impulsverarbeitungszyklen, durch die Zunahme von Schrittfrequenz und Schrittlänge (Stimulierung der Beinmuskulatur, Verbesserung der Muskel- und Sehnenelastizität, größere Kraftentfaltung in der Stützbremsphase) und durch eine niedrigere anaerobe Energieproduktion.“ (Grosser / Renner 2007, S.19/97)

Das Overspeed-Training unter erleichterten Bedingungen soll die Muskulatur animieren bei höherer Intensität schneller zu arbeiten, die Nerv-Muskelleistung zu beschleunigen und die Koordination zu schnelleren Bewegungen / Kontraktionen zu verbessern, also bei extremen Geschwindigkeiten optimal zu funktionieren. Es ist eine Arbeit „über der individuellen Höchstgeschwindigkeit“ der Zielstrecken, im Vergleich zu der Geschwindigkeit die sie normalerweise zu leisten in der Lage sind.

Auch junge 400 / 800 m-Typen beispielsweise haben die Möglichkeit durch Entlasten die Bewegungsfrequenz mit besonderen Schnelligkeitsfähigkeiten ständig weiter zu erhöhen. Die 30 / 60 / 100 / 200 m sind als Voraussetzung für schnellere 400 m Teil des Trainings dieser für 800 m Spitzenleistungen besonders geeigneten Talente. Diese Aufgabe funktioniert auch beim Schnellkrafttraining indem mit leichten Widerständen über der individuell aktuell möglichen Höchstgeschwindigkeit gearbeitet wird.

Dieses Training verbessert auch die Laufökonomie bei hohen Geschwindigkeiten, vorausgesetzt die Laufmechanik, die optimale Technik bleibt erhalten. Deshalb müssen die einzelnen Übungsformen systematisch vorbreitet werden, zunächst submaximal die erwartete Bewegungsstruktur vermittelt, korrigierend geübt und erst einmal ausreichend lange konzentrationsfördernde Pausen zwischengeschaltet werden. Hilfreich sind auch vorbereitende Frequenzübungen die in ihrer Intensität individuell grenzwertig – schnell sein sollen.

 

Einer macht immer Tempo, auch beim sprinten –  Foto: Schommers                                                

  Eine Geschwindigkeitsbarriere kann besonders dann auftreten, wenn  das Nachwuchstraining zu einseitig auf Sprintübungen ausgerichtet war und im Hochleistungstraining schnellkraftfördernde Spezialübungen    vernachlässigt werden (Stein 1982, S. 150)

*  „Zur Verbesserung der individuellen Maximalgeschwindigkeit ist die häufige Wiederholung von speziellen Bewegungsabläufen (z.B. Sprints) mit maximalem  Tempo erforderlich.

*  Mit Trainingsformen unter erleichterten Bedingungen (wie z.B. Bergabläufen, Schrittmacher- und akustische Hilfen und Trainingsmaßnahmen unter           Zwangsbedingungen wie beispielsweise Zugläufe mit Flaschen- oder Gummizug werden supramaximale Geschwindigkeiten über 100 %  erreicht“ (Grosser/Renner 2007 S, 61)

* „Geschwindigkeitsbarrieren können durch die Anwendung des Prinzips der Variation vermieden werden (d.h. Variation vom Bewegungstempo, Sprintübungen, Streckenlängen, Spezialübungen, Kraftübungen, Ausdauerläufen u.a.m.)“ – ebenda S.67

„In einem solchen Training soll wegen der hohen Beanspruchung beim schnellen Sprinten die Streckenlänge zunächst bei 90-95% nur 10 – 30 m, aber locker, später mit einzelnen Läufen bis maximal 60 m lang sein. Es muss versucht werden – aber gut vorbereitet – immer wieder mit wenigen „übermaximalen Reizen“ die maximale Sprintfähigkeit, das Nervensystem sozusagen „von oben“ zu stimulieren. Dazu eignen sich beispielsweise 20-30 m – Bergabsprints an einem nur leicht abschüssigen Berg mit dem Versuch beim Übergang zum „Flachen“ die überhöhte Geschwindigkeit noch einige Meter hochzuhalten.

Diese Läufe erfordern eine hohe Konzentration, die Bereitschaft zum schnellen Sprinten und vollständige Erholungspausen (5–8 Minuten, auch länger) die aktiv zu gestalten (Gehen / Entspannung / Lockerung / Dehnung » neue Konzentration) sind“ (Lothar Pöhlitz LCA 4 / 2009)

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© Lothar Pöhlitz* – Dipl.- Sportlehrer für Leistungssport / Sportwissenschaftler / Trainer und Cheftrainer im SC Chemie Hale / Nachwuchs-Verbandstrainer / 1971-1979 Leiter des Wissenschaftlichen Zentrums für Lauf-Trainingsmethodik im DVfL / 1980 – 1998 DLV-Bundestrainer Mittelstrecke – Langstrecke – Marathon / zuletzt Teamleiter Marathon / Straßenlauf / 3x Olympia-Trainer für Deutschland / Langjähriger Dozent an der Trainerakademie Köln und DLV-Trainerschule / 2006-2020 Leichtathletik Coaching Academy / 4 Lauf-Fachbücher

                                       

 

 

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