Symbolfoto: Die Olympischen Ringe - Foto: Horst Mlde
Wenn nach Budapest ´23 schon in 11 Monaten Paris ´24 folgt – Von Lothar Pöhlitz*
Da kann man als ehemaliger Coach im Leistungssport richtig neidisch werden, ein Final-Solo wenige Tage nach der WM in Budapest 2023 beim ISTAF, technisch sehr gut, noch in den letzten 1000m in 2:50 Minuten, toll, auch wenn sie den 5000 m-Weltrekord nur um 3,5 Sekunden verfehlte, 14:08,79 standen für Letesenbet Gidey (ETH) auf der Uhr.
Spitzentrainer hatten in ihren Leben auch mal Glück, das ihnen so ein Goldkörnchen für den Medaillen-Traum zugelaufen ist. Danach begannen auch schon mal die schwierigeren Jahre. Auch weil jeder erwartet das sie es nach Gold, Silber oder Bronze schnell wieder schaffen, ganz nach oben, zu den Medaillen. Einfach ist es mit den unterschiedlichen Sportler-Persönlichkeiten mit ihrer oft besonderen Mentalität selten, jede/r ist anders, das wissen sie ja schon.
Nicht einfach ihre Gene für schnelles Laufen möglichst früh zu erkennen. Die Weltbesten, die Medaillengewinner bei WM und Olympia waren in ihren 10-15 Investitionsjahren natürlich nicht immer zufrieden, immer motiviert auch für mehr Geld, für ihre Träume, wollten Niederlagen nicht akzeptieren, in Wettkämpfen auch mal undiszipliniert prüfen, wie gut ihr Training war, auch wenn sie noch keine Siegchancen hatten. Da zweifelten sie auch schon mal am Umfeld und ihrem Coach. Aber alles sammelt sich für sie im „Fach Wettkampferfahrung“.
hr sportliches Erbe, die Gene, das mitgegebene Potential entscheidet über ihre Grenzen, dafür müssen sie ihre Strecke möglichst schnell finden. Erst als sie ihr Hobby zum Beruf machten, Profi wurden, ging es richtig voran. Sie fanden heraus was noch fehlte, warum sie nicht schon besser waren, das jede Trainingseinheit „ausbildet“. Sie mußten lernen wie wichtig ihre Gesundheit, ihre Ernährung, der Schlaf für ihre Ziele waren, ob das Umfeld, das Team mit Coach und der medizinischen Begleitung über die Jahre passten, die eigene Familie nicht nur nach Erfolgen „unbezahlbar“ war.
In den Jahren mußten sie auch lernen mit Stagnationen oder sogar Rückschlägen (Covid-Phase, eigene Verletzungen) umzugehen, dass eigentlich jede Trainingseinheit für die eigene Leistungsfähigkeit wichtig ist, dass in den 8-9 Stunden Schlaf Körper und Geist an der Verbesserung der Leistung „arbeiten“, dass man aber krank oder auch ein bisschen verletzt besser behandelt, regeneriert oder auf den Facharzt hört.
Sie müssen verinnerlichen das jede Bestleistung in den Trainingsübungen und in den Wettkämpfen zu neuen Herausforderungen führen muß und ein Team mehrerer gleichstarker antreibt, wenn man eines Tages ganz oben ankommen will. Immer weniger überwanden nach der Wende in den 90iger Jahren ihre Schallmauern, ihre Grenzen, ihr Limit, auch weil Hochleistungstrainings-bedingungen fehlten. Beim nächsten Wettkampf siegen war oft wichtiger als hartes Training, wenn es gerade nicht um Meisterschaften oder Olympia-Medaillen ging. Dafür zeigten sie zu oft welche Taktik nicht zur besten Platzierung oder zum Sieg führt.
Bessere Leistungen, im Training und Wettkämpfen motivieren.
Deshalb verstärke Deine Stärken und minimiere Deine Schwächen in den ersten Monaten des neuen Trainingsjahres. Das erfordert nun mehr investierte Trainingszeit, und komplexes Training, wenigstens bis Dezember. Das ist viele Jahre der Weltbesten „Arbeit und Ziele“.
Die Ergebnisse beim ISTAF, etwa 10 Tage nach der WM, weisen auch darauf hin, dass die „beste sportliche Form beim Jahreshöhepunkt“ – als wichtige methodische Aufgabe des Hochleistungstrainings – nicht immer abgerufen werden konnte.
Für Profi-Athleten und Profi-Trainer:
Sie müssen nicht nur hinwollen, sie müssen auch siegen wollen.
Dafür brauchen „Sie“ wirksamere Strukturen, Teamarbeit, modernes Höhentraining und offensichtlich anderes Qualitäts-/Intensitätstraining, um den Schnellsten wieder folgen zu können. Das erfordert die Floskel „Erziehung zu …“ wieder in unserem Sprachgebrauch aufzunehmen.
Den jungen Läuferinnen und Läufern im Nachwuchsleistungsalter sollten die Trainer mehr Leistungsziele mit in die Rennen geben als leichte Siege und Medaillen zu feiern. Zu oft hat man das Gefühl das etwas bessere Taktik schon bessere Ergebnisse hätte möglich machen können.
Bestleistungen im Training führen zu Bestleistungen in den Rennen.
Die Medien müssen helfen, von der Negativberichterstattung abkehren, ihre Arbeit darf sich nicht, wie bisher, nach WM oder den Olympischen Spielen vorrangig der Kritik und dann schnell wieder der Fußball-Bundesliga zuwenden und den Sport „vergessen“.
Basis für ein längerfristiges Denken ist der BASICS-Kindersport, Kinder-Laufschulen in den LV und Nachwuchsleistungssport, überall dort wo unsere Besten für ihre Leistungsentwicklung ernsthaft trainieren, braucht man „Führungs-Fach-Personal“. Auch das kann man qualifizieren.
Der DOSB, das Nationale Olympische Komitee, der DLV, und die Landesverbände müssen, gemeinsam mit unserer Regierung und den Medien, den Kinder- Jugend- und Hochleistungssport erneuern wollen und die bereits vorhandenen Konzepte schnell in der Praxis, d.h. vor Ort in Schulen und Vereinen verwirklichen.
Wenn Deutschland wieder Spitzensportland werden soll…
…braucht es Kinder- und Nachwuchsleistungssport, wieder Schulsport, in Ost und West Strukturen für das Nachwuchs-und Hochleistungstraining, Profi-Coaches und Profis die bereit sind in den notwendigen 25-30 Stunden Training mit Physiothe-rapie pro Woche mehr als 4 Jahre „zu trainieren“,und sie müssen davon leben können.
Lothar Pöhlitz
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*Lothar Pöhlitz – Dipl.- Sportlehrer für Leistungssport / Sportwissenschaftler / 1959-1971 Trainer und Cheftrainer beim SC Chemie Halle / 1971 – 1979 Leiter des Wissen-schaftlichen Zentrums Lauf-Trainingsmethodik im DVfL / 1979-1985 Sprinttrainer beim TSV Bayer 04 Leverkusen / 1980-1998 – 18 Jahre DLV-Bundestrainer Mittelstrecke – Langstrecke – Marathon / zuletzt Teamleiter Marathon / Straßenlauf / 3x Olympia-Trainer für Deutschland / Langjähriger Dozent an der DOSB-Trainerakademie und DLV-Trainerschule / 4 Fachbücher im Bereich Laufen